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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0135

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Altenhaßlau.

117

Im Anfing des 16. Jahrhunderts erscheint sie dem Marien- und Magdalehenstift zu Hanau incdrporirt
Urkunde von 1522 9. Januar ebendaselbst).

Wie die Ansicht auf Tab. 183, Grühdriss und Detail auf Tab. 182 erkennen lassen, besteht dieselbe
aus einem rechteckigen, flachgedeckten »Schiff mit starkem, quadratischem Thurm auf der Ostseite, welcher den
Chor enthält und mit einem steilen und schweren Kreuzgewölbe überspannt ist Die Rippen desselben ruhen
auf vier Consolen, welche sämmtlich verschieden gebildet sind, und deren Deckplatten sich mit dem einfachen
Hohlkehlenkämpfer des leis spitzbogigen, einmal rechtwinklig abgesetzten Triumphbogens verkröpfen, während
der Sockel des letzteren nur eine einfache Schmiege hat. Schilf und Thurm sind aus Bruchstein errichtet und
scheinen ursprünglich bis auf die Eckquadern getüncht gewesen zu sein. Heide sind gleichzeitig, wie (bis
vermauerte Rosenfenster der Westseite und die einfach gefaste, vermauerte Südthüre beweisen, und dürften
der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts angehören.

Das Schiff ist augenscheinlieh ursprünglich schon dach gedeckt gewesen, da die Höhe und Stärke
der Mauern für einen Gewölbebau nicht ausreichend erscheinen, auch nirgends Spuren von Gewölbeanschlüssen,
Pilastern oder Consolen erkennbar sind. Ein Gewölbebau könnte nur eine Mittelstütze gehabt haben, da die
jetzigen breiten Fenster an derselben Stelle liegen, wie die kleinen sehmalen, welche bei dem Umbau der Kirche
im Jahre 1752 beseitigt sind, und damit ist wieder der Triumphbogen unvereinbar. Im Chor wurden damals
die nur „einen Schuh breiten" Fenster zu grossen ovalen Ochsenaugen erweitert, eine breite Ostthüre gebrochen
und der Haupteingang hierher gelegt, während der Altar in die Mitte der Kirche zu stehen kam (cf. Staats-
archiv Märbürger Akten die Reparatur der reformirten Kirche zu Altenhasslaü betr., Kostenanschläge vom
März 1750).

Der Thurm hatte im Obergeschoss schmäle, jetzt vermauerte Schallöffnühgen, und vom Dachboden
führte eine schmale, zum Verrammeln mit einem starken Schiebebalken eingerichtete Thüre in denselben. Der
Holzhelm hat die angegebene interessante Construction, und enthält jetzt — wohl seit dem 17. Jahrh. —
den Glockenstuhl, welcher ursprünglich noch im steinernen Tlieil lag. Das Thurmkreuz ist eine bemerkens-
werte Schmiedearbeit des 15. Jahrhunderts.

Die Sacristei im Süden ist durch eine Spitzbogenthür von dem Tab. 182 Fig. 5 angegebenen
Profil mit dem Chor verbünde;), muss aber eine ältere ersetzt haben, oder dieses Thürchen hat in's Freie ge-
führt, da sowohl das zum Theil zerstörte Masswerk des einzigen Südfensters, als die mit doppelten Hohl-
kehlen profilirten, aus den Ecken hervorwachsenden Gewölberippen ohne Schlussstein, nur dem 15. Jahrb.
angehören können. Die GewölbekappeB sind aus Ziegeln hergestellt. In der Ostwand liegt eine Piscina mit
Haken für den Spülkessel, in der Westwand ein Gerätheschrank mit einfach geschmiedetem Beschlag. Auf
dem Boden liegt die von einem Rundstab eingefassfe Deckplatte eines Grabgewölbes. Das Sacristeifenster hat
noch die gleichzeitigen inneren, kräftigen Sicherheitsstäbe, und ein neueres, aussen angesetztes Rautengitter,

Von der Innenausstattung, welche wohl dem Jahre 1752 durchweg angehört, sind die drei Seiten
des Schiffes umziehenden Emporen, die Kanzel und die Orgel hinlänglich aus den Abbildungen zu erkennen.
Die Orgel wurde 1752 durch den Orgelbauer Xinck aus Ostheini neu aufgestellt, nachdem sie lange in der
Sacristei gestanden und hat dabei wold den originellen Prospekt erhalten. Den Altar bildet ein Tisch mit
gedrehten Beinen.

Glocken, In dem hohen alten für drei berechneten Glockenstuhl hängen zwei (Hocken.

1) Die grössere. Unterer Durchmesser 0,80, oberer 0,38. Höhe 0.62 m ist ohne alle Inschrift. Der
Hals hat eine sanfte rundliche Wölbung, der Schlag einen stumpfen Kantenwinkel und rundliches Profil ohne
Linien und ohne Schärfung. An der Krone lallen die runden Bügel in straffer, wenig zurückgebogener Linie
gegen das starke eckige Mittelohr mit eiförmigem Loch. Demnach dürfte die sog. (Hocke noch dem 13. Jahr-
hundert angehören.

2) Die kleinere. Unterer Durchmesser 0.64. oberer 0,35, Höhe 0,41 in.

Am Hals läuft zwischen glatten Riemchen die Inschrift in lateinischen Grossbuchstaben:
HENRICH DÖRR VON HANAW GOSS MICH ANNO 1675
Auf dem Feld darunter ist auf der einen Seite ein Abdruck des damaligen Gerichtssiegels von Alten-
haslau1' mit einem Durchmesser von ca. 7 cm angebracht, auf welchem unter einem geschweiften von

') Der Stempel desselben wurde 1670 nach einem alten Siegel von 1498 geschnitten, da der;alte in den Kriegszeiten verloren
gegangen war. Nach einer hierüber aufgenommenen gleichzeitigen Urkunde stellt die Figur des Siegels den heil. Martin (?) dar.
{Staatsarchiv Märburg, Abth. Hanau. Altenhässlau.)
 
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