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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0146

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128

Hirstein.

Tm Jahr 1600 hat Maler Erhart Saustörff von Gelnhausen „Das Epithaphio in der Kirchen Verguldet
vher silbert vnd aussgestrichen Inhalt gedingszzettel und uf sonderbaren Beuelch des gnedigen Herrn die 16
Wappen bemalt vergoldet vnd versilbert" für 20 resp. 5 fl. (Archiv zu Birstein, Bauschreibebiich von 1600).
Im Jahre 1649 musste der Bildhauer Adolph Studius aus Marburg „Die Epitaphien und zerbrochenen Bilde*
in der Kirche" repafiren, welche von den Schweden beschädigt waren. Von der alten Malerei lässt der stein-
farbige Oelanstrich, mit welchem das Denkmal (ebenso wie das zu Reichelibachi entstellt ist. nur hin und
wieder Vergolduni;- und Versilberung durchschimmern. Das Werk, aus feinem Büdinger Sandstein gehauen,
und nur an wenigen Stellen beschädigt, ist eine nicht hervorragende, aber ganz tüchtige Bildhauerarbeit, welche
es bedauern lässt, dass von den andern Werken des Künstlers im Schloss Birstein sich nichts erhalten hat. da
beim Neubau 1764 alle alten sculpirten Theile spurlos vernichtet sind.

Epitaph, unter der Empore an der Nordwand hängend, besteht aus einem Sandsteinrahmen mit
Pilastern und von der Empore verdeckter Giebelkrönung, auf welchem 16 kleine Ahnenwappen eine recht-
eckige Broncetafel umgeben. Daran hängt eine Gartusche mit ovaler Bronceplatte. Die rechteckige Tafel
trägt in lateinischen Grossbuchstäben die Inschrift:

ANNO MÜCV DEN | XXI FEBR ZWISG1I j EN V UND VI 111 KEN VOR j MITTAG IST DIE ED j LE UND
VIEL TVGEND | REICHE ERAUW | ANNA VON SALFELD DES | EDLEN VXH VE 1 STEX IIAYCKEN
VON NOSTIZ EHLIOHE | HÄVSFRAUW GEWE8 | ENE HOFMEISTE | HIN ALEH1E IN GOTT | WOHL

SEELIGLICH END [ SCLAfkx.

Auf der ovalen Tafel stellt:
DVM I'ARIO I'EREO : DVM PROMPTE j PAREO CHRISTO : AVREA COELOR j VM : KEGXA SV 151 HE PARO.

Leider ist die [Beleuchtung eine solche, dass eine photographische Aufnahme nicht möglich war.

Broncetafel an der Ostwand, rechts von dem grossen Epitaph. Form und Inschrift derselben sind
auf Tab. 199 hinlänglich deutlich zu erkennen. Die Tafel ist nach einem in Holz geschnittenen Model] wohl
in der damals von dem Grafen angelegten GeSichützgiesserei (cf. Schloss) wie die vorhergehende, offenbar ganz
in der Weise wie Ofenplatten, gegossen und stellenweis nachciselirt.

Die Kanzel, ein tüchtiges aus Eichenholz geschnitztes Barockwerk, welches auf den Tafeln 198 und
199 dargestellt ist, rührt aus der Periode der Herstellung nach dem dreissii;-jäliri<;'en Krieg 1644—86 her.
Auch hier ist in den Akten des fürstlichen Archive« (insbesondere in dem Fascikel-, Kirchen- und Capellen-
bau) der Verfertiger nicht genannt. Es dürften die Schreiner Joseph Wilkens und Johannes Strack, welche
die übrigen, durch den Umbau von 1701 beseitigten Schreinerarbeiten ausführten, auch die Kanzel angefertigt
haben, zu welcher dann einer der zahlreichen am Schlossbau beschäftigten Bildhauer die figürlichen und
schwierigeren ornamentalen Theile besorgt hätte. Es käme wohl Hans Thoma, der ähnliche Arbeiten in Stein
(Löwenköpfe etc.) ausführte, in Beträcht.

Die Emporen rühren aus der letzten Periode der Erweiterung von 1701 her; ihre Disposition ist aus
Tab. 197, ihr Detail aus 201 ersichtlich.

Die Orgel, welche 1701 von dem Orgelbauer Waldhelm ..aus Bayern" umgebaut wurde, ist auf der
Innenansicht genügend erkennbar. Der Prospekt ist im Aufbau und Ornament für seine Zeit charakteristisch
und verdient erhalten zu werden.

Die Tauf- und Altargeräthe sind modern und ohne Interesse. 10s entspricht der oben angenommenen
späteren Entstehung der Dorfkirche, dass ein Taufstein fehlt.

Glocken. Alle 3 haben Inschriften in lateinischen Grossbuchstaben.;
Die kleinste: WIE • KLEIN • ICH ■ SEY • SO ■ HAIS • ICH • DOCH • EIN • GROSZ • GESCHREY • 1597
Die mittlere: IN GOTTES NAMEN FLOSS ICH IOHANN GEORG LACH IN WINDECKEN GOSS .MICH 1801
Die grösste: IX GOTTES NAMEX ELOSS ICH IOHANN PETER BACH IN WIN DEC KEN' GOSS MICH 1749

Die beiden grösseren haben auf dem Eeld Rundmedaillons mit dem Isenburgischen Wappen, das auf
der grössten mit der Umschrift versehen ist:

VON GOTTES GNADEN WOLFGANG EHNST FÜRST ZU YSENBURG BÜDINGEN.

Beim Guss der letzteren wurden zwei alte, wohl mit der kleinsten zu einem 1597 entstandenen
Geläute gehörende Glocken angegeben.
 
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