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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0178

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Meerholz.

(1294 Urk. I, 544), neben welcher um 1313 (Urk. II, p. 118) eine priorissa vorkommt und von da an bleibt.
Auch ein prior erscheint 1345 (Urk. II, 665), wohl der als Priester deputirte Klosterbruder von Seibold.

Einen Einblick in die ärmlichen Verhältnisse gewährt auch die Angabe eines Weisthumes vom Jahre
1399 (Urk. IV, p. 733) über die Rechte des Klosters in der Mark Seibold, wonach es lediglich die Rechte
eines gewöhnlichen Märkers, mit Holz, Viehtrift u. dergl. hatte. Zur Verwaltung seiner Gefälle besass es
einen Hof (der nunnen hoff von Miroldis 1384, Urk. III, p. 301) in Gelnhausen, dessen Lage nicht genau
bekannt ist.

Trotz zahlreicher Urkunden des Klosters ist über die Verhältnisse desselben ausser Vorstehendem
nichts erhebliches überliefert, von der Einrichtung der Klosterkirche sogar nur das Vorhandensein einer
Wendelinsmesse auf dem Nicolausaltar, durch die (später zusammengestellte) historia cönobii Miroldini (im Sammt-
arehiv zu Büdingen) zum Jahr 1506 berichtet.

Das Ysenburgische Schloss.

Nach der Säcularisation, welche erst 1564 eintrat, erwarb der Graf von Ysenburg das Kloster, und
baute es zu einem Schloss um. Der Bau rief den vergeblichen Protest der Stadt Gelnhausen hervor, welche
ihr von Kaiser Ludwig 1333 gegebenes (Urk. II, p. 381), von Sigismund 1429 bestätigtes Privileg (Jungh. 138),
dass im Umkreis einer Stunde „kein burglicher Bau noch Schloss" errichtet werden dürfe, verletzt fand.

Das jetzige Schloss, dessen einen Flügel die von der unirten Gemeinde benutzte Kirche bildet, ist
wohl auf den alten Fundamenten, theilweis wohl auch unter Benutzung alter Mauermassen errichtet, kein
charakteristisches Fragment der vorausgegangenen romanischen und gothischen Bauten ist jedoch daran zu
erkennen, zumal eine dicke Tünche die meisten Flächen bedeckt. Wiederholte Modernisirungen haben sogar
von dem Umbau von 1564 nur wenig übrig gelassen, sodass ein Kupferstich vom Jahr 1694 auf dem Titel
der von J. H. Schäfer für die Grätin Maria Charlotte verfassten „ Leichpredigta (gestochen von Bonaventura
Louney), neben einein aus den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts stammenden (ein Uhrzifferblatt bildenden)
Oelbild, aliein eine Vorstellung von demselben geben (cf. Tab. 252 und 253). Aus denselben ergiebt sich, dass
der Kern des jetzigen, durch einen geräumigen Vorhof erweiterten Schlosses, noch den alten Grundriss des
um einen Kreuzgang gelagerten Klosterbaues hat (cf. Scizze auf Tab. 250). In den Ecken des Innenhofes
stehen zwei achtseitige Treppenthürme, deren Portale auf Tab. 255 und 256 dargestellt sind. Der südliche
Flügel enthält die

Pfarrkirche.

Sie besteht aus einem flachgedeckten rechteckigen Schiff, welches ohne Einschnürung in den halbrecht-
seitig geschlossenen ebenfalls flachgedeckten Chor übergeht. Vor der Mitte der Südseite liegt ein quadratischer
Thurm, auf dessen Ostseite ein kleines rundes Treppenthürmchen vorspringt, das über das Kreuzgewölbe des
Erdgeschosses führt. Das oberste Gesehoss des Thurmes springt zurück und enthält eine Wärterstube, über
welcher in dem Hqlzaüfsatz die Glocken hängen. Das Dach desselben hat noch die Tab. 254 gegebene Form
und eine steinerne Masswerkgalerie umgiebt den Rüeksprung, welche beweist, dass auch der Thurm im Jahre
1564 entstanden, wenigstens gänzlich umgebaut ist. Die Profilirung und Zeichnung des Fischblasenmasswerkes
ist eine bereits sehr entartete, und entspricht den zu Birstein. Wächtersbach und Büdingen vorkommenden, wie
sie nachweisbar noch in der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden, und den von den Ysenburger Grafen be-
schäftigten büdinger Steinmetzen geläufig waren. Das Profil des Kranzgesimses unter der Galerie mit Karniesen,
die Löwen, welche vollkommene Renaissancewnppen halten als Wasserspeier, die breiten flachen Pilaster zwischen
dem einzelnen Masswerkkreisen, und die Zahnschnitte an dem Deckgesims, zeugen hinlänglich für die ange-
nommene Entstehungszeit.

Die Fenster des Chores und Schiffes sind ungetheilt rundbogig, mit Kehle und Flättchen aussen, innen
mit blosser Kehle und grosser Abschrägung protilirt, und scheinen durchaus im Verband mit den Mauerflächen
entstanden zu sein.

Im Innern umziehen zweistöckige Fmporen alle Seiten bis zum Beginn des polygonen Schlusses, deren
Formen mit denen des interessanten inscliriftlich 1684 entstandenen Opferstockes übereinstimmen und dieser
Zeit zuzuschreiben sind (Tab. 250).
 
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