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Siebern, Heinrich [Hrsg.]; Brunner, Hugo [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 3): Kreis Grafschaft Schaumburg: Textband — Marburg, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.15582#0128
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Qroßen-Wieden.

o

Geschichte. ^""^.roßen-Wieden, Kirchdorf der Klasse Rinteln mit 794 Einwohnern, ehedem zur sog. Weservogtei
gehörig, untersteht jetzt dem Amtsgericht Rinteln. Der Ort erscheint zuerst 1013 in der Form Widun,
welcher Name, mit wlda = salix identisch, s. v. a. „zu den Weidenbäumen" bedeutet').
Wir haben zweifellos in Größen-Wieden eine sehr alte Niederlassung vor uns. Das Dorf, an einem
günstigen Landungsplatz auf dem rechten Ufer der Weser gelegen, hatte früher eigene Schiffahrt und war
(nach Landau, Kurhessen S. 352) ein Ladeplatz für Getreide, Ölsamen u. dgl. Für seine einstige Bedeutung
und die Lebhaftigkeit des Handelsverkehrs daselbst spricht einmal das Vorhandensein eines Marktes im
13. Jahrhundert; es heißt nämlich zum Jahr 1287 von einem Hofe, daß er gelegen sei „prope teatrum in
Widhen" (Wippermann, Reg. Sch. S. 113 Nr. 238); sodann der Umstand, daß der Ort bis in die Mitte des
16. Jahrhunderts und vielleicht auch länger eine Zollstätte der Grafen von Schaumburg war.

Zu Anfang des 11. Jahrhunderts wird (Großen-)Wieden zuerst genannt, als Kaiser Heinrich II. auf
Bitten des Bischofs Meinwerk von Paderborn gewisse Erbgüter dieses Kirchenfürsten, die letzterer seiner
Mutter Adela überwiesen hatte, und die dann von ihr durch ihren zweiten Gemahl, den Grafen Balderich,
dem Könige übergeben worden waren, der Paderborner Kirche schenkt (Erhard, Reg. Westf. I S. 150
Nr. 756. — Wippermann, a. a. O. S. 5 Nr. 8). Das in dieser Güterschenkung mit einbegriffene Widun
scheint damals noch keine Kirche gehabt zu haben, da sie sonst, wie bei andern Orten geschehen,
erwähnt sein würde (vgl. die Vita Meinwerci ep. in den Mon. Germ. SS. XI S. 156 und 157). Sie muß
dann aber in den nächsten Jahren alsbald erbaut worden sein. Denn als im Jahre 1031 Meinwerk das
von ihm begründete Kloster Abdinghof ausstattet, ist auch unter den Ortschaften Wydun cum ecclesia.
Die Pfarrei, zu der auch Kleinen-Wieden und Kohlenstädt gehören, wird 1364 zuerst genannt. Wie überall
war auch hier die Kirche mit der curtis principalis verbunden, welcher Hof 1287 als curtis major neben
der curtis que dicitur Ostehof vorkommt, als Ludolf von Hamm beide Höfe mit andern Gütern dem Peter-
und Paulskloster in Paderborn, von welchem er selbige bis dahin zu Landsiedelrecht innegehabt hatte,
wieder abtritt (Wippermann, a. a. O. S. 113 Nr. 238).
Beschreibung. Die Kirche besteht aus dem Westturm und einem Langhaus von drei Jochen, deren östliches mit

TaM 6i*2, der 'm Norden angebauten Sakristei als Chorraum dient.

62,1 "nd63- Der quadratische Turm ist von geringerer Breite wie das Schiff und ohne Verband mit diesem

aufgeführt. Er enthält in seiner Westwand den ursprünglichen Eingang von einer Hohlkehle umrahmt.
Auf dem Schlußstein des Spitzbogens ist ein Dreieckschild mit dem Schaumburgschen Wappen ausgehauen,
überdeckt durch ein kurzes Stück eines Hohlkehlgesimses. Das untere Geschoß des Turmes ist mit einem
spitzbogigen Kreuzgewölbe ohne Rippen geschlossen. Die drei oberen Geschosse sind nur im Innern
durch Mauerrücksprünge gekennzeichnet und durch schmale Schlitze erleuchtet, mit Ausnahme der Glocken-
stube, wo auf allen Seiten eine 1,05 m breite, spitzbogige, an der Außenkante gefaste Öffnung angebracht
ist. Das von Ost nach West gerichtete Satteldach ist durch hohe Giebel geschlossen, der westliche von
einem schmiedeeisernen Kreuz mit Wetterhahn, der östliche mit einem einfachen Knauf bekrönt.

Das Langhaus ist mit drei rippenlosen Kreuzgewölben überdeckt; die rundbogigen Quergurte
werden von einfachen Konsolen aufgenommen. Das östliche Gewölbe zeigt jedoch einige Abweichungen
in der Form der Konsolen und im Gurtprofil, das an den Ecken ausgekehlt erscheint, besonders aber in

l) Mit widu- : Holz kann die Namensform keine Verwandtschaft haben wegen der heute noch vorhandenen Länge des i.
 
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