Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Siebern, Heinrich [Hrsg.]; Brunner, Hugo [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 3): Kreis Grafschaft Schaumburg: Textband — Marburg, 1907

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15582#0218
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oldendorf.

Oldendorf, auch Stadt- oder Hessisch-OIdendorf genannt, ist ein altertümliches Städtchen mit 1941 Ein- Geschichte,
wohnern und liegt auf dem rechten Ufer der Weser, die in früheren Zeiten sich oberhalb des
Ortes in zwei Arme teilte, so daß sie der Stadt gegenüber eine Insel bildete. Jetzt ist der rechte,
ehedem dicht an ihr vorüberführende Arm trocken gelegt.

Der Name Oldendorf bedeutet s. v. a. altes Dorf, eigentlich lokativisch (zu dem) alten Dorfe. Wann
der Ort zur Stadt erhoben wurde, ist nicht bekannt. Als solche genoß Oldendorf das lippstädter Recht,
das 1334 bezeugt ist und der Stadt im Jahre 1532 vom Grafen Adolf von Schaumburg, Domherrn zu Cöln
und Regenten des Landes nach dem Tode des Grafen Jobst, mit ihren übrigen Privilegien bestätigt wird
(Landau a. a. O., S. 356. — Urk. im Marb. St.-Archiv, U.-Rep. I, Old. 8). — Das Siegel der Stadt zeigt das
schaumburger Nesselblatt in rotem Felde. Darüber in goldenem Schildhaupt drei rote Sterne.

Die Grafen von Schaumburg hatten (nach Piderit, S. 93) die Stadt als wunstorfische Pfand-
schaft inne und nahmen sie später von den Rechtsnachfolgern der Grafen von Wunstorf, den Herzögen
von Braunschweig, zu Lehen, in welcher Qualität sie auch nach dem Aussterben der Schaumburger durch
den Lauenauer Rezeß vom 1. Oktober 1647 von Kur-Hannover an Hessen-Cassel kam (Piderit a. a. O.
S. 146 f.).

Für die Geschichte der Reformation in den schaumburger Landen ist unser Städtchen insofern
bedeutungsvoll, als Eberhard Poppelbaum, bis dahin Pfarrer in Krückeberg (s. d.), als Pastor primarius nach
Oldendorf berufen, seit 1552 den katholischen Ritus abschaffte und die Lehre Luthers hier zuerst predigte.

Im Dreißigjährigen Kriege am 28. Juni 1633 fand zwischen Oldendorf und dem nördlich gelegenen

Dorfe Segelhorst eine Schlacht statt, in welcher der kaiserliche General Merode von den Schweden, Hessen

und Braunschweigern unter Kniphausen vollständig geschlagen wurde. Im Laufe des Krieges hatte Oldendorf

durch mehrfache Plünderungen zu leiden, insbesondere im Jahre 1639, als die Stadt am 23. September von

den Kaiserlichen genommen wurde. — 1647 hatte General Wrangel sein Hauptquartier daselbst.

Der nach einer Aufnahme vom lahre 1748 gezeichnete Plan der Stadt1) hat sich seitdem nur wenig Beschreibung.

J & ' ö Anlage und

verändert. Die Mauern, Tore und Türme, die auf der Merianschen Ansicht von Oldendorf noch Befestigung.

stehen, sind allerdings verschwunden. Der mit Obstbäumen und Strauchwerk bepflanzte Wall bildet einen Tafcl 116

schattigen Spazierweg. Der Stadtgraben, jetzt ohne Wasser, ist dicht mit Ried und Schilf bewachsen und

auf der Strecke zwischen dem Weser- und Westertor ganz zugeworfen.

Die Kirche war der Maria geweiht und ein Filial der Kirche zu Krückeberg. Die urkundlichen Kirche.

6 ö Tafel 117

Nachrichten gehen bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts zurück, wo ein Conradus 1319—1324 Kirchherr und us.
war und 1324 in der Kirche eine Versammlung stattfand. 1532 wird ein Altar des heil. Nikolaus erwähnt.
Nachdem schon 1815 zum Schutz gegen Überschwemmung eine beträchtliche Erhöhung des Fußbodens
vorgenommen war, wurde das Gotteshaus 1886 einer umfangreichen Erneuerung unterzogen.

Die dreischiffige Hallenkirche mit Westturm, Chor und einer im Süden angebauten Sakristei ist
erst in spätgotischer Zeit errichtet, von einer älteren Anlage ist nichts erhalten. Im nördlichen Seitenschiff
findet sich an der Außenwand die in Stein gehauene Jahreszahl: %HiliC%'> darüber
zwei Wappen; das eine mit den Buchstaben I P, das andere mit einem Ochsenkopf.

i) Originalzeichnung im Kgl. Staatsarchiv zu Marburg.

12*
 
Annotationen