Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Siebern, Heinrich [Hrsg.]; Brunner, Hugo [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 3): Kreis Grafschaft Schaumburg: Textband — Marburg, 1907

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.15582#0248
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Schaumburg.

Geschichte. ^\'e Schaiimburg, das Stammschloß der Grafen, von dem das umliegende Gebiet noch heute den Namen
3 trägt, liegt auf einem Vorsprunge des Paschenberges, dem Nettel- oder Nesselberge (mons urticarum).
Die Burg trägt den Namen von ihrer die Gegend weithin überschauenden Lage, der in seiner
heutigen Form aus Schauenburg zusammengezogen erscheint; lateinisch bezeichnete man den Berg als
„mons speculationis".

Das Jahr der Erbauung steht nicht fest. Wenn der Chronist Hermann von Lerbeck (in Meibom,
Scr. r. germ. I S. 497) sagt: Anno 1030 comitatus schowenburgensis habuit originem, so ist damit für die
Geschichte des Schlosses nichts gewonnen. Die an einem Turme der Burg auf einer Bleitafel eingegossenen
Verse, welche noch 1602 vorhanden, aber hundert Jahre später verschwunden waren, da ein Jäger die
Tafel abgenommen hatte, um sich Büchsenkugeln daraus zu gießen (Wippermann, Bukkigau S. 298 f. —
Piderit, Gesch. d. Grfsch. Schb. S. 186 f.), lauten in Lerbecks Überlieferung:

annis centenis millenis ter quoque denis

post Christum natum Schowenborch tenet initiatum,
während Cyr. Spangenberg in seiner im Jahre 1602 geschriebenen Chronik der Grafen von Holstein und
Schaiimburg1) ihnen folgende Fassung gibt:

annis nongentis centenis ter quoque denis

post Christum natum Schaumburg tenet initiatum.
Wir erhalten also von Lerbeck das Jahr 1130, von Spangenberg 1030.

Allzu großen historischen Wert wird man solchen Inschriften nicht beimessen. Aber man wird
der Lesung Lerbecks den Vorzug geben, zumal sie im Widerspruch steht mit der allgemeinen Überlieferung,
daß die Burg in den Jahren 1030 oder 1033 zu bauen begonnen worden sei, der zu Liebe wohl der
spätere Chronist sich eine kleine Änderung erlaubt hat.

Gegen das Jahr 1130 spricht freilich eine andere, durchaus glaubwürdige Nachricht, nämlich die,
daß Graf Adolf II. den Bau einer Kapelle auf der Schaumburg bereits 1115 begonnen habe, die 1125
vollendet worden sei (Lerbeck, Chron. ep. Mind. bei Leibniz, Scr. r. brunsv. II S. 183. — Chron. com.
Schaumb. bei Meibom, Scr. I S. 499. — Spangenberg, S. 18; vgl. dazu die Ausführungen Mooyers in den
Nordalbing. Studien V S. 260 Anm. 3). Wenn man also den Gründen Wippermanns (Bukkigau, S. 297 f.
und S. 331), aus denen er sich gegen das Jahr 1030 als dasjenige der ersten Anlage der Schaumburg
erklärt, Rechnung trägt, so wird man vielleicht der Wahrheit nahekommen, wenn man ihre Vollendung
hundert Jahre später, also in das Jahr 1130 setzt. Die Erbauer der Burg wären also dann die Grafen
Adolf II. und III. Vater und Sohn, letzterer 1129—1164, gewesen.

Daß die Schaumburger von dem Namen des Berges das Nesselblatt in ihr Wappen genommen
hätten, ist eine spätere Legende. Sie führten, wenn auch nicht bereits bei ihrem ersten Auftreten in der
Geschichte (wie die Chronisten angeben), so doch zur Zeit, als die Wappenführung überhaupt üblich wurde,
einen aufgerichteten Löwen, silbern in blauem Felde, — so in dem Reitersiegel Graf Adolf IV. von 1224
(bei Aspern, Cod. dipl. II T. 1 Nr. 1). Erst nach der Abdankung dieses Grafen (1239) trat das sog.
Nesselblatt dafür ein, eine heraldische Schildfigur, die sich aus dem ursprünglich gezackten Beschlag des

i) Gedruckt Stadthagen 1614.
 
Annotationen