®®©©®®®©®®®®®®®©®©©©©©©©®©©®©®©®®®® Obernkirchen. ®®®©©®©@©®®®®®®®®®®®©®®®©®©©©®®©©©®
von Almosen lebten und daß ihr frommer Wandel und die Zahl der Gläubigen so zugenommen hatte, daß der
Bischof sich veranlaßt sah, Hand ans Werk zu legen. Er stellt das Stift auf eigene Füße und macht es
unabhängig von Almosen, indem er es mit Gütern ausstattet; zugleich inkorporiert er ihm die Kirchen zu
Obernkirchen und Velden (Vehlen), zu denen später noch die Kapelle zu Kirchhorsten gefügt wurde, und
setzt einen dem Augustinerorden angehörigen Propst ein. Obernkirchen galt damit als eine Gründung des
Bischofs Wernher, wie auch dessen Nachfolger Anno in einer Urkunde von 1176 sagt; aber indem dieser
die Klosteranlage als eine „novella plantatio" bezeichnet, bestätigt er, daß es sich eigentlich nur um eine
Neugründung handelte (Erhard a. a. O. 11 S. 131 Nr. 379. Vgl. Wippermann a. a. O. S. 359 ff.), und ebenso
sagt der schon genannte Mindener Dominikanermönch Hermann von Lerbeck (f um 1416): Tunc Wernerus
episcopus Myndensis coepit reaedificare praedictum monasterium (a. a. O.).
Die beiden genannten Bischöfe haben sich die Bereicherung des neuen Stiftes angelegen sein
lassen. Die Schwestern lebten nach der Regel des heil. Augustin. Alle geistlichen wie weltlichen Befugnisse
am Ort sollten in der Hand des Propstes liegen; die Ausübung der Vogteigewalt über die Güter und Leute
des Klosters durch einen Laien, überhaupt jeglicher Gerichtsbarkeit innerhalb der Wirtschaftsgebäude desselben
(infra officinas) wurde untersagt (Urk. Annos von 1179 bei Erhard a. a. O. S. 149 Nr. 406). Der
päpstliche Schutz wurde dem Kloster am 15. August von Alexander III., der des Kaisers Friedrich I. am
30. November 1181 erteilt (U.-B. von Obernkirchen hgg. von Wippermann, S. 3 Nr. 15 und S. 4 Nr. 16).
Von letzterem wurde gleichzeitig der villa Overenkerken die Marktgerechtigkeit erteilt. Auch bestätigt der
Kaiser die von Bischof Wernher erteilte Freiheit: ne quis in villa violentiam aut dominium preter
prepositum exerceat.
Trotzdem findet sich in der Zeit von 1208—1230, daß die Grafen von Schaumburg „in pago
Overenkerken sub arbore prope cimeterium" ein Gericht besitzen (Wippermann, Reg. Schb. S. 53 Nr. 90).
Wir müssen wohl annehmen, wenn auch der Begriff pagus ein weiterer ist, daß die Malstatt sich in
Obernkirchen selbst befand. Die Jurisdiktion des Grafen Adolf von Schaumburg, in dessen Regierungs-
zeit (1208-1232) die Nachricht fällt, konnte natürlich sich nur auf außerhalb der Klostergerichtsbarkeit
stehende Leute und Sachen erstrecken. Ebensowenig steht es im Widerspruch mit obiger Tatsache, wenn
über hundert Jahre später jegliche Gerichtsbarkeit über die villa Obernkirchen von seiten des Klosters und
des Mindener Klerus bestritten und in einer Urkunde Bischof Ludwigs vom 6. Dezember 1340, welche sich
mit der Frage beschäftigt, ob bei einem über die Gebiete des Grafen von Schaumburg erlassenen geistlichen
Interdikt auch die Kirche zu Obernkirchen mitbetroffen werde, auf Grund eines ergangenen Schiedsspruches
das Kloster ausdrücklich ausgenommen wird mit der Begründung, „cum fundus ville Overenkerken non ad
comitem, sed ad prepositum et monasterium de jure pertineat nec jurisdictioni comitis temporaliter vel
alio justo tytulo subjaceat" (U.-B. S. 136 Nr. 245); die Grafen konnten sehr wohl zu Obernkirchen dingen,
nur nicht über des Klosters Land und Leute.
Immerhin mag das Gutachten durch gewisse Übergriffe hervorgerufen worden sein. Denn bereits
zehn Jahre früher sieht sich derselbe Bischof veranlaßt, die Einmischung weltlicher Personen in die Kammer-
verwaltung des Stiftes zu untersagen, als er diese in Anbetracht der gesunkenen Vermögensverhältnisse des
Klosters und seiner trotz zahlreicher Zuwendungen übelen Finanzlage neu zu ordnen genötigt ist (U.-B. Nr. 181).
Der „status ruinosus", welchen der Bischof beklagt, ging wie so oft auch hier Hand in Hand mit
dem Sinken der Klosterzucht. Wenn auch in einem Mandat des Genannten, das er am 25. März 1334 an den
Pleban in Horsten und den Vizepleban in Stadthagen erläßt, nur im allgemeinen von einigen Kloster-
jungfrauen der Mindener Diözese und Angehörigen verschiedener Klöster die Rede ist, die „voti et
professionis immemores" einem liederlichen Lebenswandel sich hingegeben haben und ihren Oberen
ungehorsam allen Fleischeslüsten frönen, und wir nicht wissen, ob besagtes Mandat nicht auch noch in
bezug auf andere Klöster ergangen ist, so dürfen wir doch annehmen, daß Obernkirchen zu denjenigen
gehörte, wo die Zucht erheblich gelockert war, und daß Bischof Ludwig Sorge haben mußte, die aus-
schweifenden Damen, die ihren Bethäusern den Rücken gewandt hatten, möchten ohne genügende Pönitenz
wieder Aufnahme finden. Dies zu verhindern, wird es den beiden Geistlichen zur strengsten Pflicht
gemacht, die Priorin und den gesamten Konvent auf das bischöfliche Mandat gleich als auf ein Statut
ihrer Kirche zu vereidigen (U.-B. S. 112 f. Nr. 213).
Eine durchgreifende Reformation des Stiftes fand im Jahre 1473 statt, wo Bischof Heinrich
von Minden, ein geborener Graf von Schaumburg, es als freiweltliches Stift aufhob und der strengen
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von Almosen lebten und daß ihr frommer Wandel und die Zahl der Gläubigen so zugenommen hatte, daß der
Bischof sich veranlaßt sah, Hand ans Werk zu legen. Er stellt das Stift auf eigene Füße und macht es
unabhängig von Almosen, indem er es mit Gütern ausstattet; zugleich inkorporiert er ihm die Kirchen zu
Obernkirchen und Velden (Vehlen), zu denen später noch die Kapelle zu Kirchhorsten gefügt wurde, und
setzt einen dem Augustinerorden angehörigen Propst ein. Obernkirchen galt damit als eine Gründung des
Bischofs Wernher, wie auch dessen Nachfolger Anno in einer Urkunde von 1176 sagt; aber indem dieser
die Klosteranlage als eine „novella plantatio" bezeichnet, bestätigt er, daß es sich eigentlich nur um eine
Neugründung handelte (Erhard a. a. O. 11 S. 131 Nr. 379. Vgl. Wippermann a. a. O. S. 359 ff.), und ebenso
sagt der schon genannte Mindener Dominikanermönch Hermann von Lerbeck (f um 1416): Tunc Wernerus
episcopus Myndensis coepit reaedificare praedictum monasterium (a. a. O.).
Die beiden genannten Bischöfe haben sich die Bereicherung des neuen Stiftes angelegen sein
lassen. Die Schwestern lebten nach der Regel des heil. Augustin. Alle geistlichen wie weltlichen Befugnisse
am Ort sollten in der Hand des Propstes liegen; die Ausübung der Vogteigewalt über die Güter und Leute
des Klosters durch einen Laien, überhaupt jeglicher Gerichtsbarkeit innerhalb der Wirtschaftsgebäude desselben
(infra officinas) wurde untersagt (Urk. Annos von 1179 bei Erhard a. a. O. S. 149 Nr. 406). Der
päpstliche Schutz wurde dem Kloster am 15. August von Alexander III., der des Kaisers Friedrich I. am
30. November 1181 erteilt (U.-B. von Obernkirchen hgg. von Wippermann, S. 3 Nr. 15 und S. 4 Nr. 16).
Von letzterem wurde gleichzeitig der villa Overenkerken die Marktgerechtigkeit erteilt. Auch bestätigt der
Kaiser die von Bischof Wernher erteilte Freiheit: ne quis in villa violentiam aut dominium preter
prepositum exerceat.
Trotzdem findet sich in der Zeit von 1208—1230, daß die Grafen von Schaumburg „in pago
Overenkerken sub arbore prope cimeterium" ein Gericht besitzen (Wippermann, Reg. Schb. S. 53 Nr. 90).
Wir müssen wohl annehmen, wenn auch der Begriff pagus ein weiterer ist, daß die Malstatt sich in
Obernkirchen selbst befand. Die Jurisdiktion des Grafen Adolf von Schaumburg, in dessen Regierungs-
zeit (1208-1232) die Nachricht fällt, konnte natürlich sich nur auf außerhalb der Klostergerichtsbarkeit
stehende Leute und Sachen erstrecken. Ebensowenig steht es im Widerspruch mit obiger Tatsache, wenn
über hundert Jahre später jegliche Gerichtsbarkeit über die villa Obernkirchen von seiten des Klosters und
des Mindener Klerus bestritten und in einer Urkunde Bischof Ludwigs vom 6. Dezember 1340, welche sich
mit der Frage beschäftigt, ob bei einem über die Gebiete des Grafen von Schaumburg erlassenen geistlichen
Interdikt auch die Kirche zu Obernkirchen mitbetroffen werde, auf Grund eines ergangenen Schiedsspruches
das Kloster ausdrücklich ausgenommen wird mit der Begründung, „cum fundus ville Overenkerken non ad
comitem, sed ad prepositum et monasterium de jure pertineat nec jurisdictioni comitis temporaliter vel
alio justo tytulo subjaceat" (U.-B. S. 136 Nr. 245); die Grafen konnten sehr wohl zu Obernkirchen dingen,
nur nicht über des Klosters Land und Leute.
Immerhin mag das Gutachten durch gewisse Übergriffe hervorgerufen worden sein. Denn bereits
zehn Jahre früher sieht sich derselbe Bischof veranlaßt, die Einmischung weltlicher Personen in die Kammer-
verwaltung des Stiftes zu untersagen, als er diese in Anbetracht der gesunkenen Vermögensverhältnisse des
Klosters und seiner trotz zahlreicher Zuwendungen übelen Finanzlage neu zu ordnen genötigt ist (U.-B. Nr. 181).
Der „status ruinosus", welchen der Bischof beklagt, ging wie so oft auch hier Hand in Hand mit
dem Sinken der Klosterzucht. Wenn auch in einem Mandat des Genannten, das er am 25. März 1334 an den
Pleban in Horsten und den Vizepleban in Stadthagen erläßt, nur im allgemeinen von einigen Kloster-
jungfrauen der Mindener Diözese und Angehörigen verschiedener Klöster die Rede ist, die „voti et
professionis immemores" einem liederlichen Lebenswandel sich hingegeben haben und ihren Oberen
ungehorsam allen Fleischeslüsten frönen, und wir nicht wissen, ob besagtes Mandat nicht auch noch in
bezug auf andere Klöster ergangen ist, so dürfen wir doch annehmen, daß Obernkirchen zu denjenigen
gehörte, wo die Zucht erheblich gelockert war, und daß Bischof Ludwig Sorge haben mußte, die aus-
schweifenden Damen, die ihren Bethäusern den Rücken gewandt hatten, möchten ohne genügende Pönitenz
wieder Aufnahme finden. Dies zu verhindern, wird es den beiden Geistlichen zur strengsten Pflicht
gemacht, die Priorin und den gesamten Konvent auf das bischöfliche Mandat gleich als auf ein Statut
ihrer Kirche zu vereidigen (U.-B. S. 112 f. Nr. 213).
Eine durchgreifende Reformation des Stiftes fand im Jahre 1473 statt, wo Bischof Heinrich
von Minden, ein geborener Graf von Schaumburg, es als freiweltliches Stift aufhob und der strengen
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