Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0166

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


wie alt ward er'? sondern nur: wie lange war er gesund;? Ein
alter Sophist, der berühmte Prodicus, nannte das Feuer die befste
Universal würze. Darüber mag- er sich denn in miscrn Italiener-
kellcrn von einem unserer Schmeekcr ein belehrendes Collegium
lesen lassen. Gewifs mit gröfserm Rechte kann man die Gesund-
heit eine solche Universalwürze nennen, ohne welche das Sülsesle
bittere Galle, das Wohlschmeckendste widrig und ekelhaft wird.
Denn selbst den Genüssen, sagt Plutarch in einer der sachreichsten
Diätetiken des Alterthums, gewährt die Gesundheit, wie die Mee-
resstille den Eisvögeln, eine sichere und schöne Geburtsstunde
und Wochenstube. *)

Doch ich sehe schon, dals meinen Freunden mit diesen alt-
vaterischen und halbverrosteten Waid- und Denkspriichen wohl
eben so wenig gedient äst, als der hüpfenden Täuzeriu beim
Larventanz oder auf der Maskerade mit dem warnenden Zeige-
finger, den der vermummte Arzt mit der Knotcnperücke, an ihr
vorüberstreicliend, sich an die lange, rotlie Policliinelluase legt.
Aber schon bei den lieben Alten that Jeder am neuen Jahre zum
guten Anfange etwas von seinem Licblingsgesehäfte. Das meinige
waren von jeher die Allerlhümer. Warum sollte ich also nicht heute
davon auch eiu Wörtchcu fallen lassen'? > Es sei also gewagt!
Wem es nicht zusagt, der kann sich ja den ganzen verbalsten
Plunder mit denselben zwei Fingerspitzen, mit welchen er sich
eine Prise Taback nimmt, oder sich ein Fädchen vom Rockärmel
ablies't, sogleich vom Halse schaffen. Wie leicht ist diefs Büch-
lein wieder zusammengeschlagen! Ist doch überhaupt bei der jetzigen
Ueberfraeht von Lesereieu auch für Sehende nichts bequemer, als
so mit den Fingerspitzen zu lesen!

Form und Slolf des hier nachgebildeten Originals sind sehr
merkwürdig. Man fand bei den Nachgrabungen von Portici ein bron-
zenes Täfelchen in derselben Gröfse, wie es hier abgebildet ist, in
welchem die zwei Figureu gerade in der Gröfse, wie sie hier vor-

*) Siebenzehnhundert Jahre vor Tissot schrieb schon Plutarch über
die Gesundheit der Gelehrten, denn so sollte eigentlich
die Schrift, aus welcher obige Stelle ausgezogen ist (T. I. P. ir.
p. 497. Wytt.) betitelt sein, Die sachreiche Schrift läßt tiefe
Blicke in die Lebensordnung der Alten tlmn (unter Anderm in
Absicht auf Declamation, worüber uns Hofmedicns Ballborn in
Hannover neuerlicb viel Lehrreiches zu sagen wufste: über Decla-
mation in mediciniseber und diätetischer Hinsicht, Hannover 1802, )
nnd verdiente vor vielen andern eine witzige Uebersetzung, wobei
die Parallele mit unserm Zeitalter nicht vergessen würde. Nur
dürfte sich kein Klopffechter der'Krregungstheorie daran vergreifen!
 
Annotationen