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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0168

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befremdenden Schlaugcnsvmbols mit den Gesiindlicits- und Heil-
göttern des elassisclieii Alterlhimis, Die Änöfüli'ling an einem
andern Orte. Die ganze Vorstellung' von dieser heilbringenden
Schlange "reift, beim Lichte betrachtet; so vielfach in die Bildung
der ältesten ReligionsbegrilFe ein, dafs sie unstreitig- zu den frucht-
barsten Grundideen der Thiervergiilterung oder des frühesten Fe-
tischismus gezählt werden mufs*). Wer hat nicht auf ganz alten
Gemälden oder Kupferstichen den Evangelisten Johannes mit dem
ihm gewöhnlich zngelheilten Attribute des Ähendinahlkelches ge-
sellen? Die ersten Christen im dritten und in den folgenden Jahr-
hunderten gaben diesem Kelche noch eine besondere Bezeichnung.
Eine Schlange hebt sich aus ihm gerade so empor, wie wir es
hier an der Schale der Hygiea erblicken **). Fragt man: wie
kommt diese hierher? so ist der bibelfeste Ausleger, der die
sogenannte typische Theologie noch nicht zu voreilig in die theo-
logische Plimderkainmer verwiesen hat***), sogleich mit der Antwort
fertig; Es ist, versichert er uns, eine Anspielung auf jene eherne
Scidaiiüo, durch deren Anblick das Volk Gottes einst in der Wüste
«elioiit wurde, und deren Gegenbild der Gekreuzigte auf Golgatha
war. Wir fragen weiter: wie soll man sich aber jene heilbringende
eherne Schlange in der Wüste selbst erklären? Hier verstummt
die gemeine Deutungskunst, der ja bei der Schlange sogleich vom
Teufe! träumen mufs. Denn die rahbiiiischen Mährchen darüber
will sich doch Niemand gern für haare Wahrheiten verkaufen las-
sen f). Doch wird eine unbefangene, vorurtheilsfrcie Forschung
auch hier leicht Rath zu schaffen wissen. Durch diese finden wir

*) Schon des Blosses ging in seiner scharfsinnigen und hier im-
mer noch zum Grund zu legenden Schrift: über den Dienst
der Fetisch eng ötter S. 55. d. üebers. von der Bemerkung
aus, dafs der älteste Thierdienst fast überalt der Schlangendienst
gewesen sei.

**) Man findet unter Anderm diese Vorstellung auf Glas gemalt. S.
Buonarotti, Osservatione sopra alcuni frammenti di vasi antichi
di vetro (Florenz 1716. Fol.) P- 13.

***) Da der Orient von jeher Symbole und Hieroglyphen zur Hülle
seiner Lehrbegritt'e machte, und sich daraus die ganze allegorische
Auslegungsweise der spätem Juden entwickelte; so bleibt die so-
genannte Tynik stets ein treffliches Hilfsmittel zur wahren Ein-
sicht in die ehrwürdigen Sagen der Vorwelt und zur Aufklärung
der heiligen Urkunden. Nur mufs man freilich erst mit der jüdi-
schen und christlichen Mythologie aufs Reine sein!

■J-) Der Liebhaber solcher Mährchen findet sie im Uebermafse in eine)'
 
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