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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0211

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141

Die Hänßfs'tcllc ist beim Plinius *), wo uns der nnermü-
dctc Compilator zwei Fragmente ans griechischen längst verloren
gegangenen Schriftstellern erhalten hat. Evanthes, ein nam-
hafter griechischer Schriftsteller, berichtet, dafs er bei arcadischeu
Schriftstellern **) die Nachricht gefunden habe, es werde ans dem
Geschlechte des An thns-dureh's Loos einer bestimmt und au
einen arcadischeu See gebracht, wo er seine Kleidung au eine
Eiche aufhänge, über den See schwimme und, in einen Wolf ver-
wandelt, 9 Jahre lang in Einöden hernmirre und mit andern
Wolfen sein Wesen treibe. Habe er nun binnen der Zeit sich
an keinen Menschen vergriffen, so schwimme er nach 9 Jahren
wieder über den See und bekomme seine Gestalt wieder, nur dafs
er um 9 Jahre älter sei. Auch diefs wird dabei erzählt, dafs er
sein voriges Kleid wiederfinde. — So erzählt Ag ri o p as , der
Nachrichten von den Siegern zu Olympia gesammelt hat, dafs
Demänetus aus Parrhasia bei einem Opfer, wo damals die
Arcadier dem Jupiter Lycäus noch Menscheiilleisch darbrach-
ten , von dem Fleische eines geopferten Knaben genossen und
sich in einen Wolf verwandelt habe; doch sei er im zehnten Jahre
wieder zur menschlichen Gestalt zurückgeführt und Sieger im
Faustkampfe zu Olympia gewordeu.

So weit die Collectaneen des Plinius, der freilich auch bei
dieser Gelegenheit nicht ermangelt, seinen Unwillen über die grie-
chische Leichtgläubigkeit ausbrechen zu lassen ***) , uns aber doch
einige brauchbare historische Angaben aufbewahrt hat. Das Erste,
was wir aus dem Zeugnisse des Evanthes lernen, ist, dafs,
wenn bei dieser Fabel eine wirkliche Krankheit zum Gründe liegt,
diese in gewissen Familien erblich gewesen sein müsse. Es ist
von einer gens Anthi die Rede, aus welcher immer einer damit
befallen gewesen sei. Denn das Uebrige vom Loos ni s. w. ist
natürlich nur fabelhafte Ausschmückung. Gerade dieser Umstand

*) VIII, 22. S, 34. Eine sehr corriimpirte Stelle! Es war aber hier
mir am den Sinn im Allgemeinen ro tlmn,

**) Wahrscheinlich Evanthes aus Milet (Diog. Laert. 1,29.),
dessen /j.vSihix in. den gelehrten Scholien des Apollonius I,
■ J065. angeführt werden. Vergl. J. G Vofs, de histor. Graecis
III, p. 364, und Hardonin, in Ind. anetorum, s, v. Evanth,

***) Mirum est, quo procedat Graeca credulitas. Nullum tarn impu-
dens mendacium est, ut teste careat. Und doch dürfte unter die-
sen unverschämten Lügen eine Wahrheit verborgen sein!
 
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