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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0344

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274

Spangen bei Männern und Weibern geleitet wurden, und die gol-
denen Muschen, womit das ganze Kleid besäet ist, welches man
daher in der Putzsprache des Alterlhums ein go ldb es treu tes

142, nennen kann *). Das bis auf die Knie geschürzte grüne Untor-
gewand **) und die geschnürten CotUnrnen bezeichnen den Be-
griff der leichtfüfsigen Jägerinnen, ohne doch den gewaltsamen
Sprung der Aeschyleischen Furie nachzubilden. Der gelbe Cotliurn
ist über eine purpurne Unterlage geschnürt und hat, was aller-
dings auf alten Denkmälern eine Seltenheit ist, eine vorn über-
gebogene Spitze. Diefs kann zugleich zu einem neuen Beweis
von dem immer wiederkehrenden Zirkel der Mode dienen. Denn
wer hat nicht von den berühmten Schnabelschuhen (becs de cane)
im elften und den folgenden Jahrhunderten gelesen, die viele
Jahrhunderte hindurch das Aergernifs aller frommen Seelen und
selbst ein Gegenstand des Verbots eifernder Kirchenversamm-
lungen wurden? ***) Am interessantesten würde übrigens der
Anblick der reichen Composition jenes Yasengemäldes gewe-

143. sen sein, wovon diese Figur der neueren theatralischen Furie nur
ein kleiner Theil ist -J-). Denn erst durch seine Betrachtung
würde man die bedeutungsvolle Beziehung dieser Figur auf die
ganze Handlung begreifen und würdigen können. Es ist ein wun-
derbarer Zauber in der Composition dieses Gemäldes, und so ge-
schmückt und schön auch das Aeufsere dieser Furiengestalt ist, so
schauerlich fühlt man sich doch von der Gewalt der Ehrwürdigen
ergriffen, der nur Apollo's eigenes Dazwischentreten den "Weg zu
ihrem geweihten Schlachtopfer, dem Orestes, versperren kann.

Um nun aber den Lesern dieser Blätter, wenn es ihnen an Zeit
oder Gelegenheit fehlen sollte, die von mir angeführten, zum Theil

*) Das griechische Kunstwort für die Sache heifst j^puiröxao-TOc;
^unövxarot ^vctUe; kommen in einem Fragment des Eupolis
beim Pollux vor VI, 10.
**} Diese grünen theatralischen Gewänder hiefsen mit dem Kunstaus-
druck ßAT^<xx'ii; Pollux XIT, 55.
***) Die Juno Sospita zu Lanuvium hatte calceolos repandos, wie Ci-
cero sagt de Nat. Deor. I, 29., und so erscheint sie aucli noch auf
alten Denkmälern. Die Statue im Museo Pio-Clement. T. II,
tab, 21. ist danach restaurirt. Bekannt sind die poulaines oder
geschnäbelten Schuhe aus dem Mittelalter, deren Geschichte Beck-
mann, Vorrat« kleiner Anmerku ngen über allerlei
Gegenstände S. 45. ff. geschrieben hat.
■f) Es würde voreilig und unbescheiden gewesen sein, meinem Pari-
ser Freunde in der Bekanntmachung der ganzen Zeichnung vor-
zugreifen , die er für ein eigenes antiquarisches Werk aufgespart
hat.
 
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