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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0425

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sland um sich her zu verbreiten, war seine gröfste Wonne und
Zufriedenheit. Vorzüglich aber ging ihm die Noth armer, hüb-
scher Mädchen sehr zu Herzen. Er halte in Erfahrung gebracht,
«lafs einer seiner armen Mitbürger (Einige wollen wissen, er sei
seiner Profession nach ein Schuster gewesen,) drei mannbare Töch-
ter hätte und, da sie wegen Mangel einer Ausstattung keine Män-
ner finden könnten, die armen Mädchen au die Meistbietenden auch
ohuc priesterliche Einsegnung als böse Ladenhüter abzulassen ge-
sonnen wäre. Man kann sich vorstellen, was die armen, unschul-
digen Kinder hierbei für Herzensaugst ausgestanden haben müs-
sen. Aber unser Nicolaus erbarmte sich der Geängstetcn und
Notleidenden, schlich sich im Dunkel der Nacht heimlich an ihj-
Kainiiicrfenstercheii und schob leise soviel Geld hinein, als zur
Ausstattung der Aeltesten nöthig war. Und so machte er es nach
und nach mit allen Dreien , die nun durch die Pfennige des heili-
gen Nicolaus gar stattliche Männer fanden und züchtige, ehrbare
Matronen wurden *). Was ist billiget;, als dafs eine so uneigen-
nützige Mildtbäligkeit, durch welche drei schönen Mädchen die
Schande erspart wurde, ohne Jungfernkränzcben in der Gemeine
erseheinen zu müssen, selbst noch in den spätesten Zeiten durch
die bildenden Hände der Küchelbäcker verewigt wurde? Die hä-
mische Vcrleumdungssncht bat schon oft von einem verkäuflichen
oder verkauften Kränzchen sich Manches in's Ohr geflüstert. Sie
schweige und wisse, dafs mau in Bauzen die Kränzchen zu Du-
tzenden verkaufe und verspeise und doch eben so züchtig und
ehrbar lebe als au irgend einem anderen Orte in der Christenheit.
Da übrigens der Brautkranz (Borta oder Paria) ein sehr hochge-
haltenes und wesentliches Stück des Brautputzes bei unseren serbi-
schen Wenden ist **), so messe ich gern der Versicherung Glau-

*) Die Worte heifsen vom heiligen Nicolaus in der Legende ex breviario
Romano d, 6. Decembr. folgendermalsen: Cujus illud insigne est
Cliristianae benignitatis exemplum; quod cum ejus civis egens
tres iilias jam nubiles in matrimonio collocare non posset, earum-
que pudicitiam prostituere cogitaret; re cognita Nicolaus noctu
per fenestrara tantum peeuniae in ejus domum injeeit, quantum
unius virginis doti satis esset: qnod cum iterum et tertio fecisset,
tres illae virgines honestis viris in matrimonium datae sunt. Eben,
diese Geschichte erzählt mit wenig veränderten Umständen Surius
■ in Actis Sanctorum und Baronius in den Annalibus Kcclesiasticis.
Uebrigens verdient auch noch bemerkt zu werden, dafs diese
Kränzet auch in einer besonderen Verbindung mit der heiligen
Barbara stellen müssen, da sie von Einigen auch Barberkränzel
genannt werden.
**) S. Anton's erste Linien eines Versuchs über die Slaven. S. 122-
und im 2. Tbeile S. 78.

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