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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0439

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369

das IHafs des zugegossenen, oft auch mi( Schnee und Eis abgekühl-
ten Wassers. Nur eine rohe Cyclopennatur berauscht sich bis
zum Erbrechen ans den Schläuchen des listigen Ulysses und em-
pfangt dafür ihren verdienten Lohn. In einem bekannten, nach
dem griechischen Menander bearbeiteten Lustspiel des sittlich zar-
ten Tcrenz, im Castraten, verrälh sich der bäuerische Charak-
ter eines Athenischen Junkers Pumpernickel, der vom Lande durch
Zufall in eine feine Sfadlgesellsehaf't gerathen ist, am meisten da-
durch , dafs ihm hei'm Kachhausegehen so Zunge als Fnfs den
Dienst versagen. Nicht ohne tiefen Sinn trug die ganze Sippschaft
des Bacchus, die den Gotl in trunkener Ausgelassenheit umtobte und
umgankelfe, das charakteristische Abzeichen der Thierheit und bäüeri-
scher Formen an sich. Seihst am zartesten Satyrisk spitzt sich das
Ohr noch zur rf (dergestalt, seihst die schönste Monade trägt noch ein
Thieifell über Schulter und Hüfte geschlagen. Der Gott seihst
aber fährt mit seiner Ariadne in himmlischer Heiterkeit und Ruhe
trinmpbircnd, von gehändigten Tigern oder Centauren gezogen,
durch dieses wüste Getümmel. Wie fein tritt auf alten Marmor-
Reliefs und Yasenahbildiingen diese reinere Erhebung des fröhlich-
sten, aber auch zarlesteu aller Götter zwischen Taumel und Wild-
heit hervor! — Alexander der Grofse hatte aufgehört ein Grieche
zu sein, und die angestammte macedonische Röhheit war in
ihre Rechte getreten, als er die berüchtigten Saufgelage hielt und
durch das xYiisleereu einer Hcrculischen Huinpe sein eigenes Ende
beschleunigte *).

Doch es gab allerdings Augenblicke, wo das Horazische:
nunc est bihendum in sein volles Recht eintrat, hei Siegesfesten
und nächtlichen Comissationen, wo der Grieche seihst den Rausch
für's Vaterland, für Altar und Herd und Geliebte, für sehr erlaubt
und rechtmäfsig hielt. Nur war diefs stets etwas Aufserordeulli-
ches, eine seltene Ausnahme von der Regel.

Was die ephemerischen Söhne der Eide und des Staubes er-
freuet und ihnen wohl thut, das kommt, nur in erhöhter Po-
tenz, auch den unsterblichen Bewohnern des Olympos zu. Täg-
lich, das ist schon die Homerische Tagesordnung oben im Paläste
des Vaters der Götter und der Menschen, versammeln sich nach
vollbrachtem Morgengeschäfte die sämmtlichen Insassen der golde-
nen Hiinmelsburg in der grofsen Halle des Vaters zur geselligen
Freude und zum Nektargelage. Wer erinnert sich hier nicht so-

*) Alexandrum Herculaneus et fatalis scyplms condidit, sagt Seneca
ep. 83. mit Lipsius's Anmerkung. (Man zweifelt jedoch mit Recht
ob man den Nachrichten über die UnmäTsigkeit des Alexander
und seinen dadurch herbeigeführten Tod Glauben beimessen darf.
Beck.)

Bottiger'« kleine Schriften I, 24
 
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