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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0445

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Allein bei'm Lichte betrachtet, halten alle diese Deutungen
nicht recht Stich. Alles kömmt darauf an, die Bestimmung- des
Gerälhcs richtig zu fassen, das der Maler dem Gott in die linke
Hand gegeben hat. Dafs es ein Iloru sei und die auffallendste
Aehnlichkeit mit dem Frucht- und Ueüerflirtshdrh habe, welches
auf so -vielen Denkmälern und auf einer schönen Vase der zwei-
ten Hauiillon'schen Sammlung auch in den Händen des Zeus vor-
kommt *), wer mag es leugnen? Allein kann nicht dasselbe
Hörn auch noch zu einem anderen Zwecke gebraucht worden sein"?
Ein leeres Füllhorn ist ein vollkommener Widerspruch, ein
Ilolzeisen oder Weinwasser (für die Gaste, verstellt sich, nicht für
die Wirtlie). Und wirklich erblickt mau überall, wo ein Füllhorn
dargestellt werden soll und es die Kleinheit des Ranines nicht
schlechterdings verbietet, wie etwa auf Münzen, auch diese Fülle
selbst über dem Rande des Horns angedeutet. Auf unserem Bilde
ist davon nicht die geringste Spur zu entdecken. Auch würde die
vorwärts gesenkte Lage des Horns uns Laug machen, dafs hier
ein Gegenstück zu den bijoux indiscrets oder zu dem Blumen-
körbchen der geraubten Europa und Proserpiua geliefert werde.
Wie aber min, wenn es kein Füllhorn, sondern ein Triukhorii
wäre?- Wenn überhaupt in der ganzen, namenlos-zahlreichen Fa-
milie der Trinkgcschirre die Hörner von Thieren, besonders die
Zien-en- und Biiffelhörner, auf der ganzen Mappemonde des gour-
mauds den weitesten Raum beschreiben und von dem Wendekreise
an bis zu der nördlichsten Breite, sogar über den Polarkreis hin-
aus angetroffen werden; so ist besonders auch die ganze griechi-
sche "Welt voll Trinkhörner in allen Formen und Stoffen, und bei
einem echten griechischen Bacchanal mag eher das Stümpfchen
Licht im Kopfe, Vernunft genannt, als das Hörn in der Hand des
Zechers fehlen. Denn sagt nicht der römische Dichter, der seine
kräftigsten Aufmunterungen zum Trünke nur den Griechen ver-
dankt, von dem Zustande der Beseligung durch die Flasche: der
Bettler nimmt sich Hörn er'? Welches wohl auch aus Gö-
the's Rattenfänger so zu paiodiren wäre:

da werden alle Olmehosen trutzig
und alle Bettelbuben stutzig **).

nicht auf vier, sondern auf zwei Füfsen, ganz wie unser Hercu-
les einher. Beck.)

*) Tischbein's Engravings T. IV. pl, 25.

**) Tunc pauper cornua sumit (Ovid. A. A. I. 238., wo jedoch das
Wort cornua nur sprichwörtlich von Muth, Kühnheit zu verste-
hen ist, wie bei Horat. Od. III. 21, 18. vom Weine addis cor-
nua pauperi, wo man die Ausleger vergleiche. Beck.)
 
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