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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 2
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Ebhardt, Bodo: Begrüßungsansprache an die Burgenfahrer auf der Marksburg, 10. Juni 1928
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Paulsen, Friedrich: Das kunstwissenschaftliche Ergebnis der Burgenfahrt 1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0051
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27

Hier aber hat diese Abweichung von der Regel bestimmte Gründe. Teils wollen wir unseren Volksgenossen in
den besetzten Städten die Hand ganz besonders herzlich drücken. Sie wissen alle, daß so oft darüber geklagt wird,
daß wir viel zuwenig die Zustände im besetzten Gebiet selbst kennenlernen, und teils bieten die Städte wie Trier,
Aachen und Köln eine so überwältigende Fülle großartiger Bauten, auch Wehrbauten, des Mittelalters, daß wir,
so nahe wir einmal sind, nicht an ihnen vorübergehen können.
Freilich, wenn ich die Zahl der gemeinsamen Essen, der Empfänge, Ehrenweine, der Begrüßungen durch die
Herren Oberbürgermeister und der von ihnen gebotenen großen Festtafeln, ganz besonders in Aachen und endlich gar zwei-
mal in dem heiligen Köln ansehe, dann kann ich eine gewisse Besorgnis für unsere Widerstandsfähigkeit nicht unterdrücken.
Aber, meine Damen und Herren, es ist ja nicht die erste Bnrgenfahrt, die wir unternehmen. Anstrengungen und
Feste, gutes und schlechtes Wetter, glühende Hitze und prasselndes Nngewitter haben wir ertragen gelernt. So
werden wir neben dem Anstrengenden auf dieser Burgenfahrt auch hoffentlich die gefährliche Reihe der guten Tage,
die sie uns bringt, auszuhalten wissen.
Schönheit und Würde wird uns viel geboten werden. Ich danke daher heute schon im Namen der Vereinigung
zur Erhaltung deutscher Burgen, des Vorstandes und der hier versammelten Burgenfahrer, allen denen, die uns so
freundlich aufnehmen wollen. Ganz besonders auch der Rheinprovinz, die wir heute wieder betreten und am Sonn-
tag, dem 17. Juni verlassen wollen, und die uns, vertreten durch Herrn Landeshauptmann vr. Horion, am letzten
Tage noch ein feierliches Abschiedsessen bereitet. Die Rheinprovinz ist wie keine andere überreich an künstlerischem
Erbe der Vergangenheit. Sie weiß aber auch aus eigenster Erfahrung, welche Opfer und Pflichterfüllungen ein
solches Erbe verlangt und wie wahr das Wort ist: „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen".
Sie erweist uns eine Ehre, der wir uns durch Verbreitung des Ruhmes dieser schönen Provinz, ihrer glänzenden
Städte und ihrer hochragenden Burgen und Kirchen, durch dankbare Aufnahme alles Schönen, was uns
geboten wird, würdig zu erweisen hoffen. Bevor ich meine Ausführungen schließe, muß ich endlich noch mit ganz
besonderer Freude und Dankbarkeit begrüßen, daß nicht nur bei den Vortrügen und Besichtigungen, sondern auch
bei den gesellschaftlichen Veranstaltungen eine große Anzahl der ersten Fachleute auf dem Gebiete der Denkmals-
pflege, der Bau- und Kunstgeschichte, der Forschung, unter uns weilen werden und uns damit abermals eine
Gelegenheit bieten, unsere Kenntnisse auf ihrem Arbeitsgebiete und über die Art ihrer Arbeit zu erweitern. Wir schätzen
auch diese Ehre, die unserem Bestreben damit zuteil wird, ganz besonders hoch ein und versprechen uns durch die
Teilnahme so zahlreicher und bedeutender Persönlichkeiten eine Vertiefung unseres Gefühles und unserer Forschungen.
Meine Damen und Herren! Aus den Fenstern dieses Rittersaales blicken wir hinab auf den glänzenden Rhein-
strom — unberührt von den Geschicken des Tages, die uns als ungeheuere Geschehnisse erscheinen, strömt er dahin
durch die Lande, ewig jung sich erneuernd, ewig befruchtend seine Wassermassen zu Tal wälzend und immer bereit,
auf seinem Rücken die gewaltigsten Lasten spielend zu tragen.
In Felsen und aus ewigen Gletschern geboren, strömt er bald durch lachende Gefilde, bald durch enge Felsen-
schluchten, durch deutschsprachige Lande im weitesten Sinne genommen bis zum Meere: so ist der Rhein, der deutsche
Strom, uns ein Symbol unüberwindlicher Kraft und ewiger Erneuerung.
Auch bei ihm wechselt aber spiegelnde Fülle mit dürren Zeiten, in denen erschreckende Felsen, die sonst die
spiegelnde Oberfläche verdeckt, aus seinem Bette aufsteigen und der Schiffer voll Sorge seinen Weg zwischen ihnen sucht.
So stehen auch jetzt vor uns düstere Hindernisse und Felsen auf, und der Weg unseres geliebten Volkes und Vater-
landes erscheint bedroht von tausend Schrecknissen; lassen Sie uns aber aus dem Bilde des Stromes auch für Volk und
Vaterland die Hoffnung schöpfen, daß auch unsere Zeit des Elendes und der Dürre, unsere Zeit der Schmach und der
Sorge wieder vorübergehen wird, daß eine neue überwältigende Flutwelle echter vaterländischer Begeisterung
aus dem Herzen unseres Volkes wieder strömen werde, die Deutschland zu alter Größe, zu Ehre und Glanz wieder
emporheben wird, wie wir sie zu Zeiten von Kaiser und Reich erlebt haben und daß dieser gewaltige Strom
einheitlicher Vaterlandsliebe alle Felsen und Hindernisse, die Deutschlands Aufstieg im Wege stehen, über-
wältigen und fortreißen möge. Zur Erweckung eines Quelles solcher Begeisterung, der dann dem großen Strome Zu-
strömen möge, diene auch unsere Burgenfahrt in diesem Jahre. Das walte Gott!

Das kunftrvissenschaftlrche Ergebnis derBurgenfahrt1928.
Von Fr. paulsen.
ie Burgenfahrt 1928 begann auf besetztem Gebiet — Koblenz — und stand unter dem starken Eindruck der
Auseinandersetzung — der geistigen versteht sich — mit denen, die ihr Interesse an dem befahrenen Gebiet
in der Besatzung und ihren Nebenerscheinungen ausdrücken. Der Himmel war voller Licht und Sonnen-
schein, als die Burgenfahrer am 9. Juni sich im Koblenzer Hof sammelten, zum Ehrenbreitstein hinüber-
sahen, auf dem die französische Trikolore flatterte.
Koblenz ist als Burg eines Besatzungsheeres gedacht. Die friedlichen älteren Ansiedlungen haben für uns keine
Bedeutung mehr. Von etwa Jesu Geburt bis um 400 diente die Burg am Zusammenfluß von Mosel und Rhein als
Glied des römischen Festungsnetzes, mit dem das widerstandslos sich fügende Gallien gehalten und über seine Grenzen
 
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