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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 32.1931

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Ebhardt, Bodo: Einige Bemerkungen über Städtebau
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https://doi.org/10.11588/diglit.35021#0044
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Einige Bemerkungen über Städtebau.
Von Bodo Ebhardl.

as Wort „Städtebau" ist ein Schlagwort geworden, dessen Bedeutung und Ursprung sich wohl nur
wenige klar machen.
Camillo Sitte, der Wiener Baukünstler, geboren 1843, gestorben 1903, gab in seinem Buche
über den „Städtebau" wohl zuerst diesem Worte Leben.
Er gab zugleich einer bis dahin unklaren Strömung in der Welt der Baukünstler nach bewußter
Verbesserung der neuen Städteerweiterung klaren Ausdruck.
Kurz vor seinem Tode schrieb er ein Vorwort für die 1904 zuerst erscheinende Zeitschrift „Der Städtebau", in
dem er sagte:
Der Städtebau ist die Vereinigung aller technischen und bildenden Künste zu einem
großen geschlossenen Ganzen. Der Städtebau ist der monumentale Ausdruck wahren Bürger-
stolzes, die Pflanzstätte echter Heimatsliebe.
Sitte schließt damit, daß der Städtebau auch die Versöhnung sozialer Gegensätze zu unterstützen
habe.
Vor 1904 gab es keine einzige Zeitschrift, die sich ausschließlich dem Städtebau gewidmet hätte, das ist be-
zeichnend für den völligen Mangel an Erkenntnis, der auf diesem Gebiete bis in die allerneueste
Zeit herrschte.
Für Berlin haben die Könige großzügig Städtebau getrieben, von Friedrich I. bis zu Wilhelm II. haben
alle ihre Spuren hinterlassen.
Mehr als je zuvor aber entwickelte sich in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts eine ungeheure Städte-
erweiterungs-Tätigkeit. Ein Anwachsen der Städte von unerhörtem Ausmaß setzte iu ganz Europa ein.
In Frankreich unter Napoleon III. führte Hausmann von 1853 ab in Paris gewaltige städtebauliche
Arbeiten durch; Wien und Berlin folgten nach 1870. Mit letzterem fast alle deutschen Großstädte.
So wuchsen damals an:


1871
1905
Berlin.
. . . 826 Tausend
2033 Tausend
Groß-Berlin.
3020
Hamburg.
... 236 „
800
München.
... 170 „
538
Dresden.
177
514 „
Leipzig.
... 103 „
502 „
Breslau.
... 208 „
470 „
Köln.
... 129 „
425 „
Frankfurt am Main . . . .
... 91 „
337 „

Freilich, planlos genug ging man nun vor. Nicht der Städtebauer, der Architekt, war der Maßgebende,
sondern neben dem Willen der Könige, der z. B. in Berlin auch bei allen früheren Stadterweiterungen und Ver-
schönerungen maßgebend gewesen, war es jetzt die Bodenspekulation. Diese sehr fruchtbare und tatkräftige
Bodenspekulation arbeitete aber technisch ganz unkünstlerisch und mit ganz unzulänglichen Kräften, oft nur
mit Feldmessern als Straßenplanern.
So war gerade in einer Zeit größten Auftriebes keine überlegene Führung vorhanden.
Aus dem allgemeinen Mißvergnügen entstand dann immer mächtiger werdend die Strömung, die zu der
breiten Flut auf dem Gebiete des Städtebaues geworden ist.
Um 1906 kam in der Vereinigung Berliner Architekten zum Teil auch auf meine Anregung ein Beschluß
zustande, einen Ausschuß für Städtebau einzusetzeu. Bald sandten auch der Architekten- und Ingenieur-
Verein Berlin und der B. D. A. Abgeordnete, und es gelang, in Berlin einen großen Wettbewerb durchzusetzen.
Stadt - und Landkreise bewilligten 100000 Mark, und zum ersten Male seit langer Zeit wurde ganz planmäßig
daran gearbeitet, einen Gesamtentwurf für die zukünftige Weiterentwicklung Groß-Berlins aufzustellen, d. h. ohne ans
kleine Einzelfragen einzugehen, sollte in großen Zügen die künstlerische und technische Zukunfts-
gestaltung klargelegt werden.
Hochbedeutende Arbeiten wurden eingeliefert, und wir Preisrichter hatten 1910 monatelang zu tun, um die
gewaltige geleistete Arbeit zu prüfen.
Aber nicht die Vorzüge der einen oder anderen Arbeit waren das wertvollste Ergebnis dieses Wettbewerbes;
viel wichtiger waren die allgemeine Bewegung der Öffentlichkeit durch städtebauliche Fragen, die sich an
den Wettkampf anschloß.
 
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