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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 15.1994

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Oehlke, Horst: Design im Konflikt von Anspruch und Realität
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https://doi.org/10.11588/diglit.31839#0115

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- Trennung des Designers wie des Nutzers-
von der Produktion und von deren Ent-
scheidungsebenen

- Vorherrschaft von Eliten (auch Designer
sind eine)

- Druck der über die Medien verbreiteten
Leitbilder und suggerierten Wünsche

- Verwechslung von Persönlichkeit und
Subjektivität mit äußerer Erscheinung (ob-
gleich diese sich ergänzen und das eine
durch das andere sich ausdrücken kann).

Wohlgemerkt, ich versuche nicht, dem einen
oder anderen Objekt, das unter diesen Losun-
gen entstand, den gestalterischen Wert abzu-
sprechen, das wäre die Austreibung des Teufels
mit dem ßeelzebub.

Infrage gestellt werden vor allem die verhärte-
ten dogmatisierten Argumentationsmuster und
ihre nicht nachvollziehbare (Un)Logik.

Ich spreche bewußt von Designideologien und
nicht von Designphilosophie. Die gibt es nur im
angelsächsischen Wortsinn einer pragmati-
schen Denk- und Handlungskonzeption im
unternehmerischen und gesellschaftlichen
Rahmen.

Design-Konzeptionen werden in der Regel nicht
gemacht, um Offenheitzu garantieren, sondern
werden durch Unternehmensinteressen von
sehr konkreten Ziel-Zweck-Relationen be-
stimmt. Die dabei benutzten Argumentationshil-
fen sind immer erst einmal auf ihre Relevanz
und Schlüssigkeit (um nicht zu sagen Ehrlich-
keit) zu prüfen. An ihren Taten sollt ihr sie er-
kennen!

Anderenfalls sind es bloße tradierte oder kori-
struierte Denkschemata, wenn sie harmlos sind.
Oder aber auch verschleiernde Werbe- und
Selbstdarstellungsprinzipien bei Unternehmen,
Verbänden, Gruppen oder Einzelpersonen.

Es sollte daher auch darüber nachgedacht wer-
den, wie verhindert wird, daß der ökologische
Diskurs im Design, wie in vielen Fällen der Wirt-
schaft zu einer bloßen rhetorischen Farce wird,
oder andersherum, was gleich schlimm ist, zu
einer strangulierenden formalen Ideologie ge-
rät. Dazu ist die Problematik zu brisant.

Die Leere einer unfruchtbaren theoretischen
Verschlüsselung wie eines nur praktischen Ak-
tionismus, der romantische Klischees aufgreift,
um sie nur zu repetieren, sind eben nicht fol-
genlos.

Noch einmal: Ethik und Ästhetik sind in der Phi-
losophie und im kulturellen Denken der Klassik
zwei Seiten einer Medaille.

Seither wurden und werden sie in diesem Sin-
ne bemüht, um Werte und Maßstäbe zu setzen.
Heute vielleicht z. T. unüberlegt beanspruchend
und romantisch z. T. aber auch raffiniert unter-
stellend zweckvoll.

Ist denn aber die Entsprechung von Ethik und
Ästhetik, wie sie besonders für das Design zu-
nächst sinnvoll und vernünftig erscheint, über-
haupt haltbar?

Nicht nur in verbrämender traditionsgeschul-
deter Verwendung für Interessen etablierter
Institutionen und elitärer Gruppen, sondern auch
als Prinzip demokratisch-emanzipatorischen
und individuell-freiheitlichen Verständnisses?
Vielleicht doch wieder in Hinblick auf elementa-
re Erfordernisse zur Korrekturvon Fehlentwick-
lungen! Was gilt von der wechselseitigen
(Be)Gründung von Ästhetik und Ethik noch?
Was könnte davon wieder produktiv gemacht
werden?

Dem wäre nachzugehen, wenn auch eine
Reinstallierung dieses Prinzips unter den heu-
tigen Bedingungen des Zerfallens gesellschaft-
licher/sozialer Bindungen und tragfähiger
gesellschaftlicher Strukturen nicht ohne weite-
res denkbar ist.

Zur Realität des Design heute

Design ist ein diffuser Sammelbegriff geworden
für sehr unterschiedliche Tätigkeiten und Ar-
beitsfelder und mit ebensolchen Positionierun-
gen und Ideologien.

Design hat eine gesellschaftliche Beachtung
gefunden wie es lange Zeit von Designern nicht
erhofft werden konnte, wenn es auch eingefor-
dert wurde. Die Breite der Diversifikationen läßt
keine einhellige Verständigung über Ansprüche
und Ziele der Tätigkeit mehr zu, wenn es sie je
gegeben hätte und mehr noch, wenn es je wün-
schenswert wäre, das zu erreichen.

Waren die ethisch-moralischen Verlautbarungen
des Design bislang eher ein utopisches Kon-
zept wenn nicht nur ein Ausdruck von Selbst-
bestätigung, so führt die Einbindung, ja
Instrumentierung (völlig wertfrei gesagt) des
Design in die Wirtschaft und Industrie unmittel-
bar und vor allem in den quantitativen Folgen
zu Konfrontationen mit praktischen Konsequen-

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