6
guren auf blauem, rothem, gelbem oder grünem Grunde weniger
Geschmack fände als früher, als darin, daß europäische Fabriken
das chinesische Produkt gut uachzuahmen gelernt haben, wie wir na-
mentlich in der englischen und dänischen Abtheilung der Welt-Aus-
stellung sehen konnten. Von ungewöhnlichem Interesse war eine
prachtvolle Salongarnitur aus Ebenholz, welche die Holz-Industrie
Kantons auf würdigste Weise vertrat, während die Einrichtung eines
Boudoirs jene zierliche Holzschnitzerei repräsentirte, durch welche sich
Ningpo einen Namen gemacht hat. Ueberaus belehrend war der
Inhalt eines diesen Gegenständen beigegebenen Albums von Mustern
für Holzschnitzer. Man brauchte dasselbe nur flüchtig zu dnrch-
blättern, um dort und da auf die schönsten, auch für uns Europäer
brauchbarsten Motive zu stoßen.
Nicht minder belehrend war eine Anzahl von Metallvasen zu
verschiedenem Gebrauche, an denen wir die Technik des Emaillirens
in ihren verschiedenen Stadien Schritt für Schritt verfolgen konnten.
Und verglichen wir die wunderbar zarten und zierlichen Schnitzwerke
in Holz und Elfenbein, zuweilen bizarr und unserm Auge unge-
wohnt, immer aber frappante Eingebungen einer beständig angeregten
Phantasie, verglichen wir die oft stannenswerth sauberen Bronze-
und Porzellan-Arbeiten mit dem ungeheuer plumpen und ungefügen
Handwerkszeuge, niittelst dessen der Chinese sie herzustellen verstand,
so erhöht sich nothwendig unsere Achtung vor der technischen Be-
gabung und Fertigkeit desselben, der solche Dinge mit Werkzeugen
zu Stande brachte, so derb und roh, wie sich bei uns deren nur
ein Grobschmicd bedient. Und dabei geht dieser Zug einer hohen
technischen Vollendung selbst durch die untergeordnetsten Haus- und
Küchengeräthe.
Im Süden des himmlischen Reiches dehnt sich das südchinesische
Meer entlang die langgestreckte Küste Cochinchina's und es ist
die französische Regierung, welche uns auf der wiener Welt-Aus-
stellung mit den Produkten der Betriebsamkeit und des Kunstge-
werbes seiner dortigen Kolonien bekannt machte, während bisher
wohl die wenigsten Besucher der Ausstellung von diesem schönen
Lande mehr wußten, als daß es uns jene bizarr gestalteten Hühner
sende, welche den indischen Hahn und seine Familie zu verdrängen
drohen. Und wir sind Frankreich dafür zu lebhaftem Danke ver-
pflichtet. Da lagen mit Perlmutter geschmackvoll eingelegte Schreine
mit so seltsamen Zeichnungen, die auf den ersten Blick schon klar
machten, daß keines Europäers Hand bei deren Anfertigung thätig
gewesen. Da lag rothfnnkelndes Goldgeschmeide: Armreife und
Ringe und Nadeln in's Haar zu stecken; manches freilich bizarr,
Alles aber eigenartig genug, um Nachbildung sofort vom Original
unterscheiden zu lassen, ein Vorzug, der eben nicht all' unseren
europäischen Arbeiten innewohnt, die in ihrer charakterlosen Ge-
fälligkeit, welche eher zur Nachahmung lockt, als von ihr abhält,
wenig oder nichts Individuelles aufzuweisen iin Stande sind.
Noch eigenartiger aber erschienen die zahlreichen Holzschnitzwerke
mit Hochrelief-Darstellungen aus der Buddha-Mythe. Die kleinen
Tafeln aus hartem, rothem, duftenden Holze verkörperten einen ur-
alten Gedankenkreis in Göttern, Heiligen, Büßern, Thieren und
Bäumen. Ein daneben aufgelegtes Werk führte uns zum berühm-
ten Tempel von Ankor, den ein Photograph fixirte:' ein wahres
räthselvolles Märchenwunder, reich an steinernen Göttern und Thieren
und von hundertjährigen Palmen umschattet. Unseren ästhetischen
Begriffen entspricht freilich nicht Alles, was uns der Orient sendet,
aber wir haben deshalb kein Recht, darüber vornehm die Achseln zu
zucken, am allerwenigsten, so lange die Wissenschaft des Schönen trotz
dem redlichen Bemühen Einzelner noch auf so schwankendem Boden
ruht, wie in der That der Fall. (Forts, folgt.)
Funkindustrie und Technik.
Nebrr ImrstverZlrchliig der Doßmblluien.
(Fortsetzung.)
ubens, Raphael, Holbein, die beiden Stimmer,
Urs graf und viele andere Meister versandten ihre
Original-Cartons an ausführende Glasmaler, von
welchen diese hochkünstlerischen Kompositionen mit mehr
oder weniger Geschick kopirt wurden. Die Glas-
maler hingegen wanderten mit ihren Kunstglasern von
Ort zu Ort, ja von Land zu Land, um für die Verglasung
monumentaler Bauten die ganze Arbeit an Ort und Stelle vorzu-
nehmen. So sehen wir schon im 15. Jahrhundert den „seligen"
Johan aus Ulm, einen Dominikaner-Mönch, bekannt unter dem
Namen Johan der Deutsche, nach Italien ziehen, wo er in der
Nähe von Bologna in klösterlicher Abgeschiedenheit die Glasmalerei
betrieb und von Stadt zu Stadt die kirchlichen Denkmäler dieser
Kunst vermehrte, bis er 1491 zu Bologna starb. Er wurde später
in Frankreich als Kirchenpatron der Glasmalerzunft verehrt. —
Nach ihm zog eine Glasmalerfamilie Goltzius aus dem Herzog-
thum Jülich nach Italien und später nach den Niederlanden, wo
der jüngere, Heinrich Goltzius, in Harlem starb. — Zu den besten
Glasmalern jener Zeit zählen Veit Hirschvogel in Nürnberg, Cor-
nelius van Dalen und Borghese, beide in Antwerpen. In Ulm
waren danrals die Werkstätten der Glasmaler Jan van Eyck, Hans
und Claus Glaser, Crämer, Lindenfrost und Hans Schön; eine
Familie Ucker malte auf Glas in Nördlingen, ein Mönch, Namens
Engelhart, im Kloster Reichenbach; in München kannte man u. A.
einen Glasmaler Trautenwolf, in Augsburg Judmann, Arnold Hort
in Nimwegen, Johan Daucher, Georg Wiedmann, Gallus Wald
und Mart. Kirnaberger neben und nach Hirschvogel in Nürnberg;
in Würzbnrg waren als gute Glasmaler bekannt Lorenz Kundemann
und Rudolph Henneberg; in Lübeck, Brannschweig, Horb (Würtem-
bcrg) wurde ebenfalls fleißig in Glas gemalt; in Soest lieferte
ein berühmter Glasmaler, Heinrich Aldegrever, Schüler Dürer's,
Glasgemälde nach dem Auslande, besonders Frankreich.
In Gent, Antwerpen, Delft, Gouda, Dort, Brüssel und an-
deren Städten Flanderns und Brabants bestanden große Glas-
malereiateliers, welche allen jungen Malern als eine Art Kunst-
schulen zu ihrer Ausbildung geöffnet waren. Der Maler Lucas
van Leyden (j- 1533), ein Freund Albrccht Dürer's, wird der Pa-
triarch der holländischen Glasmalereischule genannt; er und Crabeth
und van Zyl in Utrecht schufen viele Glasgemälde im Aufträge
Philipp's II. und Margaretha's von Parma. Der Prinz von
Oranien und die Bürgermeister vieler Städte, welche dem Geiste
der damaligen Zeit folgten, ließen in Kirchen, Paläste und Stadt-
häuser politische und religiöse Allegorien, so n. A. die „Gewissens-
freihet" personificirt in die Fenster malen. Von diesem Genre
besitzt Holland viele Glasbilder aus der Hand der Glasmaler
Uytemvael und Adrian de Vrije von Utrecht, David Joriß aus
Delft. Ihre Cartöns bezogen die niederländischen Glasmaler viel-
fach von Volkert in Harlem; sein zeitgenössischer Landsmann war
guren auf blauem, rothem, gelbem oder grünem Grunde weniger
Geschmack fände als früher, als darin, daß europäische Fabriken
das chinesische Produkt gut uachzuahmen gelernt haben, wie wir na-
mentlich in der englischen und dänischen Abtheilung der Welt-Aus-
stellung sehen konnten. Von ungewöhnlichem Interesse war eine
prachtvolle Salongarnitur aus Ebenholz, welche die Holz-Industrie
Kantons auf würdigste Weise vertrat, während die Einrichtung eines
Boudoirs jene zierliche Holzschnitzerei repräsentirte, durch welche sich
Ningpo einen Namen gemacht hat. Ueberaus belehrend war der
Inhalt eines diesen Gegenständen beigegebenen Albums von Mustern
für Holzschnitzer. Man brauchte dasselbe nur flüchtig zu dnrch-
blättern, um dort und da auf die schönsten, auch für uns Europäer
brauchbarsten Motive zu stoßen.
Nicht minder belehrend war eine Anzahl von Metallvasen zu
verschiedenem Gebrauche, an denen wir die Technik des Emaillirens
in ihren verschiedenen Stadien Schritt für Schritt verfolgen konnten.
Und verglichen wir die wunderbar zarten und zierlichen Schnitzwerke
in Holz und Elfenbein, zuweilen bizarr und unserm Auge unge-
wohnt, immer aber frappante Eingebungen einer beständig angeregten
Phantasie, verglichen wir die oft stannenswerth sauberen Bronze-
und Porzellan-Arbeiten mit dem ungeheuer plumpen und ungefügen
Handwerkszeuge, niittelst dessen der Chinese sie herzustellen verstand,
so erhöht sich nothwendig unsere Achtung vor der technischen Be-
gabung und Fertigkeit desselben, der solche Dinge mit Werkzeugen
zu Stande brachte, so derb und roh, wie sich bei uns deren nur
ein Grobschmicd bedient. Und dabei geht dieser Zug einer hohen
technischen Vollendung selbst durch die untergeordnetsten Haus- und
Küchengeräthe.
Im Süden des himmlischen Reiches dehnt sich das südchinesische
Meer entlang die langgestreckte Küste Cochinchina's und es ist
die französische Regierung, welche uns auf der wiener Welt-Aus-
stellung mit den Produkten der Betriebsamkeit und des Kunstge-
werbes seiner dortigen Kolonien bekannt machte, während bisher
wohl die wenigsten Besucher der Ausstellung von diesem schönen
Lande mehr wußten, als daß es uns jene bizarr gestalteten Hühner
sende, welche den indischen Hahn und seine Familie zu verdrängen
drohen. Und wir sind Frankreich dafür zu lebhaftem Danke ver-
pflichtet. Da lagen mit Perlmutter geschmackvoll eingelegte Schreine
mit so seltsamen Zeichnungen, die auf den ersten Blick schon klar
machten, daß keines Europäers Hand bei deren Anfertigung thätig
gewesen. Da lag rothfnnkelndes Goldgeschmeide: Armreife und
Ringe und Nadeln in's Haar zu stecken; manches freilich bizarr,
Alles aber eigenartig genug, um Nachbildung sofort vom Original
unterscheiden zu lassen, ein Vorzug, der eben nicht all' unseren
europäischen Arbeiten innewohnt, die in ihrer charakterlosen Ge-
fälligkeit, welche eher zur Nachahmung lockt, als von ihr abhält,
wenig oder nichts Individuelles aufzuweisen iin Stande sind.
Noch eigenartiger aber erschienen die zahlreichen Holzschnitzwerke
mit Hochrelief-Darstellungen aus der Buddha-Mythe. Die kleinen
Tafeln aus hartem, rothem, duftenden Holze verkörperten einen ur-
alten Gedankenkreis in Göttern, Heiligen, Büßern, Thieren und
Bäumen. Ein daneben aufgelegtes Werk führte uns zum berühm-
ten Tempel von Ankor, den ein Photograph fixirte:' ein wahres
räthselvolles Märchenwunder, reich an steinernen Göttern und Thieren
und von hundertjährigen Palmen umschattet. Unseren ästhetischen
Begriffen entspricht freilich nicht Alles, was uns der Orient sendet,
aber wir haben deshalb kein Recht, darüber vornehm die Achseln zu
zucken, am allerwenigsten, so lange die Wissenschaft des Schönen trotz
dem redlichen Bemühen Einzelner noch auf so schwankendem Boden
ruht, wie in der That der Fall. (Forts, folgt.)
Funkindustrie und Technik.
Nebrr ImrstverZlrchliig der Doßmblluien.
(Fortsetzung.)
ubens, Raphael, Holbein, die beiden Stimmer,
Urs graf und viele andere Meister versandten ihre
Original-Cartons an ausführende Glasmaler, von
welchen diese hochkünstlerischen Kompositionen mit mehr
oder weniger Geschick kopirt wurden. Die Glas-
maler hingegen wanderten mit ihren Kunstglasern von
Ort zu Ort, ja von Land zu Land, um für die Verglasung
monumentaler Bauten die ganze Arbeit an Ort und Stelle vorzu-
nehmen. So sehen wir schon im 15. Jahrhundert den „seligen"
Johan aus Ulm, einen Dominikaner-Mönch, bekannt unter dem
Namen Johan der Deutsche, nach Italien ziehen, wo er in der
Nähe von Bologna in klösterlicher Abgeschiedenheit die Glasmalerei
betrieb und von Stadt zu Stadt die kirchlichen Denkmäler dieser
Kunst vermehrte, bis er 1491 zu Bologna starb. Er wurde später
in Frankreich als Kirchenpatron der Glasmalerzunft verehrt. —
Nach ihm zog eine Glasmalerfamilie Goltzius aus dem Herzog-
thum Jülich nach Italien und später nach den Niederlanden, wo
der jüngere, Heinrich Goltzius, in Harlem starb. — Zu den besten
Glasmalern jener Zeit zählen Veit Hirschvogel in Nürnberg, Cor-
nelius van Dalen und Borghese, beide in Antwerpen. In Ulm
waren danrals die Werkstätten der Glasmaler Jan van Eyck, Hans
und Claus Glaser, Crämer, Lindenfrost und Hans Schön; eine
Familie Ucker malte auf Glas in Nördlingen, ein Mönch, Namens
Engelhart, im Kloster Reichenbach; in München kannte man u. A.
einen Glasmaler Trautenwolf, in Augsburg Judmann, Arnold Hort
in Nimwegen, Johan Daucher, Georg Wiedmann, Gallus Wald
und Mart. Kirnaberger neben und nach Hirschvogel in Nürnberg;
in Würzbnrg waren als gute Glasmaler bekannt Lorenz Kundemann
und Rudolph Henneberg; in Lübeck, Brannschweig, Horb (Würtem-
bcrg) wurde ebenfalls fleißig in Glas gemalt; in Soest lieferte
ein berühmter Glasmaler, Heinrich Aldegrever, Schüler Dürer's,
Glasgemälde nach dem Auslande, besonders Frankreich.
In Gent, Antwerpen, Delft, Gouda, Dort, Brüssel und an-
deren Städten Flanderns und Brabants bestanden große Glas-
malereiateliers, welche allen jungen Malern als eine Art Kunst-
schulen zu ihrer Ausbildung geöffnet waren. Der Maler Lucas
van Leyden (j- 1533), ein Freund Albrccht Dürer's, wird der Pa-
triarch der holländischen Glasmalereischule genannt; er und Crabeth
und van Zyl in Utrecht schufen viele Glasgemälde im Aufträge
Philipp's II. und Margaretha's von Parma. Der Prinz von
Oranien und die Bürgermeister vieler Städte, welche dem Geiste
der damaligen Zeit folgten, ließen in Kirchen, Paläste und Stadt-
häuser politische und religiöse Allegorien, so n. A. die „Gewissens-
freihet" personificirt in die Fenster malen. Von diesem Genre
besitzt Holland viele Glasbilder aus der Hand der Glasmaler
Uytemvael und Adrian de Vrije von Utrecht, David Joriß aus
Delft. Ihre Cartöns bezogen die niederländischen Glasmaler viel-
fach von Volkert in Harlem; sein zeitgenössischer Landsmann war