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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0116

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108

Kunst-Monik.

erlin. Das seit einiger Zeit in der Knnstgießerei von M.
Czarnikow (Schwedterstr. 263) zur öffentlichen Ansicht
gestellte Monumentalwerk Genschow's „Ein Obotrit,
sein Schlachtroß rüstend" gehört seiner Idee nach zu der
im Jahre 1855 gefertigten kolossalen Reiterstatue in
i'j”(d Stuck, welche den Obotritenfürsten Niclot, den Urahn
des Mecklenburgischen Hauses und Verbreiter des Christenthums,
darstellt. Niclot fand in dem Kampfe gegen die Pfaffen, welche er
ans dem Lande jagen wollte, seinen Tod. Im Anschluß an die
Idee dieses Werks wollte Genschow ans dem Vorbau des Portals
zum Schweriner Schloß zwei Pferdebändigende Obotriteu ans dem
Volke anbringen, die, ihres Fürsten Befehl harrend, ihm in den
Kampf zu folgen bereit sind. Obgleich die Ausführung der Gruppen
für das Schloßportal nicht genehmigt wurde, so hat der kunstsinnige
Großherzog doch, durch die Idee angeregt, beschlossen, dieselben für
die Schloßbrücke ausführen zu lassen. Hievon ist nun die eine
Gruppe beendet und, wie bemerkt, ausgestellt. Sie ist 11 Fuß
hoch und, im Modell wie im Guß, mit einer Sorgfalt und künst-
lerischen Gediegenheit behandelt, ivelchc um so höher zu würdigen
ist, als der Künstler, der seit länger leidend ist, nur mit großer
Anstrengung daran hat arbeiten können. Das Werk macht einen
ebenso großartigen wie lebendigen Eindruck und vereinigt stylvolle
Gedrungenheit mit dem hinreichenden Maaße von realistischer Wahr-
heit, um nach allen Seiten hin als vollendet zu erscheinen. Mag
es dem verdienstvollen Künstler nur vergönnt sein, auch das Seiten-
stück dazu in ähnlicher Weise zu vollenden.

*** — Bekanntlich ist hier eine Kommission mit der neuen
Aufstellung der Gypsabgüsse von antiken Kunstwerken im Museum
beschäftigt. An den Arbeiten dieser Kommission theilznnehmen, ist
neuerdings auch der Professor der Kunstgeschichte an der Universität
Heidelberg, Dr. Stark, berufen worden.

^ — Die Portraits des Kronprinzen und der Frau Kron-
prinzessin, welche der Maler vou Angeli arbeitete, werden sicherem
Vernehmen nach von künftiger Woche an im Salon des Vereins
Berliner Künstler zur Ausstellung kommen.

*** — Der Hildesheimer Silberfund wird nun endlich im
königlichen Museum eine solche Aufstellung erhalten, die eine Be-
sichtigung der einzelnen Theile von allen Seiten gestattet. Man ist
augenblicklich damit beschäftigt, für dieselben einen Schrank aufzu-
stellen, dessen sämmtliche Abtheilungen nur aus Glas bestehen.

— — Zwei kunstwissenschaftliche Expeditionen sind kürzlich
in's Werk gesetzt worden. Die eine derselben, aus den Professoren
Curtius und Adler bestehend, begiebt sich nach Olympia, um
den Arbeitsplan für die umfassenden Ausgrabungen aufzustellen, die
dort auf Kosten Deutschlands stattfinden werden. Nachdem die Ver-
handlungen, die mit der griechischen Regierung hierüber gepflogen
worden sind, vor dem sicheren Abschlüsse stehen, wird das Resultat
der gegenwärtigen Voruntersuchung hoffentlich einen baldigen Beginn
der Arbeiten ermöglichen, welche die reichste wissenschaftliche Ausbeute
liefern dürften. Die streng ideale und uneigennützige Tendenz, in
der sie unternommen werden, geht wohl schon daraus hervor, daß
das deutsche Reich keinerlei Besitzansprüche an die aufzufindenden
Kunstschätze sich Vorbehalten hat, sondern lediglich das Recht bean-
sprucht, sie in Gyps abzuformen und zu publiciren. — Die zweite
Expedition, aus dem Archäologen Or. Hirschfeld und dem Bau-
meister Eggert bestehend, begiebt sich zum Zwecke einiger Special-
Untersuchungen in das Innere von Klein-Asien; sie findet auf
Kosten und im Aufträge der preußischen Akademie der Wissen-
schaften und der berliner Museen-Berwaltung statt.

Stralsund. Der auf Hiddensoe gefundene, jetzt im Besitz
des neuvorpommerschen Provinzial-Museums befindliche.Goldschmuck
hat im Laufe dieses Jahres bereits zweimal werthvolle Bereicherungen
erhalten, und wiederum ist eS die Sturmfluth gewesen, die, wie am
14. November 1872, so auch neuerdings die Veranlassung zu den
Funden geworden ist. Nachdem am 10. Februar d. I. der Nord-
sturm Hochwasser gebracht und die flache Umgegend des im Süden
von Hiddensoe gelegenen Dorfes Neuendorf überfluthet hatte, fand
am 14. ein Bewohner dieses Dorfes ans der unmittelbar neben
denselben gelegenen Düne, wo er zur Stütze und Sicherung seines
vom Wasser unterwaschenen Hauses Steine auflas, eine Eisscholle,
in der er einen glänzenden Gegenstand eingeschlossen sah. Bei
näherer Untersuchung erwies sich derselbe als Gold, und zwar war
es ein Schmuckstück, an Gestalt, Größe und Gewicht (35 Gramm)
völlig gleich mehreren der schon in dem früheren Funde vorkommen-
deu Gegenstände: eine aus Verschlingungen gewundener Golddrähte
gebildete Figur, in phantastischer Weise eine Eule mit aufgerichteten
Flügeln darstellend. Am 10. d. M. wurde dann der zweite dies-
jährige Fund gemacht, wiederum ein Schmuckstück derselben Gestalt,
mit nur geringen Abweichungen von dem früher gefundenen in der
Form der Verschlingungen, und von etwas größerer Schwere
(39 Gramm). Ein 14jähriger Knabe aus Neuendorf war dies-
mal der glückliche Finder, der das Stück völlig frei auf der Düne
liegend fand, einige hundert Schritte im Süden der Stelle, wo der
vorjährige große Fund gemacht war; wahrscheinlich ist auch dies letz-
gefundene Stück wie das am 14. Februar gefundene von einer Eis-
scholle eingeschlossen von dem Nordsturme an die Fundstelle getragen.
Die Zahl der bis jetzt zum Vorschein gekommenen Schmuckstücke (Ge-
wandnadel, Armband, Hals- oder Brnstschmuck, bestehend aus einzelnen,
an einem Bande aufzureihendeu Figuren) beträgt zwölf, von denen das
zuerst gefundene in den Besitz des Regierungs-Präsidenten Grafen
von Behr-Negendank kam und von diesem an das neuvorpommersche
Provinzial-Museum geschenkt wurde, die übrigen eilf vom Vorstande
des Museums für den Preis von 633 Thalern 20 Sgr. käuflich
erworben sind. Doch auch jetzt und mit den in diesem Jahre ge-
machten Funden ist der Schmuck noch keineswegs vollständig, und
sicherlich fehlen von den in zwei Größen vorkommenden Eulenfiguren
noch mehrere Exemplare, sowie auch eine Gattung kleiner, aus
Drahtverschlingungen gebildeter Formen, welche wahrscheinlich als
trennende Glieder zwischen den größeren aufgereihten Stücken gedient
haben, nur durch drei Exemplare vertreten ist, damit aber ihre Zahl,
wenn sie wirklich zu dem vermutheten Zwecke verwandt wurden, nicht
geschlossen sein kann. Ueber Heimath und Ursprungszeit des Hiddensoer
Schmuckes kann Zweifel nicht wohl herrschen. Der sehr charakterische,
phantastische Styl weist auf altnordische Arbeit, und zwar ist diese
nach Analogie von gleichartigen, in den Museen zu Kopenhagen
und Stockholm vorkommenden Gegenständen, deren Zeit mit an-
nähernder Sicherheit bestimmt ist, in das neunte, spätestens zehnte
Jahrhundert zu setzen.

*** Königsberg. Wie man mittheilt, ist Hierselbst ein
Comitü zusanunengetreten zur Errichtung eines Denkmals für die
Königin Luise und dasselbe hat jetzt beschlossen, die Ausführung an
derselben Stelle, wo die hohe Frau in den Tagen des Unglücks so
oft geweilt hat, zum 2. September vorzubereiten. Der Kaiser hat
bereits zu demselben eine Büste seiner Mutter zugesagt, die sich im
Atelier eines Künstlers in Arbeit befindet. Das Denkmal wird
vielleicht 3000 Thlr. kosten.

Prag. Zur Feier des neunhundertjährigen Jubelfestes des
Doms wurde eine Restauration des ehrwürdigen Baues beschlossen
 
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