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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0115

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Das Bild ist ebenso fein individualisirt wie mit großem Geschick
vorgetragen. Das Bild Vautier's schildert zwei entzweite Schach-
spieler, den einen zeitungslesend, den andern rauchend, beide von
vortrefflicher Charakterzeichnung, die nichts zu wünschen übrig läßt.
Vautier ist ja darin überhaupt mehr als irgend Einer Meister;
dabei ist er so einfach und ungesucht im Vortrage, wie man dies
heute selten findet, wo so viele Künstler uns fast nichts Anderes
zeigen als bloßes Machwerk.

□ München, den 22. März. (Aus dem Kunst verein.)
Aus dem kürzlich ausgegebenen Rechenschaftsbericht des Verwaltungs-
Ausschusses des hiesigen Kunstvereins für das Jahr 1873 ist zu
ersehen, daß im Laufe desselben der genannte Verein das fünfzigste
Jahr seines Bestehens vollendet hat. Die Vereinsbehörden haben
es freilich nicht der Mühe Werth erachtet, den 23. November v. I.
als den eigentlichen Stiftungstag des Vereins irgendwie zu feiern
oder die Vcreinsmitglieder auch nur mit ein paar Worten auf die
Bedeutung dieses Tages hinzuweisen, und so ist er denn auch ganz
unbemerkt geblieben. Was die Mitgliederzahl betrifft, so dürfte die-
selbe — sie beträgt dermal nahezu 4200 — die aller anderen Ver-
eine derselben Art übertreffen.

Anlangcnd die Vertheilung von Gedenkblättern durch den Ver-
ein, so sind die Mitglieder bereits seit längerer Zeit im Besitze des
Blattes für 1873. Es ist dies ein trefflicher Stich von Johann
Burger nach van Dyk's berühmtem Gemälde „Ruhe auf der Flucht
nach Egypten" in der münchener Pinakothek. Für das Jahr 1874
ist ein Stich Friedr. Zimmermann's nach Carl Becker's „Kaiser
Carl V. bei Fugger" und für 1877 ein Stich von der Hand des-
selben Künstlers nach dem Bilde „Franz nimmt Abschied vom
Bischöfe von Bamberg, Scene aus Götz von Berlichingen", be-
stimmt, für 1875 endlich ein Stich Burger's nach Ed. Grützner's
„Jägerlatein". Bezüglich dieses letzten Stiches wollen wir nur
hoffen, daß der als trefflicher Zeichner bekannte Stecher auf seiner
Platte die argen Zeichnungsverstöße des Malers beseitigt.

Unter den zu Vereinsgeschenken angebotenen Blättern befand sich
auch das schöne Blatt von Kräcker nach dem allbekannten großen
Bilde von Jul. Scholz „Das letzte Gastmahl der Wallenstein'schen
Generale", das trotz seines ungewöhnlichen Umfanges billig abge-
lassen werden sollte. Obwohl sich über hundert Vereinsmitglieder
für die Wahl desselben schriftlich ausgesprochen hatten, blieb ihr
Wunsch doch unberücksichtigt, angeblich weil dasselbe Blatt von ein
paar anderen Kunstvereinen als Vereinsgeschenk erworben worden
war. — Meiner Ansicht nach konnte diese Thatsache überhaupt nicht
maaßgebend sein, denn es dürfte wohl nur als seltenste Ausnahme
Vorkommen, daß einzelne Personen Mitglieder mehrerer Kunstvereine
sind. Für die Anderen aber kommt nur die Schönheit des Blattes,
nicht aber die Frage in Betracht, ob dasselbe auch von einem
anderen Kunstvereine als Gedenkblatt gegeben wird. Wer z. B.
Keller's Stich nach der Sixtinischen Madonna kauft, dem kann es
ganz gleichgiltig sein, wer außer ihm dasselbe thut, und selbst der
Käufer eines Originalgemäldes muß sich gefallen lassen, daß der
Künstler dasselbe wiederholt.

Sonach erscheint das Verfahren des Verwaltungs-Ausschusses
als ganz unstichhaltig. Es ist aber auch nach einer anderen Seite
zum Mindesten sehr auffällig, da auch das eine der angenommenen
Zimmermann'schen Blätter, wie dem Verwaltungsausschuß recht wohl
bekannt war, von einem Kunstvereine als Gedenkblatt vertheilt wird.

Mit Befriedigung konstatirt der Bericht, daß die Vereins-Be-
hörden bei der Erwerbung der zur Verloosung bestimmten Kunst-
werke nicht mit jenen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, welche sich
früher so fühlbar machten, und glaubt, diese Erscheinung auf die
vor Kurzem eingetretene Stockung des Kunsthandels zurückführen zu
dürfen. Die Befriedigung wird allerdings auf Seite der Künstler
weniger groß sein, aber es läßt sich nicht leugnen, daß in Be-
ziehung auf die Preise von Kunstwerken bis vor Kurzem ein auf-
fälliger Schwindel getrieben wurde, bei dem sich Künstler und Kunst-
händler die Hand boten. Den Künstlern lag natürlich daran, nachdem
sie ein paar Monate durch die Pilotyschule gelaufen, als solche ge-
nannt zu werden, für deren Arbeiten Tausende gegeben würden, und
die Kunsthändler richteten ihre Verkaufspreise danach ein.

Der Witz hat sich längst dieser Sache bemächtigt und nian er-
zählte im vorigen Jahre eine Anekdote, die so charakteristisch ist, daß
ich sie hier mittheilen möchte. Der Maler 1. habe nämlich an den
Kunsthändler 9). ein Bild um 3000 Gulden verkauft, dieser habe
es später um 1500 Gulden abgelassen und noch 1000 Gulden dabei
gewonnen. Sie sehen, man kennt seine Leute.

iH Neapel, Mitte März. (Kunstausstellungs-Aussichten.)
Nachdem es längere Zeit den Anschein gehabt, als sollte der Plan
einer Kunstausstellung, zu der bereits ins In- und Ausland Ein-
ladung ergangen waren, noch in letzter Stunde wieder scheitern,
darf man jetzt doch wieder ihr Zustandekommen hoffen. Es ist dies
um so mehr zu wünschen, als im Gegenfalle nicht blos das aus
hervorragenden Persönlichkeiten unserer Stadt gebildete Comitö, son-
dern auch der Protektor des Unternehniens, Prinz Humbert, und zu-
gleich die Regierung arg kompromittirt wären. Wenn übrigens be-
hauptet wird, die Regierung habe bereits die zur Restauration des
Instituts der schönen Künste, in welchem die Ausstellung stattfinden
soll, zugesicherten 150,000 Frcs. bewilligt, so ist das zum Mindesten
verfrüht. Die Sachlage ist vielmehr folgende: In Folge einiger
ausweichenden Entschließungen des Ministeriums sandte das Comits
eines seiner Mitglieder nach Rom, um die Sache an Ort und Stelle
zu betreiben. Ritter Salazaro — so heißt das Comitömitglied —
konnte anfänglich nur das Versprechen eines Beitrages von 50,000
Frcs. erhalten. Nach seiner Abreise aber entschloß sich der zuständige
Minister der Finanzen auch noch die weiteren 100,000 Frcs. zu
geben. Hoffentlich hält Herr Minghetti nun auch sein Wort, wozu
er von hervorragenden Deputirten aller Parteien dringend aufge-
fordert wird — aber geschehen ist das bis zur Stunde noch nicht.
Uebrigens darf die Regierung nicht vergessen, daß das Gebäude des
Instituts der schönen Künste Staatseigenthum ist und die Restau-
rationsarbeiten mit jenem Tage höher anwachsen. Es liegt also auch
nach dieser Seite hin im wohlverstandenen Interesse des Staates,
daß die Ausstellung zu Stande kommt.
 
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