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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0138

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möge, die nicht nur die praktischen, sondern auch die ästhetischen
Requisite, die mit dieser Frage verbunden sind, klar in's Auge
zu fassen geeignet sind.

Indessen mag es uns gestattet sein, die Aufmerksamkeit auf
ein Terrain zu lenken, das uns vorzugsweise dazu angethan scheint,
einen Bauplatz für das Parlamentsgebäude abzugehen, da es nicht
nur eine mehr als hinlängliche Ausdehnung besitzt, sondern auch
— inmitten der großartigsten Anlagen — außerordentlich günstig
situirt ist: wir meinen den Platz, welcher, in der Nähe der Alsen-
brücke gelegen, sich vom Humboldthafen bis zur Unterbaumsbrücke
am Friedrich Karls-Ufer hinzieht. Ein Blick auf den Plan von
Berlin zeigt deutlicher, als wir es zu beschreiben vermöchten,
welchen wahrhaft großartigen Charakter diese ganze Gegend in
der Zukunft erhalten muß. Die Achse des Humboldthafens geht
über die mittlere Alsenbrücke durch die große Alsenstraße, trifft
genau auf das Siegesdenknml des Königsplatzes und verlängert
sich dann durch den Thiergarten in der Siegesstraße bis zur
Victoriastraße. An diese Achse schließen sich nun innerhalb des
durch die Spree beschriebenen Bogens zu beiden Seiten der
Alsenstraße völlig symmetrische Straßenanlagen, das Kronprinzen-
Ufer, die Moltke-, Bismarck- und Roonstraße an, und unmittelbar
gegenüber, am Friedrich Karls-Ufer, im Rücken durch die schönen
alten Bäume des Charitegartens geschützt, liegt das von uns
bezeichnete Terrain. Dasselbe bildet ein längliches Viereck, wel-
ches im mittleren Längendurchmesser ca. 800 Fuß, in der Tiefe
ca. 400 Friß, also fast 14 Morgen groß ist.

Dieser Platz befand sich ebenfalls unter den fünf von der
früheren Kommission zur engeren Wahl gestellten, und die be-
deutenden Vorzüge desselben der großartigsten Präsentation des
Gebäudes gegenüber den ausgedehnten Anlagen der Alsenbrücke,
den anliegenden Uferstraßen und breiten Plätzen, gegen welche
das Gebäude sonnige Faoaden nach Osten und Südoften er-
halten würde, sind selbst, wie uns von kundiger Seite mitge-
thcilt wurde, von den Sachverständigen der Kommission anerkannt
worden. Einer der von den Letzteren vorgebrachten Hauptgründe
gegen diesen Platz sollte darin gefunden sein, daß das ganze
Terrain von der Unterbaumsbrücke nach der Alsenbriicke zu ein
ansteigendes und in diesem Falle für ein monumentales Gebäude
allerdings wohl nicht geeignetes wäre. Wie wir aber gleichfalls
von unterrichteter Seite erfahren, ist der Umbau der Unterbaums-
Brücke eine von den zuständigen Behörden längst beschlossene

Sache. Die Brücke würde alsdann doch wohl in ähnlich mo-
numentaler Weise wie die Alsenbrücke herzustellen sein, jeden-
falls aber würde ihre Höhenlage, als massiv konstruirte feste
Brücke, schon aus Erforderniß für die Schifffahrt eine gleiche,
wie bei jener werden müssen, alsdann aber durch die erforder-
lichen Rampen-Anschüttungen die zwischen beiden Brücken liegende
Uferstraße eine horizontale Lage erhalten.

Was die Entfernung des Bauplatzes von den Ministerien
der Wilhelmstraße betrifft, welche immer als ein Hauptbedingniß
des zukünftigen Bauplatzes des Parlaments-Gebäudes betont wird,
so erscheint diese ebenfalls nicht sehr bedeutend, und der billigen
Rücksicht auf die Möglichkeit eines guten wohnlichen Unterkommens
der Abgeordneten selbst in nicht zu großer Entfernung vom Ge-
bäude dürfte durch die in der Nähe bereits vorhandenen bebauten
Stadtviertel ebenfalls schon jetzt genügend Rechnung getragen
sein, wobei immerhin noch zw Gunsten dieser Rücksicht zu be-
denken bleibt, daß die Aussicht auf die Gegenwart eines so
vornehmen Gebäudes in jener Stadtgegend die Bebauung der
zur Zeit noch unbebauten Grundstücke schon in den Jahren
der Entstehung des Gebäudes in ganz besonderer Weise för-
dern würde.

Hiermit kommen wir auf einen Hauptvorzug dieses Platzes
und müssen uns hiermit zugleich gegen das in dem angeführten
Artikel der Deutschen Bauzeitung empfohlene Projekt wenden,
welches bei guter Durchführung die Niederlegnng von Ge-
bäuden in der Wilhelmstraße und Vernichtung eines großen
Theils der Gärten daselbst erfordern würde, auf den Vorzug
nämlich, daß die Bebauung dieses Platzes am Unterbaum für
die Kaiserstadt vielleicht das großartigste Stadtviertel schaffen
würde, und zwar an einer Stelle, wo bisher noch Nichts da
vorhanden ist. Es hieße die geschichtliche Entwicklung einer
Stadt ans das Empfindlichste stören, wollte man zu Gunsten
neuer, wenn auch die vorhandenen an Großartigkeit überragender
Schöpfungen alte vorhandene, schon in sich abgeschlossene Anlagen
ganz oder theilweise vernichten. Dieser Fehler würde bei An-
nahme des Bauplatzes am Unterbaum nicht begangen werden,
es würde dadurch vielmehr im Verein mit den in nächster Nähe
jenes Platzes schon vorhandenen großartigen Anlagen vom Königs-
Platz bis zur Alsen- Brücke der Stadt Berlin ein ganz neues,
würdiges und hoffentlich das würdigste Monument der Neuzeit
hinzugefügt werden.

Korrespondenzen.

»nchen, 18. April. (Ausstellung im Kunst-
Verein.) Ein kleines, aber sehr bedeutendes Bild,
das ganz im Geschmacke Wouwermann's gemalt, auf
iSfo dem die Figuren sich kaum über Zollhöhe erheben
und die wie durch die Loupe gemalt erscheinen, ist
Breling's „Halt vor der Schenke". Das Bild
erinnert sowohl in der ganzen Konception, als auch besonders in
der Farbe an den berühmten niederländischen Meister, den Breling
jedenfalls fleißig studirt hat. Das Anlehnen an die alten Meister
kommt hier leider mehr und mehr außer Gebrauch, die einzelnen
hiesigen modernen Schulen sind allein maaßgebend. Läßt sich ein
Bild nicht in diese oder jene Schule Münchens klassificiren, so ist

dasselbe auch sofort dem allgemeinen Tadel verfallen. Trotzdem sind
hier immer noch mehr Richtungen vertreten, als in anderen Kunst-
städten. Breling ist, wie ich höre, ein Schüler von Dietz.

L. Hartmann's „Pferde" sind eine recht tüchtige Leistung,
sowohl was Farbe als auch was Zeichnung betrifft, die Pferde er-
innern öfters direkt an die meisterhaften Radirungen unseres alten
Künstlers I. A. Klein. — „Auf dem Rennplatz" nennt Heinrich
Lang ein allerliebstes, kleines Bild, das uns so ganz und gar in
die Situation unseres modernen Sports versetzt. Wie schnell jagen
da die Racepferde dahin und wie verschieden versteht Lang die Thiere
in den einzelnen Gangarten zu zeichnen, dabei ist sein Kontur stets
so richtig, daß auch der beste Pferdekenner an diesen Verkürzungen
 
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