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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0139

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nichts auszusetzen haben wird. — Anton Braith, der bekannte Thier-
maler, stellte „Kälber" und „Schafe" auf der Wiese dar. Beide Bil-
der sind von gleich hervorragendem künstlerischem Werthe, sie zeigen
sowohl im Kolorit als in der Zeichnung den gewiegten Meister.
Namentlich gefielen uns seine „Kälber", wie „sie wandeln stolz ge-
spreizt". — Die „Kühe" von Roux sind ebenfalls eine tüchtige
Leistung, sie haben aber in den Bildern von Braith eine zu ge-
fährliche Konkurrenz. Die Stimmung in Luft und Landschaft ist
sehr gut getroffen. — Stademann, unser bester Winterland-
schafter, brachte ein sehr ansprechendes Bild mit reicher Staffage
und von sehr feinem Ton, Windmaier, der ihn geschickt iniitirte,
eine „Mondnacht auf dem Eise" vou recht poetischer Stimmung. —
Ullik ist in der Farbe viel zu schwer und schmutzig, seine Land-
schaften sind ohne jede harmonische Wirkung. — Munsterhjelm
studirt die Natur strenger als viele andere Künstler, seine „Wald-
landschaft" in Winterstimmung ist eine sehr ansprechende Leistung.

Hermann Baisch, der mit zwei Landschaften vertreten war,
wählte sich diesmal reichere Sujets, die einen wohlthuenden Gegen-
satz zu den zahlreichen Bedutenlandschaften bildeten. Das eine stellt
eine Viehheerde dar, welche unter einem alten Weidenbaum Schutz
vor dem aufsteigenden Gewitter sucht, das andere zeigt eine Kuh-
heerde, die Abends zur Tränke zieht. Nach unserem Geschmacke ist
das Gewitterbild das bedeutendere und zwar deshalb, weil hier die
Stimmung koncentrirter wirkt, der Gedanke bedeutender ausgesprochen
ist als in dem anderen Bilde, welches allerdings ebenfalls viel
Schönes besitzt. Nur ist uns in Beiden die Behandlung des
Baumschlages zu gleichartig mit dem Vortrag des Erdreichs. In
der Stimmung sind beide Werke vortrefflich wiedergegeben.

Willroider's Landschaften haben ihren Werth in den stets
gut gemalten Lüften und in der soliden Behandlung des Erdreichs
und Baumschlags. Ebenso versteht er die Stimmung meistens
glücklich in dem betreffenden Thema darzustellen. Diesmal bringt
er uns eine in Form und Linie gleich ansprechende größere „Hollän-
dische Landschaft bei Dortrecht", ein reich belebtes, malerisches Bild
von vortrefflichem Kolorit und großer Wahrheit des Ausdrucks. —
I- ®- Steffan's „Spätherbst bei Berchtesgaden" mag ein sorg-
fältig studirtes Gebirgsbild sein, dem die Eigenschaften strenger
Zeichnung und reichen Gedankens nicht abzusprechen sind, auf uns
wirkte das Bild jedoch in den Tönen viel zu forcirt, damit wollen
wir jedoch keineswegs aussprechen, daß wir ausschließlich Vertheidiger
der grauen Tonrichtung sind. (Schluß folgt.)

Ick. Ick. Wien, Ende April. (Ausstellung im Künstler-
hause. Forts.) Wir kennen einen Maler, der vor jedem Genrebild
die Beine unter die Arme nimmt und mit dem Ruf: Reklame, sie
in die Waldeinsamkeit der „Landschaft" trägt. Dem Mann kann
nicht geholfen und das Genre nicht abgeschafft werden. Es besitzt
im Gegentheil in der bildenden Kunst eine bedeutungsvolle wichtige
Stelle, und vermag ebenso große Meister zu erziehen wie das
„Hiftorische". Unter den ernsten Genrebildern in der Ausstellung
wollen wir hervorheben: Eugen Blaß „Besuch im Kloster", ein
Bild voll tiefer Empfindung. Eine Dame besucht ihre Schwester,
eine Nonne, im Kloster. Diese hat in den „heiligen Mauern" nicht
gefunden, was sie gehofft; aber ein Gelübde bannt sie in die Zelle.
Mit welch' schmerzlichen Gefühlen hoffnungslosen Sehnens senkt sich
ihr von Kummer verzehrtes Gesicht an die Brust, an das warm-
schlagende Herz der Schwester; aus ihrem Auge spricht namenloses
Weh, das die Schwester mit Trauer wahrnimmt. Der Kontrast der
abgehärmten Gestalt und des einfachen Nonnenhabits auf der einen
Seite, des frischen Lebens und der eleganten Kleidung auf der an-
dern ist prächtig durchgeführt. ■— L. Kolitz' Oelgemälde „Nach-

zügler" zeigt bei dunkler Stimmung, die nach Pulverdampf riecht,
eine schon öfter gebrauchte Scene aus dem Kriegsleben, welche den
Beschauer durch eine vorzügliche koloristische Behandlung befriedigt. —
A. Schön's „Heimkehr der Fischer" ist ein in Sonnengluth getauchtes
Bild. Alles glänzt und brennt. Leute, die auf einen weißen Teint
etwas halten, sollen dem Gemälde fern bleiben. Auch sonst zeigt
sich in demselben reges Leben. — An solchem fehlt es auch bei R.
Hausleithner's „Frühlingsbotschaft" durchaus nicht. Kinder
springen mit den ersten Spenden des Frühlings in der Hand auf
die Eltern zu; durch die offene Thür schaut freundlich der Früh-
ling auf einen grünenden Busch hinein. — Wir nennen noch R.
Geyling's „In Gedanken", den strengsten Anforderungen des Ba-
zars entsprechend; L. Müller's „Geistlicher im Klosterhof"; Pin-
chard's „Knappe im Arrest" mit französischer Eleganz; H. Ten-
kate's „Werbung"; Boser's „Waise", ein sehr stimmungsvolles,
in Zeichnung wie Kolorit ausgezeichnetes Gemälde. Noch erwähnen
müssen wir Adolph Menzel's „Innere Wirthshausörtlichkeit zu
Hofgastein". Mit der diesem Meister eigenen Vollkommenheit be-
arbeitet, zeigt dieses Bild, daß der Naturalismus mit der feinsten
künstlerischen Vollendung nur zum beiderseitigen Vortheil sich ver-
binden kann. Das Helldunkel, das grelle Licht aus der Küche,
welches scharf die Konturen der Personen zeichnet, bilden Gegen-
sätze, die jedoch keineswegs der nothwendigen Uebergänge entbehren.

Eine gleich realistische Auffassung zeigt F. Beinke's „Jahr-
markt". Ein Taschenspieler macht vor dem erstaunten Volke seine
Künste, die sensationell wirken. Ein Theil des Publikums bewundert,
ein anderer, unter diesem ein prachtvoll gezeichneter alter Mann, denkt,
ein dritter endlich weicht vor dem Sammelteller eines kleinen Mäd-
chens scheu zurück. Wir finden darin eine vortheilhafte Komposition
und eine lebhafte und klare Charakteristik, die ein tiefes Studium
des Menschen voraussetzt. — Helle Faschingsfreude leuchtet aus H.
Kaufmann'^ „Fasching auf dem Lande". Das Sujet selbst for-
dert eine derb realistische Auffaffnng — so derb, wie der Spaß am
Lande. Mit Prügel und Stricken, mit Geschrei und Gejohle stürmt
die „Maskerade", aus Teufeln, Ruprechts, alten Weibern bestehend,
in die Wirthsstube, wo Alles in Entsetzen geräth. Man kann sich
denken, welche Fülle von packenden Gruppen auf diese Weise gebildet
werden konnte. — Ein anderer Münchener Künstler, Louis Braun,
malte mit bester Laune den „Ungalanten Wind", dem kein Reif-
noch Unlerrock, kein Hut und kein Sonnenschirm heilig ist. — Und
wiederum ein anderer Künstler dcS Jsarathens, Ed. Kurzbauer,
zeigt in seiner „Grundlosen Eifersucht", daß man im Kleinen groß
sein kann. Der stämmige Bauernbursche am Tische mit den finstern
trotzigen Blicken, die ihre wahre Bedeutung erst in der derben zu-
sammengedrückten Faust erlangen, läßt leicht den Eifersüchtigen er-
kennen. Auch bleiben wir nicht lange in Ungewißheit, welche von
beiden ihm gegenüberstehenden Mädchen die Ursache des Zwistes sei;
sicher nicht die, welche sorglos lächelnd den wüthenden Galant be-
trachtet, sondern jene, in deren Lächeln sich der Zug von Aengstlich-
keit wie der des beleidigten Gefühls über das leichtfertige Mißtrauen
eingeschlichen. Wer seine Schöpfungen so fein charakterisiren, so
lebensvoll darstellen, so natürlich anfführen kann wie Kurzbauer,
verdient wahrlich den Namen eines Hackländers in der deutschen
Malerei. — Auch R. Geyling's „Freier Handel in Italien"
zeichnet durch frische natürliche Auffassung sich aus; es stellt einen
Knaben — ein südliches Prototyp — dar, der auf den Straßen
einen kleinen Handel mit Früchten u. s. f. improvisirt. — Noch er-
wähnen wir eines sehr anziehenden Bildes von Th. Pixis „Glück-
liche Fahrt"; es hat sich insofern eine schwere Aufgabe gestellt, als
es das Sonnenlicht in dem Stoffe des Parasols sich brechen läßt —
ein Punkt, der Biele schon zum Fallen gebracht. Wir bemerken
 
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