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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0183

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was um und mit ihm vorgeht. Der kleinere Knabe dagegen ist
weder erschrocken noch überrascht, denn er zählt kaum ein paar
Monate. Die Mutter hat aber für Nichts Augen als wie sie ihre
theuren Kleinode rette.

Unter den Gräbern im alten protestantischen Kirchhof an der
.Pyramide des Cestius hat für den deutschen Künstler keines höheren
Werth als das von Asmus Jakob Carstens, der am 26. Mai 1798
dortselbst zur Ruhe bestattet wurde, nachdem ein unheilbares Brust-
Uebel nach langwierigen Leiden seinem Leben ein Ende gemacht. Der
Müllerssohn von Sanct Jürgen bei Schleswig war der Begründer
der neueren deutschen Malerei geworden und an seinen Werken bil-
deten sich nicht blos Wächter und Schick, sondern auch Genelli,
Thorwaldscn und Cornelius. Deutschland schuldete mehr als ein
halbes Jahrhundert hindurch dem Reformator seiner Kunst einen
Denkstein auf seinem Grabe. Jetzt endlich hat das wieder erstan-
dene deutsche Reich die alte Ehren-Schuld abgetragen. Deutsche in
Rom lebende Künstler ■ eröffneten unter sich eine Subskription zu
diesem Zwecke und das Reich betheiligte sich durch die Person seines
Vertreters am kgl. italienischen Hofe, Hrn. v. Keudell, daran in er-
giebigster Weise. Mit den so beschafften Mitteln ward ein kleines
Denkmal beschafft und dasselbe kürzlich unter Theilnahme des deut-
schen Gesandten, zahlreicher deutscher Künstler und Frauen feierlich
enthüllt. Der Geistliche der hiesigen deutschen protestantischen Ge-
meinde nahm in seinem Amtskleide die kirchliche Einweihung des
Denkmals vor und las dann eine Biographie des gefeierten Künst-
lers. Nach ihm. ergriff der Münchener Maler Julius Naue, der-
selbe, der vor einigen Jahren die Einsetzung eines Denksteins au
Carstens' Geburtshaus in Sanct Jürgen veranlaßt hatte, das
Wort, um in fließender Rede auf die Wirksamkeit des Meisters
hinzuweisen. Dann legten die anwesenden Damen fünf Kränze aus
Blumen und' Lorbeerzweigen auf dem Grabhügel nieder, rings um
den gleichzeitig Blumen gepflanzt wurden. Unter den zahlreichen
Theilnehmern am Feste bemerkte man zunächst Herrn v. Keudell
seinen Schwiegervater und die Bildhauer Emil Wolfs und Carl
Boß. Vom Grabe des Meisters weg begab man sich nach dem
durch die Fürsorge der deutschen Gesandtschaft in einen Blumen-
garten umgewandelteu neuen protestantischen Friedhof, in welchem
Deutsche und Franzosen, Dänen, Engländer und Russen friedlich
neben einander liegen und in dessen einer Ecke gegen sechzig vor-
malige päpstliche Soldaten, die nach Rom gekommen, für den Papst-
könig zu fechten, nachdem sie zum Protestantismus übergetreten, ruhen.

Wie jedem Romreisenden bekannt, sind viele Gebäude unserer
Stadt mit Fresken und Sgrasfitos geschmückt, wovon ein guter

Theil in Folge der Einflüsse von Zeit und Wetter dem Ver-
derben entgegengeht. Auf Antrag des Municipal-Assessors Renazzi
hat der Gemeinderath vor einiger Zeit ein aus den Künstlern
Agneni, Cipolla, Mariani und Montiroli bestehendes Comitü ein-
gesetzt, welches die Frage zu studiren hatte, ob etwas für die Er-
haltung dieser Objekte geschehen könne. Dieses Comits hat nun
auf Grund eingenommenen Augenscheins sein Gutachten dahin ^ab-
gegeben, daß, wie die Sachen stünden, an eine erfolgreiche Restau-
ration nicht zu denken sei. In Folge dessen hat der Gemeinderath
die in Frage stehenden Malereien und Sgrasfitos sorgfältig kopiren
zu lassen und die Kopien in der Gemeindegallerie aufbewahren zu
lassen. Gegenüber diesem anerkennenswerthen Beschlüsse der Stadt-
verwaltung darf man sich wohl der Hoffnung hingeben, daß der
Fürst Maftuni, der Graf Cardelli Colligola und Andere, deren Pa-
läste und Häuser solchen künstlerischen Schmuck aufzuweisen haben,
dem guten Beispiele des Marchese Ricci folgen und denselben restau-
riren lassen.

Von der Jury der Künstler und Kunstfreunde dahier ist dem
Maler Guglielmo de Sanctis für sein Bild „Emanuel Filibert
von Savojen zeigt einigen Landleuten seinen Sohn" der Auf-
munterungspreis von 500 Lire zuerkannt worden. Dieselbe Jury
hat „Die Schiffbrüchigen" von Frau Jerichau-Baumann eines
Preises würdig erkannt; die Auszahlung desselben ist aber unthun-
lich, weil die Satzungen des Vereins die Prämiirung eines nicht
in Rom gemalten Bildes unthunlich erklären. Den Skülpturpreis
hat die Jury dem Girolamo Masini in Florenz für seine „Mutter
der Brüder Cairoli" zuerkannt.

□ Rom, 11. Mai. Unser Kunstgewerbe - Museum gewinnt
mit jedem Tage an Umfang. So hat der Gemeinderath von Pe-
rugia demselben eigens hergestellte Abgüsse des Tabernakels von
Santanello und der berühmten Kreuze von Mongiovani übersendet,
welche die Kathedrale von Perugia schmücken. Der Gcmeinderath
von Siena hat ein Behältniß mit reicher Einlegearbeit in Aussicht
gestellt, das bis zum Jahresschluß im Museum bleiben und einen
Beweis liefern wird, welch' treffliche Arbeit in dieser Art Perugia
zu leisten vermochte. Die Schwestern Pistrucci machten dem Mu-
seum einen Kautschukabguß der berühmten Medaille zum Gedächtniß
der Schlacht von Waterloo zum Geschenk. Diese Medaille ist eben-
falls das Werk eines italienischen Künstlers, der in einem Konkurs
mit den ersten Stempelschneideru Europa's den Sieg davon trug.
Es war dies der Vater der Schenkerinnen, der an diesem wunder-
baren Werke mehrere Jahre arbeitete.

Kunst-Khronik.

Berlin. Der Maler Paul Bürde, bekannt durch eine Reihe
sorgfältig ausgeführter Genrebilder, ist hier am 23. d. M. an der
Schwindsucht gestorben.

*** Frankfurt a. M. Im Städel'schen Museum Hierselbst
sind gegenwärtig die Kaulbach'schen Werke fast vollständig — von
den größeren fehlen nur Arbues und Nero — ausgestellt, so daß
sich der Beschauer ein übersichtliches Bild von der künstlerischen
Wirksamkeit des verstorbenen Meisters machen kann.

*** — Der Neubau des Städel'schen Kunst-Instituts an der
Dürerstraße wird die nächste Zeit beginnen.

Darmstadt. Am Abend des 16. Mai hat die hiesige
Kunstgenossenschaft die schon länger vorbereitete Gedächtnißfeier zu
Ehren Kaulbach's im Gartensaal des Darmstädter Hofes abgehalten.
Fast alle seine durch Kupferstich und Photographie vervielfältigten

Werke nebst 3 Handzeichnnngen waren in chronologischer Anordnung
ausgestellt, nachdem das großherzogliche Museum und hiesige Kunst-
handlungen bereitwilligst ihr Material zur Verfügung gestellt hatten.
Das Portrait des Meisters selbst war mit einem Lorbeerkranz um-
geben und darunter die Photographie des Ateliers angebracht, wie
es Kaulbach hinterlasstn hat. Mit einer kurzen aber begeisterten An-
sprache leitete der Präsident der Genossenschaft, Prof. Schäffer, die
Feier ein, worauf Professor Noack die eigentliche Festrede hielt.
Letzterer blieb im Verlauf seines ganz vorzüglichen Vortrags seinem
Vorsatze treu: nicht zu „richten", sondern zu „berichten", und in
Folge dessen benutzte er sowohl die Zeugnisse der Freunde Kaulbach's
als auch seiner Gegner als Quellen, um innerhalb des Rahmens
kurz gefaßter biographischer Notizen ein übersichtliches Bild der
Werke einer der größten schöpferischen Arbeitskräfte zu entrollen,
 
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