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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0262

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entsetzt nach der Richtung der Feinde hinstarrend, an die festen
Männer; die Feurigen sind im Geist schon mitten im Kampf, indeß
die Besonnenen noch gesammelt der Andacht obliegen. Dieser ersten
Schaar strömen von den Höhen noch zahllose Streiter nach. Die
Felsbastionen der Alpen blicken mit drohenden Stirnen herab und
zeigen sich als das festeste Bollwerk gegen die fremden Eindringlinge,
indeß die grünen Triften, welche sich von jenen abwärts senken, uns
daran erinnern, wie natürlich die Liebe zur Heimath bei den Be-
wohnern eines so herrlichen Landes ist, und wie sie ihr Alles daran-
fetzten mußten, diese schöne Erde als ihr eigenes freies Erbe zu be-
wahren.

Leider hat P. Jansen, welchem eine solide Durchführung des
Gemäldes vor Allem am Herzen liegt, dasselbe nicht mehr vor der
großen Ausstellung in Berlin vollenden können. Hoffen wir, daß
sich eine andere passende Gelegenheit findet, das schöne Werk in
einer Stadt zur Anschauung zu bringen, wohin den Künstler in
nächster Zeit ein höchst ehrenvoller Auftrag ruft.

n. Dresden, Ende August. (Das Postament zum
Schiller-Denkmal und „Bacchus und Ariadne" von
Johannes Schilling.) Vor wenigen Tagen sah man hier viele
Kunstkenner und Freunde des Schönen nach der Eliasstraße wan-
dern, wo im Atelier von Johannes Schilling das Postament
zur Schiller-Statue für Wien und die Gruppe von Bacchus und
Ariadne unentgeldlich ausgestellt waren. — Ueber die Schillerstatue
selbst haben wir bereits in diesen Blättern berichtet; jetzt ist nun
auch das Postament dazu bis auf zwei, erst im Thonmodell vor-
gearbeitete Gestalten fertig gestellt. An den vier Ecken des hoch-
stehenden Würfels befinden sich die durch Figuren dargestellten vier
Lebensalter in etwa fünf Viertel natürlicher Größe. Die „Jugend"
ist durch ein junges Mädchen repräsentirt, welches einen lächelnden
Knaben auf dem Arme hält; das „Jünglingsalter" zeigt sich in der
Gestalt eines mit Stab und Reisetasche versehenen jugendlichen
Wanderers (an den in's Leben hinaus stürmenden Jüngling aus
der „Glocke" erinnernd); ein kräftiger Mann mit Schurz und
Schlägel stellt das ringende und schaffende „Mannesalter" dar, wäh-
rend ein noch ziemlich rüstiger, gen Himmel blickender „Greis" mit
aufgeschlagenem Buche den Abschluß macht. — In den vier Nischen
des Würfels befinden sich die ebenso charakteristischen wie anmuthigen
Gestalten der „Poesie", der „Menschenliebe", der „Wissenschaft" und des
„Genius des lebenspendenden Lichtes". Die Poesie und die Wissen-
schaft sind in ihren Bewegungen, wenn auch voll Begeisterung, doch
ruhiger gehalten; die Menschenliebe dagegen und der Genius des
Lichtes zeigen das lebhafte Pathos einer maaßvollen und edlen Be-
wegung. Der Totaleindruck des bis in die kleinsten Einzelheiten
mit geistvoller Jndividualisirungskunst ausgeführten Postamentes be-
kundet von Neuem die originelle Meisterschaft Schilling's. Das
Postament wird übrigens ebenso wie die Statue in Bronze aus-
geführt werden. Das ganze Denkmal dürfte ungefähr eine Höhe
von 10 Metern erreichen.

Für den plastischen Schmuck unseres jetzt immer höher empor-
wachsenden neuen Hoftheaters wurde auf dessen Rundbau eine
Pantherquadriga mit „Bacchus und Ariadne" bestimmt und Jo-
hannes Schilling mit der Ausführung dieser Gruppe beauftragt.
Die beiden Hauptfiguren sind nun in doppelter Lebensgröße und
im Thonmodell für den Erzguß vollendet. Der Künstler hat Bacchus
als den Typus der verjüngenden Lebenskraft aufgefaßt und ihn als
wagenlenkenden Gott darstellt. Dem Träger des Thyrsusstabes hat
sich zwanglos und schön Ariadne zugesellt; eine stimmungsvolle Har-
monie beherrscht so die beiden Figuren, deren Köpfe namentlich voller
Ausdruck sind.

8. K. 28ien, Ende August. (Permanente Ausstellung
im Künstlerhause.) Von neu ausgestellten Gemälden, sahen wir
ein anziehend behandeltes Genre von C. Hardtmuth, welches sich
„Der Skrupel" betitelt. Im Chore sitzen zwei Mönche — harmlos
einfältige Kapuziner — mit silberweißen Bärten. Mitten im Ab-
beten der Psalmen fällt dem einen der Beiden eine Stelle in den-
selben auf und er wird nun von Zweifeln befallen. Nichts natür-
licher, als daß er um Aufklärung sich an seinen Nebenmann wendet,
der aber den aufrichtig-naiven Worten des Fragestellers dem Anscheine
nach keine Antwort und höchstens durch Mienen zu verstehen giebt,
daß solch ein Skrupel nicht nur Sünde, sondern auch ganz uninter-
essant und zwecklos sei. Ein friedlicher Zug beherrscht das ganze
Gemälde, und was der technischen Durchführung desselben an Eleganz
und Geschmeidigkeit der Farbe fehlt, ersetzt eine gemüthliche Auffassung
und lebensfrische Zeichnung.

Eben was hier mangelt, tritt im „Ständchen" von C. Probst
mächtig in den Vordergrund. Das leuchtende Farbengemenge be-
leidigt nicht unser Auge und keine Farbe schlägt die andere; denn
das Kolorit gleicht einer einzigen Fläche, die zahlreiche mannigfaltige
Wellen wirft; so flüssig ist dasselbe. Die Figur des Sängers und
Guitarreschlägers ist graziös gebildet, zu graziös vielleicht, als daß
man an eine Karrikatur nicht dächte; und in der That wird jede
erzwungene Grazie stets lächerlich sein.

L. Löffner — als Historienmaler nicht unrühmlich bekannt —
hat sich zum Borwurf seines hier ausgestellten Bildes eine Scene
aus dem polnischen Volksleben genommen und zwar eine „Braut-
werbung in der Umgebung von Krakau". Wir müssen gestehen, daß
wir von diesem Künstler entschieden Befferes schon gesehen haben und
hoffentlich noch sehen werden. Erinnere man sich — der Stoff ist
allerdings ein ganz anderer, folglich auch die Behandlung eine ver-
schiedene, doch soll die Summe der Ausführung sich relativ stets
gleich verhalten — nur seines „Herzogs Alba auf dem Schloß von
Rudolstadt"! Die großartig scenisch entwickelte Darstellung, die
uns im ersten Moment die ganze Geschichte und Bedeutung des
historischen Frühstücks aufdeckt, die bis in die feinsten Nüancen ver-
folgbare Charakteristik der Personen, von Alba angefangen, dem miß-
trauischen, und Heinrich, dem braunschweiger Raubgesellen, bis auf das
wahrhaft fürstliche Weib und den kindisch-aufmerksamen Pagen, end-
lich dies überall gleich gesetzte und gleich wirkungsvolle Kolorit, dies
Alles fehlt mehr oder weniger der polnischen Brautwerbung. Zuerst
erscheint uns die Komposition keineswegs günstig; möglich, daß sie
ethnographisch gebunden und gelungen ist; von jedem andern Stand-
punkt aus muß sie unklar genannt werden. Bei der Farbengebung
aber wurde ein Ton angeschlagen, der unverständlich und naturwidrig
ist. Die Zeichnung dagegen ist lebensvoll und markant hervortretend.

Einen trefflichen Styl besitzt A. Moradei. Das „Milch-
mädchen aus Ravenna" tritt uns in einfach klarer Weise entgegen,
aber hinter dieser scheinbar einfältigen Behandlung birgt sich eine
Menge hoher Schönheiten: lebensduftende Darstellung, edelste Formen,
frische natürliche Farben.

Von packender Humoristik ist ein kleines Bild von I. Qua-
drone, „Der überraschte Buffon". Ein solcher hat sich in den
Ahnensaal seines Herrn eingeschlichen, einen Sessel bestiegen und
dem Bilde einer alten Ahnfrau ein Schnurbärtchen verliehen. Eben
als er kichernd sein Werk betrachtet, schleicht sich der Herr au ihn
heran und im gleichen Augenblicke schwirrt eine Reitgerte durch die

Luft. Der arme Buffone! Das Gemälde trägt völlig

französischen Typus.

A. Bensa stellte ein Paar Bilder aus, deren jedes die Rokoko-
zeit behandelt, und dies sehr glücklich. Eine gleiche Gewandtheit
in Formen und Bewegung zeigen die „Ulanen" des Herrn Breid-
 
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