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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0263

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wiesers; doch läßt sich in diesem koloristisch sehr wahr ausgeführten
Bilde die Anwandlung von ängstlicher, ja furchtsamer Sorgfalt nicht
verleugnen, eine Korrektheit, die jede Linie haarklein erkennen lassen
möchte.

Vergeblich würde L. Minnigerode einen weichen. Styl in
der ganzen Ausstellung suchen, als welcher der in seinem „Am
Morgen" ist. Eine Frau in Morgentoilette, aber auf eine Weise
dargestellt, daß man sie entweder für ein Traumbild oder ein ge-
wöhnliches wieder abkonterfeites Gemälde halten muß.

Vom Ungarn Csillagi sind Portraits ausgestellt, denen eine
treffliche naturgetreue Darstellung und feine Ausarbeitung nachgesagt
werden muß.

R. München, im August. (Kunstwanderungen in und
außerhalb Münchens.) Als ich kürzlich Professor Wilhelm
Dietz besuchte, der bekanntlich als Schüler der münchener Akademie
sich als einer der Wenigen, welche mit Piloty's Anschauungen nicht
einverstanden waren, früh selbstständig machte, fand ich ihn mit der
Vollendung eines ganz vortrefflichen kleinen Bildes beschäftigt, das
den „Halt einer vornehmen Reisegesellschaft des siebzehnten Jahr-
hunderts in einem elenden Dorfe" zum Gegenstände hat. Dietz begnügt
sich nie damit, irgend eine bestimmte, ihn malerisch aumuthende Scene
darzustellen; er bringt in seinen Bildern allzeit den kulturgeschichtlichen
Charakter der Zeitperiode zum Ausdruck und ist wie wenige Künstler
mit dem des siebzehnten Jahrhunderts vertraut. Dadurch erhalten
seine Arbeiten neben dem eigentlichen Kunstwerth noch einen hohen
kulturhistorischen. Das gilt denn auch von dem neuesten Bilde
des hochbegabten Künstlers. An einer halbverfallenen Schenke
hält ein von Gold strotzender riesiger Wagen, den ein zahlreiches
Gefolge von Berittenen umgiebt, während sich ein Schwarm von zer-
lumpten Bettlern, Landstreichern und Krüppeln, wie sie der dreißig-
jährige Krieg zu Tausenden schuf, um die vornehme Gesellschaft
drängt. Der Gegensatz des kolossalen Aufwandes einzelner Großen,
die Behäbigkeit und der Hochmuth ihres Gefolges und das grenzen-
lose Elend der Dörfler ist niit staunenswerther Wirkung zur An-
schauung gebracht. Ebenso hoch als in Bezug auf Konception steht
das Bild hinsichtlich der Komposition und der Trefflichkeit des Ko-
lorites, das der Künstler mit seltener Sicherheit beherrscht.

Die Schüler Piloty's feierten die Beförderung ihres Lehrers
zum Akademiedirektor durch ein ländliches Fest in Buchhof, einer länd-
lichen Besitzung des Herrn Guido van Maffei in der Nähe des Starn-
berger-See's. Eine gut angeordnete pantomimische Vorstellung führte
die Hauptpersonen von Piloty's größeren Gemälden vor, und dann
wurde dem Gefeierten ein sehr schön gearbeiteter Pokal sammt einem
vom Akademieprofessor Wagner, einem früheren Schüler Piloty's,
ausgeführtes Gedenkblatt überreicht. Piloty erwiderte seinerseits
die Aufmerksamkeit seiner Schüler durch ein in seinem Hause und
Garten veranstaltetes Fest, bei welchem es an sinnigen Trinksprüchen
und ernsten und heiteren Ansprachen um so weniger fehlte, als die
Stimmung durch die Anwesenheit schöner Damen wesentlich erhöht
ward. Außer Schülern Piloty's waren nur wenige andere Personen
geladen.

Das Nationaldenkmal für König Maximilian II. von Zumbusch
geht in der Erzgießerei seiner Vollendung entgegen. Im Hinblick
darauf wurden auch die Arbeiten zur Herstellung des Grundbaues
für dasselbe in dem Rondell östlich vom Forum der Maximilians-
Straße in Angriff genommen. Zufälliger Weise befindet sich ein
Theil des zu überbauenden Grundes gerade über einem Jsarkanale,
in Folge dessen zunächst dieser verlegt werden muß, da man bei der
ungeheuren Last des Denkmals eine Ueberwölbung des Kanals mit
Recht nicht für genügend sicher hält. Wie hoch übrigens die Auf-

stellungskosteu sich stellen werden, läßt sich annähernd daraus ent-
nehmen, daß die Aufstellung der Gypsmodelle des Denkmals auf
der Wiener Weltausstellung einen Aufwand von eilftausend Gulden
erheischte, den die Kabinetskasse des Königs Ludwig II. von Bayern
deckte. Der Voranschlag hatte ursprünglich nur sechstausend Gulden
entziffert. Damals geschah es auch, daß in Folge des bekannten Sturms,
der wenige Tage nach der Eröffnung der Ausstellung wüthete, eine
der allegorischen Figuren am Sockel des Denkmals herabstürzte und
in Trümmer brach, was einen bekannten Wiener Feuilletonisten
nicht hinderte, die Figuren des Denknials für in Erz gegossen zu
halten.

Die Ausstattung des unter dem Namen Linderhof bekannten
königlichen Lustschlosses nahe dem Ursprünge der Ammer ist noch
immer nicht zu Ende gediehen. So hat erst dieser Tage der hiesige
Schlossermeister Kölbl vier höchst gelungene schmiedeiserne Balkon-
gitter im Style der französischen Renaissance aus der Zeit Ludwigs
des Vierzehnten dahin abgeliefert. Die Stirnseite des Gitterkorbes
bildet den königlichen Namenszug unter der Krone und am Gitter-
korbe selber entfaltet sich in geschmackvoller freier Bewegung reiches
Laubwerk. Es zeigt sich auch in dieser Richtung ein Fortschritt zum
Besseren. Den schönen schmiedeisernen Gittern am Hause des Baron
Schack an der Kriennerstraße folgte nun die eben bezeichnete Arbeit
und vielleicht ist der bis jetzt alleinherrschende Eisenguß früher ver-
drängt, als man noch vor Kurzem hoffen durfte. Ein künstlerisch
gebildetes Auge kann sich eben auch an den besten Gußarbeiten
dieser Art nicht erfreuen; es fehlt ihnen unter allen Umständen, mag
die Zeichnung noch so gut und der Guß noch so trefflich sein, das
innere Leben, das nur der Arbeit der Hand innewohnt.

Vor einiger Zeit übertrug König Ludwig II. dem berühmten
französischen Kleinmeister Meissonier die Herstellung des Entwurfes
eines großen silbernen Tafelaufsatzes und wurde derselbe von dem
wackeren Meister Eduard Wollenweber trefflich ausgeführt.

R. Rom, im August. (Grab- und Denkmäler; Tod
Cipolla's; ans dem Kapitolinischen Museum.) In San
Elemente hat sich ein reicher Fremder kürzlich bei Lebzeiten ein Grab-
mal errichten lassen, das die Aufmerksamkeit der Besucher der Kirche
auf sich zieht. Der Entwurf desselben ist vom ArchitektenVespignani,
die Marmorgruppe von Forlivesi. Dieselbe besteht aus drei Figuren,
dem künftigen Todten und zwei Genien, einem weinenden irdischen
Genius und einem die Hoffnung repräsentirenden himmlischen. Das
Werk Forlivesi's zeugt von einem hervorragenden Talente des Künst-
lers; namentlich sind die Umriffe der nackten Figuren von unge-
wöhnlicher Schönheit, während der architektonische Theil des Grafen
Vespignani etwas gedrückt erscheint. Im Großen und Ganzen mahnt
das Denkmal an die zierlichen Mausoleen aus dem vierzehnten und
dem Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts, an denen die römischen
Kirchen so reich sind. Der Knnstfreund, der das Denkmal, wie es
scheint zumeist im Interesse der Kunst, ausführen ließ, ist der Graf
Bartolomeo di Basterot, Wittwer der Maria Paolina de Fay de la
Tour Maubourg, Tochter des Marchese Giusto Pons Fiorimondo
de la Tour Maubourg, gewesenen Gesandten Frankreichs beim päpst-
lichen Stuhl während der Restauration. Der Besteller, ein rüstiger
Greis von 74 Jahren, überwachte alle Arbeiten niit eingehendem
Verständniß und ließ sogar seine Grabschrift einmeißeln. Auf dem
Denkmale sind zwei Motto's zu lesen: „Fax hominibus bonae

voluntatis“ und „Mortis memor sibi vivens posuit.“ Die Kosten
des Denkmals betrugen 25,000 Frcs.

Der Bildhauer Giulio Monteverde zählt ohne Zweifel zu
den originellsten Künstlern unserer Zeit in Italien. Seine neueste
Arbeit ist das Modell einer Statue Mazzini's in großen Maaß-
 
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