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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0270

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gesandt worden sind. Nach „darüber eingezogenen Erkundigungen"
habe die Jury dieselben wegen ihrer Unbedeutenheit refusirt, ein
Urtheil, welches von den Besuchern der dresdener und wiener
Kunstausstellung, in welcher die beiden Bilder ausgestellt waren,
fast einstimmig bestätigt werde." Wenn diese, wie es scheint,
nicht ohne Absicht in die Zeitungen gebrachte Notiz auf Wahr-
heit beruht, dann muß es dem Unbefangenen doppelt auffällig
erscheinen, daß trotz alledem so viel mittelmäßige, ja schülerhafte
Produkte — freilich nicht von auswärtigen Künstlern — Auf-
nahme gefunden haben, und man fragt sich unwillkürlich, auf
welchem Niveau der Kunstleistung wohl die „6—700" znrück-
gewiesenen Bilder gestanden haben können.

Der mit der Eröffnung der Ausstellung ausgegebene Ka-
talog umfaßt im Ganzen 1067 Nummern, wovon 917 auf Ge-
mälde und Zeichnungen, etwa 100 auf Skulpturen, die übrigen

auf Kupferstiche, Lithographien und Holzschnitte kommen. Es ist
uns ausgefallen, daß der Katalog diesmal sich nicht damit be-
gnügt, die verkäuflichen Bilder als solche namhaft zu machen —•
Was uns für eine Ausstellung der königl. Akademie, die ja doch
kein Kunstmarkt sein soll, niemals recht passend erschienen ist —,
sondern sogar bei vielen Werken (warum dann nicht bei allen?)
sogar die Verkaufspreise angiebt. Im Uebrigen hat sich diesmal
der Verfasser des Katalogs, wie es scheint, bei Zeiten vorgesehen,
um für die obligaten Nekrologe der innerhalb der beiden letzten
Jahre verstorbenen Mitglieder der Akademie ein ergiebigeres
Material zu sammeln. Daß dabei von einer kritischen Sichtung
desselben, geschweige von einer einheitlichen Bearbeitung etwas
zu merken, ivar freilich nicht zu erwarten. Den Inhalt davon an-
zugeben, halten wir deshalb für uunöthig, weil die Daten unseren
Lesern meist aus unserm eigenen Journal bekannt sind. M. Sr.

Korrespondenzen.

ünchen, 6. September. (Ausstellung im Kunst-
Verein.) In der letzten Zeit hatte die Lokal-Aus-
stellung der münchener Künstler-Genossenschaft eine
WS zahlreichere Beschickung von Novitäten als der Kunst-
Verein. Mit dem Nahen des Herbstes wird jedoch
im Kunst-Verein ohne Zweifel wieder eine größere
Anzahl neuerer Werke ausgestellt werden, über die ich Ihnen seiner
Zeit berichten werde. Wenn über den Absatz der Bilder in verschiede-
nen auswärtigen Zeitungen im Allgemeinen geklagt wird, so hat dies
auf die münchener Werke weniger Bezug. Denn nicht nur ist der
Verkauf der Bilder in der Lokal-Ausstellung ein verhältnißmäßig
nicht unbedeutender, sondern auch in den hiesigen Kunsthandlungen
sind, wie ich gehört, bedeutendere Verkaufe zum Abschluß gelangt.
Die Stoßseufzer auswärtiger Journale über die geringe Kauflust
für Bilder erstrecken sich jedenfalls nicht auf die Werke der mün-
chener Künstler, oder jene sind doch weniger begründet, als dies
in anderen Kunststädten der Fall sein mag. Ueberhaupt möchte ich
die Korrespondenten jener Zeitungen daraus aufmerksam machen, daß
die große Masse mittelmäßiger Werke nicht im Einklang mit den
besseren Bildern zu bringen und aus dem Nichtverkauf jener auf
den Mangel an Kauflust überhaupt zu schließen ist.

Im Kunstverein erregte ein kleineres Bild von Wilh. Diez
allgemeines Interesse; besonders waren es Künstler, welche sich das
Gemälde sehr häufig ansahen. — Obgleich dasselbe bereits, in dem
letzten Briefe Ihres Herrn R. Korrespondenten besprochen wurde,
so kann ich doch nicht umhin, auch von meinem Standpunkt aus
einige Bemerkungen darüber zu machen. Das Bild stellt eine
„Reisescene aus dem 17. Jahrhundert" dar. Eine schwerfällige
Staatskarosse hält auf miserablem Wege vor einem schlichten
Bauernhause. Aus diesem aber und aus der Nachbarschaft hat
sich eine Menge Volk eiugefunden, in Lumpen gekleidetes Gesindel.
Mit dieser Armuth kontrastiren die Kavaliere in ihren reichen Uni-
formen. Keine Deputation hält da Vortrag über das tiefe Elend,
aber Alle strecken bittend die Arme und Hände dem Serenissimus
entgegen. Diez malte hier echt Teniers'sche Gestalten, die aber mehr
als Staffage auftreten, während die berittenen Kavaliere als Haupt-
sache erscheinen. Erstaunlich ist der Fleiß, mit dem alle Figuren
ausgeführt sind, ohne jedoch dabei in jenen spitzen, harten Vortrag
zu fallen, wie ihn mehrere moderne Kleinmaler besitzen. Diez kon-
turirt sehr sicher, aber weich, und innerhalb des Umrisses sind die
Figuren leicht und' keck kolorirt. Dem Künstler war es offenbar
darum zu thun, durch Schönheit des Tones und nicht durch wohl-

feile Kontraste zu wirken, und in der That ist die Tonstimmung
eine ebenso zarte wie harmonische. Einzelne Gruppen, wie z. B.
diejenige, welche den Staatswagen unmittelbar umgeben, sind von
außerordentlicher Schönheit, die Köpfe oft nur von ein drittel Cen-
timeter Größe, innerhalb derselben vortrefflich charakterisirt. Ganz
besonders gelungen erscheinen die Pferde, die mit seltener Vollendung
gezeichnet sind. Wir stehen nicht an, diese Leistung als eine sehr her-
vorragende im Gebiete der modernen Kunst zu bezeichnen.

E. Kurzbauer's „Stürmischer Verlobungstag" bringt uns
fünf Figuren in einer Bauernstube zur Anschauung. Das junge
Pärchen hat zusammen Kaffee getrunken, die Unterhaltung ist in
schönster Harmonie verlaufen, bis die Erklärung des jungen Freiers
kam. Von einem Jawort will aber der alte stramme Bauer nichts
wissen, alle Ueberredungskünste der Ehehälfte scheinen da wenig zu
fruchten, doch scheint das Paar die Hoffnung einer endlichen Zusage
noch nicht aufgegeben zu haben. Auch hier hat der Künstler es be-
sonders auf einen harmonischen Gesammtton abgesehen, bei dem je-
doch Einzelnes sich nicht recht abhebt, wie z. B. die Weste des
Alten, die mit dem Hintergründe zusammenfällt. Dagegen sind die
Köpfe, wie das bei Kurzbauer nicht anders zu erwarten ist, sehr
gut individualisirt und auch die Komposition glücklich entworfen.
Strenge Zeichner sind allerdings der Ansicht, daß die Figuren den
Köpfen gegenüber zu lang gerathen sind.

L. von Hagn stellte „Mönche beim Kugelspiel" aus und
brachte damit ein Werk, dessen wesentliche Verdienste im Kolorit
liegen. Die einzelnen Figuren sind lebendig und weich entworfen;
in der Komposition hat der Künstler es weniger auf einen centralen
Aufbau, als auf eine naturalistische willkürliche Zusammenstellung
abgesehen. Der Schwerpunkt des Bildes liegt in dem malerischen
Ensemble und nicht in der Jndividualisirung des Einzelnen; dem-
gemäß sind die Köpfe wenig ausgeführt. Nach meinem Dafürhalten
würde das Bild wesentlich günstiger wirken, wenn die Architektur
weniger tief gezeichnet wäre, die jetzt auf die Figuren zu sehr drückt.

Hugo Kauffmann's „Schweinehändler" zeigen uns den Künst-
ler von einer neuen Seite des Vortrags, die mir jedoch zu sehr Ver-
blasen und flau erscheint. Dagegen sind die Figuren sehr gut ge-
zeichnet, das Bild im Ganzen recht glücklich arrangirt.

I. F. Hennings brachte eine „Allee auf dem Wege nach
Wilhelmshöhe bei Kassel" und zeigte hierin wieder sein hervor-
ragendes koloristisches Können und volle Beherrschung der malerischen
Mittel. Es ist eine heiße Vormittagsstimmung. Unter den alten
Bäumen bewegen sich größere Staffagen im Zopfkostüm. Die
 
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