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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0271

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poetische Stimmung ist mit großer Wahrheit wiedergegebeu, vor-
trefflich ausgedrückt sind die tiefen, und doch sonnigen Schatten, das
glänzende Laub, auf dem die Sonnenlichter spielen. Ebenso verdient
die Ausführung der Staffage alle Anerkennung. Man verweilt gern
länger vor dem poetisch so anziehend geschilderten Bilde.

Im Thiergenre ist eine „Kuhheerde" von A. Braith aus-
gestellt, in der die Thiere mit viel Bewegung und vortrefflicher
Charakteristik wiedergegeben sind. Braith's besondere Begabung liegt
in dem frischen Erfassen des Stoffes, in der Darstellung der Be-
wegung der Thiere ist er Meister; das Kolorit ist klar und kräftig.

Mit der Auffassung der „Wacht am Rhein" (Gypsmodell) von
Chr. Roth kann ich mich nicht einverstanden erklären. Der alte
keulenbewaffnete Germane mit dem Rindsleder bekleidet wirkt viel
zu genremäßig. Der Künstler hat den Felsen eine zu bedeutende
Rolle angewiesen, auf denen die Statue entschieden zu klein erscheint.

R. München, im September.- (Kuustwanderungen in
und außerhalb Münchens. Schluß.) Von einem Ausfluge nach
Oberfranken heimgekehrt, der mich auch nach Kranach, der Heimath
Lukas Sunder's oder Sünder's, führte, den die Welt gewöhnlich nur
als Lukas Kranach kennt, möchte ich Ihnen von meinem Besuche des
Marktfleckens Neuhaus im Herzogthume Sachsen-Meiningen Bericht
erstatten, da ich dort Kunstschätze sah, die weit weniger bekannt sind
als sie verdienen. Die letzte Zeit vor dem dreißigjährigen Kriege er-
freut sich in der deutschen Kunstgeschichte keiner sonderlichen Werth-
schätzung und doch hat man in der zu Ende des 16. Jahrh. erbauten
Kirche des genannten Fleckens Gelegenheit sich zu überzeugen, daß die
edle Kunst Peter Vischer's in jener Zeit noch meisterlich geübt ward.
Unter zwei im Pflaster der Sakristei eingelassenen Holzdeckeln sieht
mau, nachdem dieselben zurückgeschlagen worden, zwei in Erz ge-
gossene Platten, welche die darunter befindliche Gruft bedecken. Es
sind die Denkmale des Gründers der Kirche, des Ritters Hans
Friedrich Gottsmann auf Neuhaus, Büg, ■ Thurn und Brand und
seiner Hausfrau Magdalena aus dem Hause der Ebleben-Tannenstein,
welche 1605 starb und ihrem Ehegatten fünf Jahre vorausging.
Beide Erzplatten zeigen die lebensgroßen Bildnisse der genannten
Ehegatten, und ist auffallender Weise das des Ritters in Hoch-, das
seiner Hausfrau in Flachrelief ausgeführt. Der Künstler hat den
frommen Ritter in voller Rüstung, aber unbedeckten Hauptes dar-
gestellt. Den Hals umgiebt eine faltenreiche Krause, an der Seite
hängt das Schwert; um die Brust schlingt sich eine Schärpe und
die Rechte hält den Kommandostab. Zwischen den Füßen des Ritters
steht der Helm mit wallendem Federschmuck. Die Gemahlin des
Ritters ist in ein bis auf die nur theilweise sichtbaren Schuhe
faltenlos herabfallendes Kleid gehüllt, das mit einem kragenartigen
Ueberwurf versehen ist. Sie trägt eine Haube und gleichfalls eine
Halskrause und hält die mit Perlenschnüren umgebenen Hände ge-
faltet über der Brust. Gestalt und Gesichtszüge sind voll Ebenmaaß
und Schönheit; namentlich ausdrucksvoll aber ist der Kopf des
Ritters. An den vier Ecken hat der Künstler adelige Wappen an-
gebracht. Seinen Namen hat er nirgends genannt, doch kann man
nicht lange darüber im Unklaren sein, daß es sich um einen nürn-
berger Meister handelt, der sich unter dem Einfluß der Traditionen
des 16. Jahrhunderts gebildet.

Prof. Halbig legt eben die letzte Hand an die vier Cherubine
zu dem Sockel seiner kolossalen Kreuzigungs-Gruppe für Ober-
ammergau, deren Ausführung ihm vom Könige Ludwig II. über-
tragen wurde. Damit erscheint die Arbeit vollendet. Jndeß wird
die Gruppe in diesem Jahre nicht mehr zur Aufstellung gelangen.
Die Ueberführung nach Oberammergau und namentlich von dort
auf die Höhe oberhalb des Dorfes, auf der die Gruppe aufgestellt

werden soll, dürfte mit nicht wenigen Schwierigkeiten verbunden sein
und große Kosten veranlassen.

Nachdem vor mehr als vier Jahren die Restauration der alt-
ehrwürdigen Robertuskirche in Enkenbach in der bayerischen Pfalz
beschlossen worden, waren seither verschiedene Architekten mit der
Ausarbeitung darauf bezüglicher Pläne betraut. Die Aufgabe ist
eine ungewöhnlich schwierige, denn es wird ein Neubau des Thurmes
in der Eigenart des interessanten Bauwerkes kaum umgangen werden
können. Diese aber ist eine ganz besondere. Die Kirche gehört der
Zeit des Uebergangs vom romanischen zum gothischen Styl an und
besteht blos aus einem Haupt- und einem Seitenschiff. Wahrscheinlich
befand sich an der Stelle des zweiten Seitenschiffes ein auf gleichem
Niveau liegender Kreuzgang. Dafür sprechen wenigstens vier noch
erhaltene direkt an das Mittelschiff sich anschließende Gewölbe. Auf-
fällig gering erscheint die lichte Höhe dieses Kreuzganges. Der Grund
davon liegt darin, daß über demselben eine Empore angebracht war,
die mit dem Kreuzgang zusammen genau so hoch ist als das Seiten-
schiff. Eine andere Eigenthümlichkeit des Baues ist, daß diese Em-
pore nicht vier, sondern sechs Gewölbefelder hat, eine Anlage, die
sich am natürlichsten aus der geringen Höhe erklärt. Der untere
südliche Gang war nie gegen das Mittelschiff der Kirche hin offen,
denn die Ortbögen der Gewölbe in den vier Gewölbefeldcrn des
Kreuzganges und den sechs der Empore sind keine Gurtbögen und
gehen auch nicht durch die ganze Mauerstärke hindurch. Vom Quer-
hause ist dermal nur mehr der nördliche Arm erhalten, der südliche
aber zerstört. Wahrscheinlich hatte auch dieser zwei Geschosse über-
einander und dürste die obere Empore von den Nonnen benutzt
worden sein.

Friedrich Bodenmüller, dessen „Schlacht von Sedan"
durch den König erworben und der Neuen Pinakothek feines Groß-
vaters einverleibt wurde, arbeitet dermal an einem fünfzehn Fuß
langen und siebeneinhalb Fuß hohen Bilde der „Schlacht bei Wörth",
das seiner Vollendung entgegen geht. Der wackere Künstler hat sich
seine Aufgabe nichts weniger als leicht gemacht. Er zeigt nämlich
den Kampf der Jnfanteriemassen in dem Walde, auf dessen Höhe
das Dorf Fröschweiler liegt. Die Bayern haben trotz des furcht-
baren Feuers der Franzosen diese aus der gedeckten Stellung geworfen
und treiben sie nun den mit Buchen schön bestandenen Berg hinan,
während links im Bilde Preußen Schulter an Schulter mit ihnen
kämpfen. Jeder Stamm dient zur Deckung und unten drängen
immer neue Schaareu nach. Unter denen, die dem nur langsam
zurückweicheuden Feind auf der Ferse folgen, bemerkt man den Gene-
ral v. Orff, der sich dort den Max-Josef-Orden holte. Weiter links
ist unter einem preußischen Obersten das Pferd getödtet worden und
er führt seine Leute nun zu Fuß weiter. Unten aber naht General
v. d. Tann mit seinem Stab und im engen Thale draußen sieht
man gefangene Franzosen. Die Natur des Terrains stellte dem
Künstler, der, nebenbei bemerkt, die Schlacht als bayerischer Artillerist
mitmachte, nicht geringere Hindernisse entgegen als seinerzeit den
Truppen: es verwies ihn auf die Darstellung des Eiuzelkämpfes,
ohne ihm die Vortheile zu gewähren, welche die Vorführung eines
Handgemenges gewährt. Nicht minder mußte er davon absehen, ein
auf dem Bilde so überaus wirksames Reitergefecht mit hereinzuziehen.

Seit mehr als sechs Wochen ist die Art und Weise der Um-
rahmung festgestellt, welche R o ttm ann 's Fr e s k e n in den Hofgartcn-
Arkaden erhalten sollen. Trotzdem aber ist bis heute noch nicht ein
Rahmen hergestellt und steht der leidige, den lebhaften Verkehr au
dieser Stelle in widerwärtigster Weise hemmende, Bretterkasten noch
immer an derselben Stelle. Wenn das so fortgeht, so dauert die
Arbeit des Dekorationsmalers länger als die des verewigten Meisters.
Vor einiger Zeit regte ich in den Münchener Neuesten Nachrichten,
 
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