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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0294

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Regen", während das andere Prädikat vorzugsweise de» „Adler-,
Drachen- und Löwenkämpfen" gelten möchte, sowie auch dem „Liebes-
rausch". Das Werk — als Ganzes — wäre sicherlich eines der
weitaus bedeutendsten unter des Meisters doch so zahlreichen groß-
artigen Schöpfungen geworden, hätte ihn nicht ein unerwarteter Ein-
tritt die Vollendung unmöglich gemacht. Doch auch so noch, als
Bruchstücke in den größesten Dimensionen, verdient das Dargebotene
sicherlich alle Beachtung und Anerkennung seitens der Kunstkenner
wie der vielen Freunde Kaulbach's.

W. München, den 18. September. (Halbig's neuestes
Denkmal; M. von Beckerath's Carton; Beförderungen
von Defregger, Leubach rc.; Böcklin's Uebersiedelung
nach Italien; Genelli's Nachlaß.) Vor etlichen Tagen und
zwar unmittelbar vor der Uebersiedelung in die von dem trefflichen
Inspektor von Miller seit Jahren in bewährtester Weise geleitete
königliche Erzgießerei-Anstalt dahier, wo der Guß zur Ausführung
kommen wird, hatte ich die gewünschte Gelegenheit, das von Pro-
fessor Johannes Halbig hier, Professor der Bildhauerkunst ander
hiesigen königlichen Akademie der bildenden Künste, hergestellte Mo-
dell zu der kolossalen Reiterstatue des verstorbenen Königs Wil-
helm l. von Württemberg zu sehen und zu bewundern. Dieses be-
deutende Denkmal soll den: unvergeßlichen König in Kannstatt er-
richtet werden, wo der Wilhelmsplatz, — welcher von ihm seinen
Namen trägt — zur Aufstellung bestimmt ist. — Sicherlich wird
es eine schöne Zierde desselben werden. — Das Modell Halbig's
ist aber auch eiu in jeder Beziehung unübertreffliches, um nicht zu
sagen unerreichbares Meisterwerk! Das edele Kolossalroß ist in
allen seinen Theileu durchaus vollendet, im vollsten Ebcnmaaß ge-
halten und die Bezäumung des Kopfes eine angemessene, sehr ge-
schmackvolle. Die Auffassung des alten königlichen Herrn zeugt von
einer wahrhaft innigen Verschmelzung des Erhabenen und Idealen
mit allen, auch den strengsten, Anforderungen einer korrekten Plastik.
An den Gesichtszügen des Monarchen hat man eine überraschende
Portraitähnlichkeit zu bewundern, ein Vorzug, welcher sich nur und
allein durch die gewissenhafte Benutzung einer eigens hierzu aus
Stuttgart beigeschaffteu Todtenmaske erklären läßt. Ein weiter,
wallender Mantel mit reicher Fülle der Ornamentik fällt in un-
nachahmlich naturgetreuem Faltenwurf wallend von den Schultern
des Reiters herab. Die Rechte scheint dem geliebten württembergi-
schen Volke die Verfassung surkuude darzureichen.

Es ist in ganz Deutschland wohl noch unvergessen, daß König
Wilhelm I. der erste unter Deutschland's Fürsten war, der seinem
Lande eine Verfassung zu geben den Muth hatte. Die ganze Art
und Weise, wie dieses geschichtliche Motiv als Moment der Dar-
stellung erfaßt und vom Künstler plastisch zum vollen Ausdrucke ge-
bracht ist, — Das ist es, was man an diesem Erzbilde als das
wesentlich Charakteristische zu erkennen hat. Zugleich ist es aber
auch das erste und bedeutendste Erforderniß eines jeden geschichtlichen
Denkmals der Art. Ein solches hat außerdem keinerlei wahren
Werth, weder für die Mitwelt, noch viel weniger für spätere
Generationen. — Auch in diesem Werke dürfte sich der Altmeister
Halbig wiederum als einer der ersten unter den deutschen Bildhauern
der Gegenwart erwiesen haben: sicherlich ist es ein neuer Zweig
in seinem schon starken, nie welkenden Lorbeerkranz. Leider erlitt das
Gypsmodell in Folge der etwas zu kräftigen Bewegung bei der
Fortschaffung in die ziemlich entfernte königliche Erzgießereianstalt
einige nicht ganz unerhebliche Beschädigungen, die eine aufhältliche
Vorkehrung erheischten.

Bon M. von Beckerath war unlängst in seiner Werkstatt
ein Carton zu sehen, welcher jetzt gelegentlich der gewöhnlichen
Wochenausstellung des hiesigen Kunstvereines dem Publikum vor-

liegt, zu sehen. — Der Künstler hat sich einen recht dankbaren ge-
schichtlichen Stoff für seine Schöpfung ausgewählt, indem er sich
„die Darbringung der deutschen Kaiserkrone durch Ludwig n. von
Bayern" entschied. Wir sehen da auf Beckeurath's Arbeit die
deutschen Fürsten alle, voran die jugendlich schöne Gestalt des
Königs, im festlichen Zuge vor den König Wilhelm von Preußen
treten, ihm die deutsche Kaiserkrone darzubringen. Ueber dem jungen
König schwebt der Genius des Ruhmes, indem er ihm die Strahlcn-
krone auf das Lockeuhaupt drückt. Hinter dem siegreichen Führer
der deutschen Heere in Welschland sieht man die festen Säulen des
deutschen Reiches, den Kronprinzen von Preußen, Bismarck und
Moltke. Ein ächt und wahrhaft nationaler Geist ist es, der aus
dem Bilde hier zu uns spricht, — und just dieses muß ihm als
sein hauptsächlichstes Verdienst angerechnet werden. — Außerdem sah
ich unlängst bei einigen geschätzten Künstlern gar manches werth-
volle neue Gemälde, deren mehrere jetzt in der Kunstvereins-Aus-
stellung zu beschauen sind: Pichler hat in seinem neuesten Bilde
„Entre nous“ ein geschmackvolles, sehr ansprechendes Genregemäldchen
vollendet, Eduard Kurzbauer eiu etwas größeres, reizendes
Bild „Am Verlobungstage" oder, wie mau es bezeichnen mag. Der
weitgeschätzte Landschaftler Millner hat eine Anzahl Gemälde,
Darstellungen aus den bayerischen, salzburger, tyroler und schweizer
Alpengebirgcn theils vollendet, theils legt er an sie die letzte Hand.
Alles sind wahrhafte Meisterleistungen. Julius Benczur hier,
ein geborener Ungar, unter den Schülern des Direktors Karl von
Piloty wohl in der Geschichtsmalerei hier einer der genialsten,
arbeitet anhaltend an der Vollendung eines sehr großen Gemäldes,
welches die königliche ungarische Regierung bei ihm zur Aufnahnie
in das Nationalmnseum in Pesth bestellte: „König Stephan's I.
— des Heiligen — von Ungarn Taufe", eine sehr umfängliche
Leinwand mit 8 überlebensgroßen Hauptfiguren.

Ich weiß nicht, ob Sie bereits von einigen Auszeichnungen
berichtet haben, welche in der letzten Zeit namhaften hiesigen
Künstlern zu Theil geworden sind, Auszeichnungen für großes Ver-
dienst. Franz Defregger und Franz Leubach dahier wurden zu
Mitgliedern der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien,
Architekt Georg Hauberrisser (aus Graz) dahier, der geniale
Erbauer des hiesigen neuen Rathhauses — von dem ich Ihnen
demnächst eine eingehendere beschreibende Mittheiluug machen werde
—• und der oben Eingangs erwähnte k. Erzgießerei-Jnspektor Ferdi-
nand von Miller zu Mitgliedern der hiesigen königl. Akademie
der bildenden Künste ernannt. Man wird kaum fehl gehen, wenn
man die Auszeichnung Miller's mit seinen erfolgreichen Bemühun-
gen als bayerischer Abgeordneter zur zweiten Kammer für den Neu-
bau einer würdigen, allen Anforderungen der Jetztzeit an die Kunst
entsprechenden Akademiegebäudes in Verbindung bringt.

Der geschätzte Geschichtsmaler Arnold Böcklin (aus Basel),
seit langer Zeit hier, wird München demnächst für immer den
Rücken kehren. Er zieht gen Süden, nach Italien und sich zu-
vörderst in Florenz niederlassen.

Mit Interesse hört man hier, Genelli's vieljährigem Auf-
enthalte, daß ein Freiherr von Douop in Weimar binnen Kurzem
ein eingehendes Werk über den seltenen Künstler, der noch viel zu
wenig gewürdigt, publiciren wird. Der Biograph ist von vielen
Seiten literarisch und künstlerisch bei seinem großen Unternehmen
unterstützt worden. Wünschen wir nur, daß das Werk des Verfassers,
dessen Namen bisher literarisch noch nicht bekannt wurde, eines Künst-
lers, wie Bonaventura Genelli, würdig sein möge.

Ick. K. Wien, Ende Septbr. (Permanente Ausstellung
im Künstlerhause.) Eine neue Einrichtung besteht seit einigen
Wochen in diesen Ausstellungsräumen. Im Saale linker Hand be-
 
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