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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0334

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326

In den Wintertagen hingegen ergötzte er sich dann daran, aus
Papier allerhand Gestalten zu schneiden. Freilich wurde diesen
sich aus die Sommer- und Wintersaison vertheilenden autodi-
daktischen Kunstvelleitäten des fröhlich Heranwachsenden Knaben
von keiner Seite, auch vom Vater nicht, Beachtung geschenkt,
und so ging des jungen Franz Hirten- und Schnitzler- und
Kritzlerleben bald genug, für seine Liebhaberei wohl zu frühe,
zu Ende. Denn kaum war er groß und kräftig genug geworden,
um der landwirthschaftlichen Beschäftigung ganz gewachsen zu
sein, so bestellte ihn auch schon der Vater gleichsam als Kon-
direktor und Stellvertreter auf seinem Gehöfte. Diese Standes-
erhöhung aber gab dem Avancirten so vollauf zu thun, daß
er Zeichnen und Schnitzeln und Ausschneiden hübsch bleiben
lassen mußte und, so schien es wenigstens in der ersten
Zeit, diese drei herrlichen Beschäftigungen seiner früheren Jahre
ganz vergaß. — Dazu kam denn noch das Hinscheiden des ge-
liebten Vaters im Jahre 1858, welches dem Sohne, dem erst
23jährigen, die Uebernahme der ganzen Gutsbewirthschaftung
zur Pflicht machte. •— Er wirthschaftete seitdem, indessen nur
zwei Jahre lang. Einestheils nämlich verspürte er gar geringe
Lust an dem Stande eines Landwirthes, wozu noch mancherlei
Verdrießlichkeiten und Mißgeschick zu allem Ueberflnß hinzukamen,
anderntheils erwachte auch die nie ganz eingeschlummerte Lieb-
haberei zu den kleinen Künsten der Kindheit wieder mächtig in
ihin. War ihm dergestalt die Wirthschaftsbeschäftigung gründlich
zuwider geworden, so mußte er bald sich einem andern Stande
zuwenden. — Nach dem Verkauf seines Anwesens dachte er
reiflich über die Wahl nach, und siehe! sie fiel, wie leicht be-
greiflich, ans die Kunst, freilich ohne rechte Klarheit, für welchen
Zweig, welches Gebiet er sich entscheiden solle. Zunächst, so
war seine Ansicht, wollte er mit der Bildhauerkunst sein Glück
versuchen, in der er ja so nette Pröbchen ehemals bereits ab-
gelegt hatte. — Er wanderte mit diesem Plane nach Innsbruck
und wendete sich dort an den Professor Stolz, dem nicht unge-
schickten Bildhauer, der ihm denn auch, nach einer überaus freund-
lichen Aufnahme, mit wahrhaft väterlichem Rathe an die Hand
ging. Sicheren Blickes hatte Stolz schon nach wenigen Monaten
Aufenthalts in dem jungen Defregger, Zögling seiner Schule,

dessen wahren Beruf zur Malerei entdeckt. Zwar hatte Franz
still und unverdrossen emsig für sich zur vollen Zufriedenheit
des Lehres gezeichnet, indessen fand er doch bald, daß der
Schüler es höchst wahrscheinlich als Maler viel weiter bringen
werde denn als Bildhauer, und theilte ihm diese seine Meinung
ganz unverholen mit. Ja, der gewissenhafte Mann ging weiter,
er begleitete den ihm werthen Kunstjünger, der sich jene An-
schauung gar rasch und ohne Skrupel angeeignet hatte, nach
München, um ihn dort mit den wärmsten Empfehlungen dem
Professor Karl Piloty zuzuführen.

Dazumal trug Franz noch seine Tiroler Lodenjoppe und
detto kurze Lederhose, trug aber im Uebrigen des äußeren
Menschen ganz den Typus eines wohlgestalteten und gescheidt
aussehenden Gebirgssohnes seiner Heimath. Auf den Rath
Professor Piloty's hin übte er sich zunächst noch ein Jahr lang
in der Kunstgewerkschule unter der Leitung des trefflichen, zu
Anfang heurigen Jahres verstorbenen Direktors und Professors
Herrmann Dyck im Zeichnen, und wurde dann in die königliche
Akademie der bildenden Künste als Schüler ausgenommen. Er
trat da in die erste Klasse ein und begann in ihr seine ersten
Versuche in der edlen Kunst der Malerei. Er blieb dort bis
zum Jahre 1863, wo er, zur Fortsetzung seiner Studien sich
nach Paris begab: in der französischen Hauptstadt weilte zwei
Jahre lang, bis zum Juni 1865, in welcher Zeit er gar häufig
von mächtiger Sehnsucht in die stillen, friedlichen Berge und
Thäler seines Heimathslandes gepackt wurde. In dem erregten
Jahre 1866 kehrte er nach München zurück, wo im Sonnner
des nächstsolgenden sein väterlicher Freund ihn in seine Schule
ausnahm, — ein großer Ansporn und Trieb für ihn! — Dort
bei dem allgemein anerkannten Meister, dem liebevollen Lehrer so
vieler talentbegabter Schüler, fand er in kurzer Zeit seine volle
Ausbildung. Ihm verdankt Defregger, wie er ebenso willig
als bescheiden allezeit mit dem Tone der tiefsten Ueberzeugung
erklärt, seine ganze Künstlerlaufbahn, seinen jetzigen, gewiß weit-
reichenden Künstlerruf. — Seit jener Zeit sind hier in München
alle bedeutenderen, größeren Gemälde entstanden, die jetzt über-
all bei den Freunden und Kennern der Kunst bekannt und ge-
schätzt sind. (Schluß folgt.)

Korrespondenzen.

rcsden, Ende Oktober. (Siegesdenkmal; Thea-
tervorhang.) Mit dem vom Bildhauer Henze
entworfenen Siegesdenkmal will es noch immer nicht
recht vorangehen. In Bezug ans die von den hiesigen
Stadtverordneten gewünschte Vereinfachung desselben be-
schloß der Stadtrath, vorerst den genannten Künstler
zu hören und auch das Kriegsministerium um Miltheilung eines
Verzeichnisses der im letzten Kriege gefallenen Dresdner zu er-
suchen. Die Entschließung aber darüber, ob die Namen der Ge-
fallenen an dem Denkmal angebracht werden sollen, behält sich der
Stadtrath vor. — Bei der Auswahl der zu prämiirenden Ent-
würfe für den neuen, künstlerisch auszuführenden Vorhang für das
neue königl. Hoftheater wird sich unser Finanzministerium des Bei-
raths der Herren: Oberbaurath Gottfried Semper in Wien, Di-
rektor Prof. Herm. Hettner, Gallerie-Direktor Professor Di-.
Hübner (beide in Dresden), Direktor Lessing in Karlsruhe,

Direktor von Piloty in München, Prof. Preller in Weimar,
Professor Dr. Springer in Leipzig und Professor Anton v. Wer-
ner in Berlin bedienen; dieselben haben zugesagt, daß Jeder für
sich ein schriftliches Gutachten über die einzelnen Entwürfe, welche
bis zum 15. Februar 1875 beim Finanzministerium einzureichen
sind, abzugeben bereit ist. Am 81. März 1876 werden nach ge-
troffener Entscheidung die zu den gewählten Entwürfen gehörigen
Couverts geöffnet und die Namen der Prämiirten veröffentlicht.
Für den besten Entwurf sind 5000 Mark, für den zweitbesten 2000
Mark, für den drittbesten 1500 Mark ausgesetzt worden. (S. das
Inserat in dieser Nummer.)

11. II. Wien, Ende Oktober. (Ausstellung im öster-
reichischen Kunst verein; Conräd er 's Oe lg emälde „Kaiser
Josephs II. Tod".) Der fünfundzwanzigste Jahrgang des öster-
reichischen Kunstvereins repräsentirt sich in seiner ersten Monatsaus-
stellung auf eine reiche und vielseitige Weise und trägt in jeder Be-
 
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