Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0336

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
328

Kunst-Khronik.

edin. Wider Erwarten ist die akademische Kunst-Aus-
stellung diesmal nun doch vorigen Sonntag (am Isten
d. M.) geschlossen worden. Man hoffte, daß die gleich-
zeitig stattgefundene Eröffnung des Reichstags ein Motiv
für die Verlängerung abgeben würde.

Wien. Das große Historiengemälde „Der Tod des Kaisers
Joseph II." übt in der gegenwärtigen Ausstellung des Oesterreichi-
schen Kunstvereins noch immer eine besondere Anziehungskraft auf
die hiesigen Kunstfreunde. Die Ausstellung erfreut sich trotz der
Ungunst der Zeitverhältnisse einer lebhaften Frequenz und sind die
Säle des Vereins namentlich an Sonntagen überfüllt. Auch die
Kauflust scheint sich in erfreulicher Weise zu heben. Innerhalb der
letzten 14 Tage wurden aus der Ausstellung zwölf Gemälde, und
zwar von Achenbach, Marko, Mnnkacsi, Selleny, Stade-
mann, Ebert, de Cauwer, Voltz, Blume, Chwalla,
Petter und Hodak verkauft. Inzwischen hat der Oesterreichische
Kunstverein aus London ein zweites, sehr großes Gemälde, welches
dort schon um seiner pikanten Darstellung willen viel Interesse er-
regte, eingesendet erhalten. Es ist der „Triumphzug des Bacchus"
von C. Otto in München. Dieses Gemälde ist seil Sonntag den
1. November in die Ausstellung eingereiht, in welcher „Der Tod
Kaiser Josephs" noch bis Ende November verbleibt.

Stuhlweißenburg. Die Ausgrabungen im Garten des
Bischofspalais, welche mit großer Emsigkeit betrieben werden, haben

sehr schöne Basreliefs zu Tage gefördert. Es sind dies drei Steine,
die aus Römerzeiten herstammen. Der eine zeigt „Jphigenia aus
Tauris", der zweite (leider gespaltene) hat die Höhe eines erwachse-
nen Mannes, und sind darauf Menschen in ganzer Figur ausge-
hauen; der dritte ist von der Erdschicht, in welcher er nahezu einige
Jahrtausende gelegen haben dürfte, schwarz gefärbt. Außerdem
wurden Bruchstücke von Ornamenten gefunden, die eine sehr frühe
Gothik zeigen. An der Ostseite des höher gelegenen zweiten Gartens
stieß man soeben in der zum Theil bloSgetegten Mathiaskapelle auf
ein schönes Grab, welches vom Leiter der Ausgrabungen, Emerich
von Henszlmann, als die muthmaaßliche Begräbnißstätte des
Mathias Hunyadi bezeichnet wird. Die Ausschließung bleibt bis zur
Ankunft des ungarischen Kultusministers v. Trefort Vorbehalten.

Charolles in Burgund. Ein Landmann hat kürzlich aus
einem benachbarten Felde in Digoin einen äußerst wichtigen Fund
gemacht. Es ist dies eine prachtvolle Broncestatue eines römischen
Kaisers aus gallo-römischen Zeiten. Die Lorbeerkrone ist von der.
distinguirtesten Arbeit und zeigt, daß die Statue das Werk eines
großen Künstlers ist. Unglücklicherweise ist sie theilweise beschädigt,
da der erste Schlag der Hacke den Kopf der Statue traf. Medail-
len und mehrere andere Gegenstände, unter Anderem auch ein Tel-
ler mit Asche, ein Schwert, ein Stylet, eine hermetisch geschlossene
Kassette, ein kleiner Hirsch in Bronce, ein prächtiges goldenes Hals-
band, nebst Silber- und Goldmünzen, wurden an derselben Stelle
gefunden.

Kunstkritik.

Die nkrttlemMe Kunstruiüstellung in

(Fortsetzung.)

Merlin.

IV. Lnlturgrschichtlichrs und Ethnographisches.

(Schluß.)

on Herm. Kaulbach, dem talentvollen Sohne Wil-
helms, ist ein Bild ausgestellt, das wir des Kon-
trastes halber erwähnen, da es zwar den scheinbar
verwandten Titel trägt „Aus dem gelobten Lande",
.'aber in Wahl und Auffassung des Motivs dem vorher
Beschriebenen sehr fern liegt. Es stellt einen alten
kreuzfahrenden Haudegen dar, der einer Gesellschaft von Mönchen,
in deren Kloster er wohl auf seiner Rückwanderung Aufnahme gefun-
den, aus Dankbarkeit haarsträubende Räubergeschichten „aus dem
gelobten Lande" erzählt. Es bildet also vielmehr ein Seitenstück
zu dem außerordentlich fein charakterisirten Gemälde Grützner's
„Jägerlatein", mit welchem es auch in der Haltung des Erzählen-
den einige Aehnlichkeit hat. Von feinerer Charakteristik ist zwar
in dem Kaulbach'schen Bilde nicht viel zu merken, dafür entschädigt
es durch eine frische, kräftige Farbe und flotte Behandlung, wie sie
allen talentvolleren Pilotyschülern eigen ist. — Ein eigenthümliches
Bild ist Dansaert's „Guingette zur Zeit der Republik, 1793";
eigenthümlich freilich nur in sofern, als sein Titel, namentlich durch
Hinzufügung eines bestimmten Jahres, eine Eigenthümlichkeit er-
warten läßt, die der Darstellung selber gänzlich abgeht. „Guin-
gette" bezeichnet nämlich eine gewöhnliche kleine Wirthskneipe, wie
sie sich zu Hunderten in den Vorstädten von Paris finden. Daß
die Leute darin tanzen — denn dies ist das Motiv des Bildes —
dürfte schwerlich für das Revolutionsjahr 1793 charakteristisch sein,
denn das wird auch heute noch geschehen. Bleibt also nur das

Kostüm der Zeit — und in der That, hierauf reducirt sich die
ganze Eigenthümlichkeit, obschon auch diese, da Leute einer gewissen
Klasse wenig der Mode unterworfen sind, sehr mäßig ist. Kurz,
das Bild gehört zu der großen Zahl derjenigen, von welchen man
nicht weiß, warum sie eigentlich gemalt sind. Geschickt ist das.
Ganze gemacht, obschou für seine mäßige Größe etwas über's Knie
gebrochen in der Ausführung; aber Interesse erregt es um soweni-
ger, je mehr der Titel davon zu versprechen scheint.

Italien bietet nicht nur dem Landschafter, sondern auch dem
Maler volksthümlicher Scenen eine unerschöpfliche Quelle an pitto-
resken Vorwürfen. Auch die Italiener selbst wenden sich seit eini-
ger Zeit dieser Seite ihres heimathlichen Lebens zu; aber es ist da-
bei interessant zu bemerken, wie mit wenigen Ausnahmen (z. B.
Passini) ihr Blick viel weniger als der der fremden und nament-
lich der deutschen Maler für das specifisch Charakteristische, das zu-
gleich auch das Gegensätzliche zu dem typisch - Nationalen andrer
Länder enthält, geschärft erscheint. Die Folge davon ist, daß uns
die genremäßigen Darstellungen der italienischen Künstler weniger
prägnant und fremdartig Vorkommen, oder, wenn fremdartig, doch
in einer keineswegs künstlerisch bedeutsamen und anziehenden Weise,
vielmehr nur barock, aber zugleich nüchtern und prosaisch. Was sie
als Motiv wählen, ist selten italienisch im engeren Sinne und kenn-
zeichnet sich als solches meist nur in lokalen Aeußerlichkeiten oder
kostümlichen Details. Dies mehr oder weniger indifferente Ge-
präge tragen fast alle von Italienern ausgestellten Genrebilder: so
Rotta's, des mit Unrecht so genannten italienischen Denner,
„Todesurtheil", dessen Scene ebensogut in Hinterpommern spielen
könnte, da weder die breitspurige Alte noch der an die Wand ge-.
 
Annotationen