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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Breuer, Robert: Zur Revision des Japanismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0053

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Bedingungen dienstbar zu machen. —
Wichtiger noch wäre es, wenn unsere
Kunstgewerbler etwas von der Sinnlich-
keit der Japaner sich aneignen möchten.
Diese Sinnlichkeit zeigt sich in einer
besonders subtil ausgebildeten Feinfühlig-
keit für Materialreize, in einem raffinierten
Empfinden für Farben und Linien. An
diesen Dingen mangelt es den Deutschen
oft gar zu sehr. Die braven Leute scheinen
von der unterschiedlichen Sinnenwirkung
(dem Stimmungsklang) von Seide und
Wolle, Glas und Porzellan, Horn und
Elfenbein — nichts zu ahnen. Ihren
Augen bereiten die abscheulichsten Über-
schneidungen, die grausamsten Kniffe und
Zerrungen keinen Schmerz, die rohesten
Kontraste und Disharmonieen kein Übel-
sein. Zur Abhilfe soll nun nicht etwa
schleunigst »die japanische Linie« an-
gelernt werden; Gott behüte! es gilt, die
Augen sehend zu machen. — Drittens,

kann uns Japan das Geheimnis des präzi-
sesten Ausdrucks offenbaren. Unter dem
Druck eines konstanten Milieus konden-
siert sich die künstlerische Energie jenes
Volkes in möglichst knappen Formen,
die wie der letzte Extrakt aller Möglich-
keiten wirken, gerade darum aber nicht
tote Abstraktionen sind, sondern latent
das Leben selbst. »Ein japanischer Blüten-
zweig zaubert sogleich den ganzen Früh-
ling.« Auch hier wiederum muss es heissen:
Nicht das Werk der Japaner soll uns
vor Augen stehen, wohl aber die Kraft,
die dieses Werk schuf. Was uns dem
kleinen Inselvolk tributpflichtig macht, ist
das ungeheure Quantum an künstlerischer
Energie, das zu erreichen wir uns mühen
sollen. Wir sollen nicht nachahmen, sondern
nacheifern; nicht die Flugbahn ist uns
vorgezeichnet, wohl aber die Intensität
des Flügelschlages. —

ROBERT BREUER—HERLIN-WILMERSDORF.



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