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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Willrich, Erich: Die Anfänge einer neuen Architektur-Plastik: zu den Arbeiten von Rudolf Bosselt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0156

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RUDOLF BOSSELT—DÜSSELDORF.

Brunnen in einem Garten.

DIE ANFÄNGE EINER NEUEN ARCHITEKTUR-PLASTIK.

ZU DEN ARBEITEN VON RUDOLF BOSSELT.

An der Antike gemessen zu werden, wird
^ sich alles gefallen lassen müssen, was
auf dem Gebiete der Plastik Anspruch auf
Geltung erhebt. — Ich weiss nicht, ob ich
den Satz, genau so wie er hier gegeben ist,
schon irgendwo gelesen oder gehört habe.
Dem Sinne nach gesagt, geschrieben, ge-
dacht ist er jedenfalls unzählige Male. Und
es ist nicht zu leugnen: er hört sich gut an,
schmeckt nach »Kultur«. Und solche Würze
wird, wer über moderne »Nutzkunst« schreibt,
nicht ohne Nutzen verwenden. Also, an der
Antike gemessen.... Doch was ist »Antike«?
O, wir wissen es wohl, dass im fünften Jahr-
hundert griechisches Wesen zum sinnfälligsten
Ausdrucke gekommen ist, wissen wohl, dass,
wenn von »griechischer« Kunst die Rede
ist, wir an Phidias zu denken haben, an
seine Lemnia, die von Furtwängler Wieder-
erweckte, und an den Parthenon, den des
Phidias Helfer mit so schönem Schmucke

versahen. Wir wissen wohl, wen wir zu
lieben haben, haben erkannt, was unserer
Verehrung am meisten würdig ist.

Und dennoch: unser innerstes Gefühl,
unsere triebkräftigste Liebe sucht sich jener
Erkenntnis wieder zu entwinden, äugt nach
den reizvollen Werken archaischer Kunst,
nach des Neapler Apolls sehniger Strenge,
nach dem delphischen Wagenlenker, der
in aufrechter Starre dasteht, gleich einer
dorischen Säule. Ähnlich stiehlt sich ja
auch, gleichfalls wissenschaftlicher Erkennt-
nis zum Trotz, unsere Liebe weg von
des Cinquecento Vollendung hin zum Quattro-
cento mit seiner jugendlichen Herbheit, mit
der Frische seines Werdens. Ganz natürlich
eigentlich und Hoffnung gebend diese Liebe
für die Primitiven, für das Jugendliche,
Werdende in einer Zeit, die der Überzeugung
lebt, dass in ihr selber eine Zukunft keimt.

Doch nicht dies ist es, worauf ich hinaus-

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