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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Michel, Wilhelm: Phantasie und Erfindungsgabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0059

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a

a gestaltet, bis das Drama Macbeth »mög-
Q lieh«, und nicht nur möglich, sondern not-

wendig wurde. Diese vorbereitende Tätig-
O keit, welche den Rohstoff in eine hand-
tJ liehe Gestalt bringt und der Schöpferkraft
g ihre konkrete Aufgabe stellt, nenne ich

Erfindung und ernenne ihr im Geiste des
o Menschen einen zugehörigen Urheber, die
Ö Erfindungsgabe. Die Manipulation ist
£ einfach, aber die Philosophen haben es
B« von jeher nicht anders gemacht. Nun
O handelt es sich darum, für diese neu-
q geschaffenen Motive, Charaktere und Kon-

flikte den stärksten künstlerischen Aus-
jj druck zu finden. Das Erfundene soll

□ dargestellt, mit Leben und Automatismus
q ausgestattet werden. Das Aufeinander-

treffen der Charaktere soll nicht einfach
hererzählt werden, sondern wirklich ge-

□ schehen. Aus einem inneren Zwange
JL sollen Handlungen und Worte, diese

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D

grössten dramatischen Handlungen, ge- p

boren werden. Geboren sollen sie werden, £

organisch erzeugt, nicht einfach hingestellt, ,»

am Willen des Autors klebend und mit O

einem schielenden Blick die gutwillige Jj

Zustimmung des Hörers einholend. Hier ■!
betätigt sich die Phantasie. Die Erfin-

dungsgabe hat beispielsweise die Hexen- O

szenen aufgestellt. Die »Verbesserungen«, Jj
die Schillers Übersetzung in diesen Szenen

angebracht hat, beweisen zur Genüge, ,«

dass mit dieser Erfindung die Arbeit noch D

lange nicht getan war. Da Schillers Jj

Phantasie nicht ausreichte, diese Erfin- £

dung zu gestalten, ja auch nur zu ver- B«

stehen, wurde die Hekateszene in seiner □

Übersetzung etwas Anderes und Schwäche- q
res, als sie unter dem Anhauche von

Shakespeares Phantasie geworden war. JJ

Im Drama betätigt sich die Phantasie □

hauptsächlich am gesprochenen Wort. g

■■

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