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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Wichert, Fritz: Marcus Behmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0095

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Wesenheit von Sentimentalität und eine
fast übertriebene Sachlichkeit. Nichts
ist ihm so widerwärtig, als wenn sich
Leute vom Augenblick oder irgend einer
unsauberen weil nicht hergehörigen Wal-
lung überrumpeln lassen. »Scheide Deine
Regungen, Deine Motive, Deine Gesichte
und die stosse aus, die nicht zur Sache
gehören.« Der Abscheu vor unsachlicher
Sentimentalität führt aber zur Satyre.

Als kleiner Junge liebte Marcus Behmer
nichts mehr als buntes Papier, schöne
grosse einfarbige Bogen: ganz rot, ganz
blau, ganz gelb, herrlich! Auch jetzt ist
er von dieser Liebe noch nicht geheilt,
noch immer kann ihn so etwas entzücken
oder auch ein ganzer Stoss Papier, ein
Stoss von ein und derselben Sorte, schön
eckig aufgeschichtet, mit einem Wort —
ein reinlicher Stoss! —

Reine klare Sinnenqualitäten, dass ein
Ding so gleichmäßig rauh ist, dass es so
glatt gehobelt ist, dass es so schön wippen
kann, haben das Kind gereizt, sie werden
auch in der Gestaltungsweise des Künstlers
eine wichtige Rolle spielen. Es ergibt

sich ganz von selbst, dass seine tech-
nischen Mittel nicht sehr verwickelt sein
können. Komplizierte Malweisen, etwa
wie die moderne öltechnik, können nicht
in seiner Absicht liegen. Sie lassen sich
zu schwer dirigieren. Er aber will mög-
lichste Sicherheit. Man wird verstehen,
warum gerade Marcus Behmer, dieSchwarz-
weiss-Darstellung bevorzugt. Was er gibt,
sind schwarze und weisse
Flächen durch rhythmische
Linien begrenzt; manchmal
auch Farbe — nur keine
Farben durcheinander. Es
muss Gelegenheit geboten
sein zu klarem Absetzen,
zur Isolierung der Quali-
täten, des Rauhen, des
Glatten, des Knittrigen, für
reine Linienzüge und sau-
f beres Auswägen. — Bei der
Anwendung dieser Grund-
mittel führt nun des Künst-
lers reinliches Scheidungs-
vermögen zu einer ganz un-
glaublichen Präzision. Die
Sucht, alle Motive zu schei-
li l \Q) den, alle Obertöne, alle Mit-
Lr Ii i Schwingungen der Musik
_Mll_I der Erscheinung bestimmen

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