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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Zimmermann, E.: III. deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung: Der erste Eindruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0210

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Dr. Ernst Zimmermann:

Gesundheit weiter entwickeln, kräftigst Spreu
von Weizen zu sondern, und es will scheinen,
als ob man sich hierbei so mancher Persön-
lichkeit, die ob ihrer »Genialität« bisher zu
den »Führern« gerechnet wurde, am aller-
ersten entledigen müsste, da sie sich immer
mehr als »Verführer« herauszustellen scheint.
Aber daneben, welch steigender Geschmack,
welch wachsende Liebe für die hier vor-
liegenden Probleme, welche Fülle von Phan-
tasie und Schöpfungskraft! Man merkt, hier
hat ein Feld fast ein Jahrhundert brach ge-
legen, das ungeheuer fruchtbar, nun, nach-
dem es endlich wieder aufgeschlossen, diese
Fruchtbarkeit mit einem Segen wieder von
sich gibt, als müsste es das seit einem Jahr-
hundert Versäumte, schleunigst wieder nach-
holen.

An die Raumkunst reiht sich die Ab-
teilung für kunstgewerbliche Einzelerzeugnisse
und im Gegensatz die der Kunstindustrie.
Es waren die schwierigsten Abteilungen
dieser ganzen Veranstaltung; schon schwierig
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in Bezug auf ihre Trennung und scharfe
Gruppierung. Denn, wo hört heute bei
unserer gänzlich veränderten Produktions-
weise das eigentliche Kunsthandwerk auf,
wo fängt die Kunstindustrie an? Was ist
heute nur Produkt der Maschine, was nur
Produkt der Hand? Die Techniken haben
sich vermischt, ergänzen und unterstützen
sich. Die Grenzlinien sind völlig unsicher
geworden. Nur eins scheint jetzt schon klar
aus diesen Abteilungen hervorzugehen: jenes
Produkt, das liebevoll mit dem höchsten
Aufwand künstlerischer Kraft und Sorgfalt
geschaffen wird, ganz einerlei, was es kostet
und wie viel Zeit es erfordert, dies Haupt-
erzeugnis der ganzen kunstgewerblichen Ver-
gangenheit, muss erst wieder geschaffen
werden, für dieses müssen erst wieder die
Kräfte gewonnen werden, die es bestellen,
die es besitzen wollen. Ohne Beihilfe der
öffentlichen Geldkräfte, ohne Unterstützung
von Stadt und Staat wird dies kaum mög-
lich sein. Was in der Abteilung »Künst-
 
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