Neue Porzellane der Königlichen Porzellan-Manufaktur zu Meißen.
CLEMENS PAUL WALTHER—MEISSEN.
»Bartgeier«
färben beschäftigen sich diese Zeilen. Das,
was sich Meißen in neuen Geschirrfolgen
durch Henry van de Velde und Richard
Riemerschmid hat ersinnen
lassen, ist hier bereits früher
(1906, Abb. S. 266 und 267)
abgebildet und besprochen
worden. — Meißens Künstler
erfahren eine siebenjährige
Vorbereitung durch die Manu-
faktur selbst, zwei Jahre als
Schüler, fünf als Lehrlinge.
Sie werden dadurch mit dem
Wesen ihres edlen Materiales
so vertraut, daß sie in ihm
ganz von selbst, unwillkürlich
und zwanglos, stilgerecht emp-
finden. In diesem sicheren
Gefühl, das im Fassen und
Ausführen des künstlerischen
Gedankens jeder Eigenschaft
des Materials völlig zwanglos
Rechnung trägt, gipfelt alles
kunstgewerbliche Schaffen —
und diese Sicherheit bekunden, wie ein
Blick auf die Abbildungen lehrt, die jetzt
in Meißen tätigen Künstler dem Porzellan-
stile von heute gegenüber ebenso gut,
wie einst ihre berühmten Vorgänger den
Stilen des achtzehnten Jahrhunderts gegen-
über. Nichts wird dem Porzellane zuge-
mutet, das ihm nicht von Natur eigen
wäre; aber unwillkürlich werden mit dem
künstlerischen Ausdrucke auch in jedem
Stücke die edlen Eigenschaften des Materials
in den Vordergrund gerückt: die wunder-
bare, halbkristalline Beschaffenheit des
schneeig weißen Scherbens, die ausgezeich-
nete Bildsamkeit der Masse, ihre Fähigkeit,
sich bis in die dünnsten Wand- und Form-
stärken hinein gestalten zu lassen, das zarte,
stimmungsvolle Spiel der Farben, der feine,
hauchdünne Spiegel der Kalkglasur. Dabei
sind die Formen ganz so wie das Porzellan
sie verlangt, zierlich und doch klar, weich
und frei von scharfen Kanten oder ebenen
Flächen, sorgfältig durchgearbeitet und
dennoch ohne jedes Zuviel an Einzelheiten.
Es würde beispielsweise falsch sein, wollte
man im Gefieder des Eisvogels (Abb. S. 717)
die Federn und ihre Lage, oder im Pelze
des Kragenbären (Abb. S. 711) den Haar-
PROF. E. O. HÖSEL—MEISSEN.
Porzellan-Figur »Kragenbär«.
Ausführung: Kgl. Porzellan-Manufaktur-Meisscn.
CLEMENS PAUL WALTHER—MEISSEN.
»Bartgeier«
färben beschäftigen sich diese Zeilen. Das,
was sich Meißen in neuen Geschirrfolgen
durch Henry van de Velde und Richard
Riemerschmid hat ersinnen
lassen, ist hier bereits früher
(1906, Abb. S. 266 und 267)
abgebildet und besprochen
worden. — Meißens Künstler
erfahren eine siebenjährige
Vorbereitung durch die Manu-
faktur selbst, zwei Jahre als
Schüler, fünf als Lehrlinge.
Sie werden dadurch mit dem
Wesen ihres edlen Materiales
so vertraut, daß sie in ihm
ganz von selbst, unwillkürlich
und zwanglos, stilgerecht emp-
finden. In diesem sicheren
Gefühl, das im Fassen und
Ausführen des künstlerischen
Gedankens jeder Eigenschaft
des Materials völlig zwanglos
Rechnung trägt, gipfelt alles
kunstgewerbliche Schaffen —
und diese Sicherheit bekunden, wie ein
Blick auf die Abbildungen lehrt, die jetzt
in Meißen tätigen Künstler dem Porzellan-
stile von heute gegenüber ebenso gut,
wie einst ihre berühmten Vorgänger den
Stilen des achtzehnten Jahrhunderts gegen-
über. Nichts wird dem Porzellane zuge-
mutet, das ihm nicht von Natur eigen
wäre; aber unwillkürlich werden mit dem
künstlerischen Ausdrucke auch in jedem
Stücke die edlen Eigenschaften des Materials
in den Vordergrund gerückt: die wunder-
bare, halbkristalline Beschaffenheit des
schneeig weißen Scherbens, die ausgezeich-
nete Bildsamkeit der Masse, ihre Fähigkeit,
sich bis in die dünnsten Wand- und Form-
stärken hinein gestalten zu lassen, das zarte,
stimmungsvolle Spiel der Farben, der feine,
hauchdünne Spiegel der Kalkglasur. Dabei
sind die Formen ganz so wie das Porzellan
sie verlangt, zierlich und doch klar, weich
und frei von scharfen Kanten oder ebenen
Flächen, sorgfältig durchgearbeitet und
dennoch ohne jedes Zuviel an Einzelheiten.
Es würde beispielsweise falsch sein, wollte
man im Gefieder des Eisvogels (Abb. S. 717)
die Federn und ihre Lage, oder im Pelze
des Kragenbären (Abb. S. 711) den Haar-
PROF. E. O. HÖSEL—MEISSEN.
Porzellan-Figur »Kragenbär«.
Ausführung: Kgl. Porzellan-Manufaktur-Meisscn.