Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

DOI article:
Zobel, Victor: Anmerkungen zur Dresdener Ausstellung
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0374

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
suchen Van de Veldes auf, das Bürgeler Töpfer-
gewerbe mit neuen Formgedanken zu befruchten.
Wie solche rein persönliche Schaffensart nie Schule
machen wird, so kann sie auch nicht Kompromisse
schließen; und so kleben die schön gestalteten Griffe
an den braven Töpfen mit ihrer harmlos-lustigen
Farbigkeit wie etwas ihrer Art Fremdes, ein sicht-
licher Beweis für das Mißlingen der Aufgabe. Vor-
bildlich für die Art, wie solche Auffrischungs-Be-
strebungen anzufassen sind, ist das Wirken Hausteins
in Oberhessischen Töpferei-Betrieben, das eine
Fülle von prächtigen, derb gearteten Stücken her-
vorgebracht hat.

Noch auf einem anderen Gebiete, das heute recht
im argen liegt, scheint mir, abgesehen von dem Ge-
fühlsmäßigen, das ihm innewohnt, ein wenig Emp-
findsamkeit sich eingeschlichen zu haben und in
seinen Gestaltungen, den Friedhofsanlagen zum Aus-
druck zu kommen. Ich spreche nicht von den ein-
zelnen Grabmalen, unter denen, ob schlicht oder
reich, sehr gute Lösungen vorwiegen; aber ich glaube
nicht, daß der Weg, den man für die Friedhofs-
Gestaltung andeuten wollte, ein gesunder ist, und
werde durch die einführenden Worte des Katalogs,
der von einer „intimen Wirkung auf das Gemüt des
Trauernden" spricht, in dieser Meinung bestärkt. Ich
weiß nicht, ob heute jemand auf einem allgemeinen
Friedhof das Recht auf solche intime Berücksichtigung
hat, möchte auch alle hygienischen und wirtschaft-
lichen Fragen, über die ich nicht unterrichtet bin,
aus dem Spiel lassen. Ich habe mich nie mit der
Art des Ohlsdorfer Friedhofes bei Hamburg be-
freunden können, die mit den einzelnen Gräbern Ver-
steck spielt, und andererseits sind mir Anlagen, wie

die Pariser Totenstädte oder der Johannisfriedhof in
Nürnberg und andere ältere Reihen - Friedhöfe in
Deutschland zu Erlebnissen geworden. Daß ein tiefer
Zauber auch von manchen dörflichen Kirchhöfen aus-
geht, weiß ich wohl; für unsere Frage ist es aber
von keiner Bedeutung. Ich glaube, daß wir Heutigen
nicht eine künstliche Romantik auf den Friedhöfen
erzeugen sollen, die selbst frühere empfindsame
Zeiten nicht gekannt haben. Nicht intime Wirkungen
sollten wir anstreben, sondern mit dem ganzen Ernst,
den die Sache will, nach einem großen, einheitlichen
Gedanken gestalten und vor allem ein geeignetes
Gelände für unseren Zweck auswählen. Eine straffe
Geschlossenheit, die dem sozialen Empfinden ent-
spricht, wird für die Friedhofsanlagen abseits der
Kirche immer das Gegebene und Künstlerische sein;
das Nebeneinander des Einzelnen und die Ordnung
in dem Ganzen erseßt reichlich durch die Größe, die
sich darin ausspricht, die intime Einzelwirkung, die
doch auch nicht ausgeschlossen, sogar oft gehoben
wird. Die Anlage eines Friedhofs ist recht eigent-
lich eine gartenkünstlerische Aufgabe, aber nicht
eine in des alten Garten - Schriftstellers Hirschfeld
Sinne, der von einem „sanftmelancholischen", einem
„feyerlichen" Garten spricht, sondern durchaus im
tektonischen, auf den Rhythmus des Ganzen gerich-
teten Sinne. Mir scheint, daß in den Bestrebungen,
die bei der Dresdner Friedhofs-Anlage zum Ausdruck
kommen, noch viel von den landschaftlich - roman-
tischen Gartenidealen steckt, die wir hinter uns zu
bringen im Begriff stehen. Und es ist zu bedauern,
daß die Ausstellung auf dem Gebiete der eigent-
lichen Gartenkunst, die sehr der Förderung bedürfte,
außer dem kleinen, sehr schäßbaren Gärtchen am

769
 
Annotationen