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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Zobel, Victor: Anmerkungen zur Dresdener Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0376

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Anmerkungen zur Dresdner Ausstellung.

MAX HANS KÜHNE—DRESDEN.

Ausstellungs-Raum. Abteilung Leipziger Buchgewerbe-Künstler.

Malerei über der Tür: Fritz Rentseil—Leipzig.

Hempelschen und den sparsamen Anlagen beim
Sächsischen Hause keine größeren Gestaltungen
zeigt. Ob nun unsere Friedhöfe durch die immer
mehr sich ausbreitende Sitte der Totenverbrennung
allmählich ein anderes Gesicht bekommen, vielleicht
mehr architektonisch und noch straffer zusammen-
gefaßt werden, müssen wir abwarten. Hier liegt
sicher eine schwierige, aber sehr dankbare künstle-
rische Aufgabe, die ja in Dresden auch berücksich-
tigt ist. Gegenüber der verschwenderisch geräumigen
Art, wie die Urnen hier in der Wandelhalle auf-
gestellt sind, erinnere ich mich mit Schrecken jener
gewürzladenartigen Anlagen, bei denen Leitern zur
Benutzung für die oberen Stockwerke bereit stehen.

Ein ganz anderes Gebiet, das bei uns in Deutsch-
land recht im argen liegt, ist das des besseren,
handgemachten Buch-Einbandes; vielleicht sind aber
hier die mangelnden Aufträge mehr schuld, als die-
jenigen, die sie ausführen könnten. Einzelne Arbeiten
von Paul Kersten und Paul Dobert, namentlich die
des lernten, zeigen immerhin beachtenswerte Eigen-
schaften; aber auch wenn man das bessere Deutsche
von der jüngsten Frankfurter Ausstellung berück-
sichtigt, so zeigt doch ein Vergleich mit den in der
Abteilung „Techniken" ausgestellten Einbänden in
Handarbeit von Cobden-Sanderson, Cockerell u. a.,
wie weit uns die Engländer mit ihrer nie unter-
brochenen Geschmackskultur hier voraus sind. Frei-
lich, das Hinübersehen nach England kann uns nur
mittelbar helfen; einzig das Schaffen in der eigenen
Art wird uns wertvolle Bereicherung bringen.

Arbeiten, die mit der Buchkunst Zusammenhang
haben, sind die Buntpapiere von Frau L. Behrens.

Diese handgemachten Papiere stehen in der Tat ganz
wesentlich höher als unsere guten Maschinen - Er-
zeugnisse; in den Unregelmäßigkeiten des Musters
und in der farbigen Erscheinung ist etwas Naiv-
Unbekümmertes und Freudiges, das ihnen derbe und
zugleich feine Reize gibt. Schade ist es, daß dieses
einfache Arbeitsverfahren, bei der die Kleisterfarben
auf dem einzelnen Bogen mit der Hand oder mit
härteren oder weicheren Hilfs - Gegenständen ge-
mustert, getupft, gewischt, auch in anderer Art auf-
getragen werden, so wenig mehr angewendet wird,
während es früher jeder Buchbinder für den eigenen
Bedarf anwenden konnte.

Eine andere, sehr alte Arbeitsweise, welche die
Holländer meines Wissens zuerst aus Ostindien nach
Europa gebracht haben, ist besonders glücklich bei
einigen Stoffen angewendet, die im Raum der Düssel-
dorfer Schule ausgestellt sind. Es sind da so
wundervolle farbige Reize durch das Wachs-Aufguß-
verfahren erreicht, daf5 man den Eindruck dieser
Batiken wohl, wie Multatuli in seinen Javanischen
Erzählungen mit dem geheimnisvollen Farbenreich-
tum alter Kirchenfenster vergleichen kann.

Von bedruckten Stoffen haben mir vor allem die
Kattune von E. R. Weiß gefallen, die sich durch
einen außerordentlich feinen Farbengeschmack aus-
zeichnen. Er hat sie in seinem Hagener Zimmer
sehr vielseitig verwendet, und sie geben dem Raum
eine überaus frische, behagliche und klare Grund-
stimmung. Da auch die Raumgliederung sehr glück-
lich gelöst und beherrscht ist, so kann man dort
recht nachdenksam allerlei Dingen nachsinnen und
Anmerkungen daraus machen. Victor Zobel.

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