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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Bredt, Ernst Wilhelm: Die Zukunft des Kunstgewerblers
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0096

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Dr. E. W. Brcdt:

KÄTHE KOLLWITZ—BERLIN.

Radierung »Weber«

treffend, als ob wir's alle ganz genau noch
wüßten, daß die Kunstakademien erst dann
entstanden und blühten, als die Nachtreterei
der Großen beliebt wurde, als das eintrat,
was wir gegenwärtig endlich wieder zu über-
winden scheinen, die sanktionierte Meinung:
»der stolze unnahbare Ateliermaler ist viel
mehr wert, als alle die anderen Künstler, die
irgendwie einer nur dienenden Aufgabe sich
unterordnen«.

Freilich ein Künstler wie Michelangelo hielt
sich für besser als seine Kollegen, die nicht
nur selbständige, gebieterische Werke malten und
meißelten, sondern auch kleinere Kunstwerke,
Kunstgewerbliches schufen, künstlerische Hand-
reichungen leisteten auch anderen Gewerblern,
die wenig oder nichts mit Kunst zu tun hatten.

Es ist sehr bedauerlich, wenn wir so viel
Kunstgeschichte treiben und uns doch meist
gar nicht erinnern, wie und wo die Großen
einst anfingen? Wir schwärmen von mehr
oder weniger imponierenden Kunstepochen

und Kunstgebieten und kommen fast nie auf
das, was am nächsten läge, wenn wir Kunst
und künstlerischen Beruf weniger für etwas
ganz abseits vom Leben stehendes ansehen
würden.

Die Liste aller großen Künstler die vom
Gewerbe, von dem was wir Kunstgewerbe
nennen, ausgingen, ist hier auch nicht frag-
mentarisch zu bringen. Aber daß unser
großer Dürer zweifellos als Goldschmiedelehr-
ling seines Vaters viel sicherer und rascher
zu zeichnen gelernt hat, als heute ein Aka-
demiker in manchem Semester, beweisen das
Selbstbildnis und andere Arbeiten frühester
Jugend. Und da einmal das Quattrocento
für uns als eine höchste Blütezeit gilt, sei doch
mal dran erinnert, was die größten Meister
anfänglich waren. An der Staffelei haben sie
alle miteinander das Malen nicht gelernt.
Waren die Verrocchio, Pollaiuolo, Botticelli,
Ghirlandajo nicht einst Goldschmiedelehrlinge ?
War Mino da Fiesole nicht anfangs Stein-

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