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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Kesser, Hermann: Neue Schweizer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0284

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Neue Schweizer Malerei.

MARTIN SCHÖNBERGER—ZÜRICH.

Singendes Kind.

mit Schönheit zu tun haben mögen. —
Das veranlaßte einige der ästhetischen
Wortführer, Hodler ihre unbedingte Zu-
stimmung zu versagen, ohne den Künstler
in ihm in Abrede zu stellen.

Ich glaube die Einwände gegen Hod-
lers robuste und draufgängerische Kunst
zu verstehen. Sie sind auf die Furcht
zurückzuführen, daß Hodlers Ausdrucks-
gewohnheiten eine Fülle robuster Maler-
moden nach sich zögen und zu Erzeugern
eines unangenehm kraftmeierischen und
manirierten Stils würden.

Unmöglich wären solche Folgen durch-
aus nicht.

Mehr noch wie in Literatur und Musik
übt in der Malerei das Schlagwort, will
sagen irgend eine Attitüde in Technik,
Linienführung und Farbenauftrag eine
bannende zur Nachahmung reizende Wir-
kung aus und nachdem es überdies leichter
ist, gigantisch zu sein als schön, läßt sich
die Furcht vor einem malenden Giganten-

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geschlecht in Hodlerscher Manier verstehen.
— Aber gegen gedankenlose Anwendung
seiner Stilformen ist kein großer Künstler
sicher und Erwägungen dieser Art dürfen
die Anerkennung eines Malers, der als
Stil-Pfadfinder und Neuformer sehr hoch
zu werten ist, nicht hindern.

Hodler hat eine neue Form für
das monumentale Freskogemälde gefun-
den, eine Sprache für erhabene, feierliche
und große Ideen, für Worte, die weithin
sichtbar sind. Sein Stil ist Mittel zur
Lösung höchster Aufgaben.

Der Künstler hat das, nach seinen
großen und reichsten Hauptwerken zu
urteilen, entschieden Zeit seines Lebens
gefühlt und nach Inhalten gerungen, die
sich der Wucht seiner Sprache anpaßten.
Schon um der wenigen Fälle willen, in
denen ihm die Durchdringung von Form
und Inhalt völlig gelang, ragt er weit
über alle großen Maler, die bei aller
Größe in Farbe, Form und Licht Proble-
 
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