Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

DOI Artikel:
Vogt, Adolf: Buntpapiere und Tapeten-Fabrikation
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0342

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Buntpapiere und Tapeten-Fabrikation.

ARCHITEKT OTTO PRUTSCHER—WIEN.

Sammlungs-Raum.
Möbel ausgeführt von L. J. Peter—Mannheim.

Zeichnung auf die Eigenart der Technik und der
Farbenzusammenstellung, die beide einfach und
kraftvoll waren, Bedacht genommen werden. So
fehlt denn in der Zeichnung alles Kleinliche,
Zimperliche. Dag die Plattenschneider keine
vollkommenen, „akademisch gebildeten" Künstler
waren, kam dem Stil ihrer Arbeiten nur zugute,
die damit einen gewissen schweren, handwerk-
lichen Charakter behielten. „Bauernstil" würden
wir's vielleicht nennen.

Wenn der Fond geprägt wurde, das Muster
auch farbig erschien, nämlich in der Farbe des
Papiers, so hat man häufig die Messingplatten
gekörnt, was dann eine sehr wirksame Belebung
des Hintergrundes ergab. Aus Sparsamkeits-
gründen hat man nicht selten kleinere Einzel-
platten benürjt, deren Muster dann nebeneinander
oder auch durcheinander aufgeprägt wurden, in
regelmäßigen Rapporten, oder auch in freien,
wechselnden Kombinationen. Ebenfalls in Stempel-
form wurden für besondere Zwecke fromme
Sprüche, Buchstaben, Heiligenbilder, Tiere geprägt.

Seltener wurden gute Wirkungen erzielt,
wenn nachträglich noch einzelne Musterpartien,
Rosetten, Blätter, bemalt wurden. Hierbei lieg

man natürlich das Papier vor dem Prägen weiß,
und auch nach der Bemalung blieben große
Partien des Musters weiß stehen. Zusammen-
stellungen wie Gold, Weiß, Grün, oder Gold,
Weiß, Lila machen sich immerhin ganz gut,
schlimm wird die Sache erst, wenn mehr Farben
verwendet werden. Es scheint, daß man sich
hierbei von dem bunten Ledermosaik verführen
ließ, in dem damals die Buchbinder so Hervor-
ragendes leisteten.

Die alten Prägepapiere bieten soviele origi-
nelle und wirklich gute dekorative Ideen, daß
sie unseren Tapetenzeichnern und Tapetenfabri-
kanten gewiß Anregungen in Hülle und Fülle
liefern könnten. Zumal wir gegenwärtig in der
Tapetenbranche eine ausgesprochene Gold- oder
besser gesagt Metallmode haben. Zwei Dinge
sollte man aber von diesen alten Arbeiten ganz
besonders lernen : Erstens die gesunde dekorative
Kraft des Musters, der gegenüber unsere Zeich-
nungen viel zu weichlich und zimperlich er-
scheinen, und zweitens das „Schnittige" der
Technik, das fast alle dieser Plattendrucke auf-
weisen und das die natürliche Folge ihrer Her-
stellung ist. Wir streben in unseren Tapeten

334
 
Annotationen