Neues von der Darmstädter Künstier-Kotonie.
PROF. ALBIN MÜLLER—DARMSTADT. Entwurf für das Ausslellungs- Gebäude
der Hessischen Landes-Ausstellung 1908.
den Formen eng an das Haus fügen, sind
manche wertvolle Gedanken enthalten. Die
wohltuende Einfachheit der Hausbauten wird
man auch in den Grabmalen wiederfinden,
die sich in ihrer schlichten und vornehmen
Haltung von jeder billigen Wirkung fernhalten.
Der Entwurf zu dem Grabmal im Hain gibt
dem Gedanken des unnahbaren Friedens und
der feierlichen Ruhe beredte Gestalt. Einige
Arbeiten in Serpentinstein zeigen Proben von
einem Tätigkeits-Felde, auf dem Albin Müller
ungewöhnlich Tüchtiges geleistet hat.
* * *
Wenn man die ornamentalen Arbeiten von
F. W. Kleukens betrachtet, wird man un-
willkürlich an die Worte erinnert, die Morris
einmal über seine eigene Kunst geäußert hat.
Jede echte Kunst habe bisher etwas bedeutet,
es sei undenkbar, daß naive Kunstzeiten ein
meinungsloses Kunstwerk hervorgebracht hätten,
immer sei die Freude am Erzählen fühlbar
gewesen. Demgemäß werde das gute Muster
°der Ornament Gleichmaß und Reichtum
^e>gen, also neben peinlich abgewogener Linien-
füh
rung eine Fülle der Erscheinung; das Ge-
heimnisvolle werde ihm, wie jedem Kunstwerk
besondere Reize geben. Den letzten Ge-
danken wird man auf Rechnung der gothi-
sierenden Romantik zu setzen haben, und er
ist es denn auch, der bei den Kleukensschen
Arbeiten nicht zu spüren ist, schon aus einem
sehr wichtigen Grunde: weil sie alle so rein
und bewußt für die Fläche gedacht sind, daß
ein Versteckspielen gar nicht möglich ist.
Gerade ihre Klarheit und die Selbstverständ-
lichkeit ihrer rhythmischen Gesetze läßt sie
als die Hervorbringungen einer sachlicher
denkenden Zeit erscheinen. Aber das Erzähl-
frohe, die Lust zu Fabulieren tritt überall als
ein deutlicher und gesunder Zug der Kleukens'-
schen Art hervor. Das reine Ornament, das
nur durch seine Verhältnisse, seine rhyth-
mischen Schwingungen seine Symmetrie, kurz
durch mathematische Reize wirken will, ge-
nügt ihm nicht; er will für seine Kunst selbst-
ständiges und warmes Leben und der persön-
liche Anteil ist immer zu spüren. Und mit
Recht, Denn während das meinungslose,
strenge Ornament wohl bei architektonischen
Werken ergänzend und belebend an seinem
Platze wirken kann, wird es bei Druckwerken,
um die es sich hier zunächst handelt, ent-
weder aufdringlich sein, zum mindesten nichts-
sagend zerflattern. Wir haben es bei der
Buchschmuck-Seuche der letzten Zeit genugsam
erfahren. Kleukens zeichnet mit Vorliebe
die menschliche Gestalt und das Tier in un-
erschöpflichen Erscheinungen; aber er löst
ihre Formen, wie die der Ornamentik, nicht
in Liniengedanken auf. Er läßt ihnen den
Reichtum, die Wärme und den Adel ihres
Wesens und versteht es doch, in großer Art
und mit sicherem Blick zusammenfassend,
alle Gebilde unter das Gesetz der Fläche zu
bringen und eine im Gedächtnis als eine Be-
reicherung haftende, scharf umschriebene Form
zu geben, die besonders im Figürlichen durch
die feinsten Reize der Bewegung belebt wird.
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PROF. ALBIN MÜLLER—DARMSTADT. Entwurf für das Ausslellungs- Gebäude
der Hessischen Landes-Ausstellung 1908.
den Formen eng an das Haus fügen, sind
manche wertvolle Gedanken enthalten. Die
wohltuende Einfachheit der Hausbauten wird
man auch in den Grabmalen wiederfinden,
die sich in ihrer schlichten und vornehmen
Haltung von jeder billigen Wirkung fernhalten.
Der Entwurf zu dem Grabmal im Hain gibt
dem Gedanken des unnahbaren Friedens und
der feierlichen Ruhe beredte Gestalt. Einige
Arbeiten in Serpentinstein zeigen Proben von
einem Tätigkeits-Felde, auf dem Albin Müller
ungewöhnlich Tüchtiges geleistet hat.
* * *
Wenn man die ornamentalen Arbeiten von
F. W. Kleukens betrachtet, wird man un-
willkürlich an die Worte erinnert, die Morris
einmal über seine eigene Kunst geäußert hat.
Jede echte Kunst habe bisher etwas bedeutet,
es sei undenkbar, daß naive Kunstzeiten ein
meinungsloses Kunstwerk hervorgebracht hätten,
immer sei die Freude am Erzählen fühlbar
gewesen. Demgemäß werde das gute Muster
°der Ornament Gleichmaß und Reichtum
^e>gen, also neben peinlich abgewogener Linien-
füh
rung eine Fülle der Erscheinung; das Ge-
heimnisvolle werde ihm, wie jedem Kunstwerk
besondere Reize geben. Den letzten Ge-
danken wird man auf Rechnung der gothi-
sierenden Romantik zu setzen haben, und er
ist es denn auch, der bei den Kleukensschen
Arbeiten nicht zu spüren ist, schon aus einem
sehr wichtigen Grunde: weil sie alle so rein
und bewußt für die Fläche gedacht sind, daß
ein Versteckspielen gar nicht möglich ist.
Gerade ihre Klarheit und die Selbstverständ-
lichkeit ihrer rhythmischen Gesetze läßt sie
als die Hervorbringungen einer sachlicher
denkenden Zeit erscheinen. Aber das Erzähl-
frohe, die Lust zu Fabulieren tritt überall als
ein deutlicher und gesunder Zug der Kleukens'-
schen Art hervor. Das reine Ornament, das
nur durch seine Verhältnisse, seine rhyth-
mischen Schwingungen seine Symmetrie, kurz
durch mathematische Reize wirken will, ge-
nügt ihm nicht; er will für seine Kunst selbst-
ständiges und warmes Leben und der persön-
liche Anteil ist immer zu spüren. Und mit
Recht, Denn während das meinungslose,
strenge Ornament wohl bei architektonischen
Werken ergänzend und belebend an seinem
Platze wirken kann, wird es bei Druckwerken,
um die es sich hier zunächst handelt, ent-
weder aufdringlich sein, zum mindesten nichts-
sagend zerflattern. Wir haben es bei der
Buchschmuck-Seuche der letzten Zeit genugsam
erfahren. Kleukens zeichnet mit Vorliebe
die menschliche Gestalt und das Tier in un-
erschöpflichen Erscheinungen; aber er löst
ihre Formen, wie die der Ornamentik, nicht
in Liniengedanken auf. Er läßt ihnen den
Reichtum, die Wärme und den Adel ihres
Wesens und versteht es doch, in großer Art
und mit sicherem Blick zusammenfassend,
alle Gebilde unter das Gesetz der Fläche zu
bringen und eine im Gedächtnis als eine Be-
reicherung haftende, scharf umschriebene Form
zu geben, die besonders im Figürlichen durch
die feinsten Reize der Bewegung belebt wird.
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