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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 21.1907

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Breuer, Robert: Nicola Perscheid - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6700#0117

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Robert Breuer—Berlin- Wilmersdorf:

NICOLA PERSCHEID—BERLIN.

dann aber auf dem entwickelten Negativ
soweit, bis es auch nichts weiter ist als
ein Begleit - Akkord. Bei Aufnahmen im
Atelier stellt er die Menschen gegen mono-
chrome, von der Farbe der Haut und der
Kleidung abhängige Wandschirme. Dann
belebt er auf dem entwickelten Negativ den
Hintergrund durch Aufhellung und Ver-
dunkelung. Das ist schlankweg gesagt:
Retusche. Die Puristen werden es tadeln.

Ich meine aber, daß sich Perscheid
gerade durch seine Behandlung des
Hintergrundes vorteilhaft von vielen
modernen Photographen unterschei-
det, von jenen, die einen besonderen
Wert darauf legen, ihr Modell in
ein stimmungsvolles Interieur zu
stellen, und die naturwahren Licht-
wirkungen des betreffenden Raumes
in das Bild zu übernehmen. Gewiß,
auch damit lassen sich einwandfreie
Resultate erzielen; indessen, es ist
einfacher und vielleicht gerade darum
besser: den Hintergrund auf eine
möglichst simple und leicht
flexible Größe herabzudrücken,
um ihn so auf die individuellen
Tonwerte des Porträtierten hin arran-
gieren zu können. Und daß dies
am entwickelten Negativ bequem ge-
schehen kann, leuchtet ein.

Die gleichen Argumentationen
gelten für die Lichtquelle. Es hat
zweifellos etwas für sich, wenn der
Photograph nur mit Zimmerlicht
operiert. Wir sind gewohnt, den
Menschen in dieser alltäglichen Art
beleuchtet zu sehen; und wir wissen,
daß bei wechselndem Lichteinfall
wesentliche Veränderungen aller Ver-
hältnisse vor sich gehen können.
Aber eben darum scheint es richtig,
daß der Photograph sich nicht dog-
matisch auf die vertikale Fenster-
öffnung beschränkt. Es gibt Köpfe,
denen man durch eine andere Be-
leuchtung, vielleicht mehr von unten
oder mehr von oben, näher kommen
kann. Fall für Fall muß der Photo-
graph überlegen, wie er die Licht-
zuführung einrichte, um eine deut-
liche und vorteilhafte Herausarbeitung
des Körpers aus der Platte zu er-
möglichen. — In dieser Forderung
des Vorteilhaften gipfeln die Wünsche
des Publikums. Und mit Recht: für
mein gutes Geld kann ich ein charakte-
ristisches und vorteilhaftes Porträt verlangen.
Die für mich zwar charakteristischen, aber
unvorteilhaften Stellungen und Augenblicke
gehen den Photographen nichts an. Auch
das ist an Perscheids Bildnissen des Lobes
wert: sie machen uns den Dargestellten
sympathisch. Man könnte sogar sagen, daß
sie schmeicheln, nur darf dann nicht unter
schmeicheln > versüßen« verstanden sein.

Spaziergang.

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