Originalität.
NICOLA PERSCHEID—BERLIN.
Damen-Bildnis.
gehört zur Konvention unseres Denkens, er
ist ins Unbewußte und Instinktive untergetaucht,
und da führt er ein kräftiges, wohlbehütetes
Leben. So lange man ihn immerfort predigen
mußte, saß er nicht so fest wie heute, da
geschmackvolle Menschen an seinen fest-
stehenden Ausprägungen Ärgernis nehmen.
Das sieht man sehr klar, wenn Beruf oder
Neigung uns zu regelmäßigen Besuchern der
Kunst-Ausstellungen machen. Junge und Alte,
Begabte und Unbegabte zeigen sich da von
dem gleichen Streben beherrscht, gleichsam
hypnotisiert von dem Wunsche, ihre eigene,
persönliche Anschauung der Welt und ihrer
Dinge möglichst frühzeitig und möglichst klar
herauszuarbeiten. Der Ausdruck soll um jeden
Preis neu und einzigartig sein. Diese Sucht
nach Originalität ist so oft getadelt worden,
daß es nachgerade überflüssig geworden, diesem
Tadel noch neue Formen zu geben. Dagegen
ist noch selten darauf hingewiesen worden,
daß das Streben nach Originalität einen selt-
samen Widerspruch in sich trägt, dergestalt,
daß es schließlich zu dem entgegengesetzten
Ziele führen muß als dem, worauf es ursprüng-
lich ausging.
Dieser Widerspruch läßt sich vielleicht so
formulieren.
Es ist gar keine Frage, daß die Persön-
lichkeit des Menschen größtes Gut ist und
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NICOLA PERSCHEID—BERLIN.
Damen-Bildnis.
gehört zur Konvention unseres Denkens, er
ist ins Unbewußte und Instinktive untergetaucht,
und da führt er ein kräftiges, wohlbehütetes
Leben. So lange man ihn immerfort predigen
mußte, saß er nicht so fest wie heute, da
geschmackvolle Menschen an seinen fest-
stehenden Ausprägungen Ärgernis nehmen.
Das sieht man sehr klar, wenn Beruf oder
Neigung uns zu regelmäßigen Besuchern der
Kunst-Ausstellungen machen. Junge und Alte,
Begabte und Unbegabte zeigen sich da von
dem gleichen Streben beherrscht, gleichsam
hypnotisiert von dem Wunsche, ihre eigene,
persönliche Anschauung der Welt und ihrer
Dinge möglichst frühzeitig und möglichst klar
herauszuarbeiten. Der Ausdruck soll um jeden
Preis neu und einzigartig sein. Diese Sucht
nach Originalität ist so oft getadelt worden,
daß es nachgerade überflüssig geworden, diesem
Tadel noch neue Formen zu geben. Dagegen
ist noch selten darauf hingewiesen worden,
daß das Streben nach Originalität einen selt-
samen Widerspruch in sich trägt, dergestalt,
daß es schließlich zu dem entgegengesetzten
Ziele führen muß als dem, worauf es ursprüng-
lich ausging.
Dieser Widerspruch läßt sich vielleicht so
formulieren.
Es ist gar keine Frage, daß die Persön-
lichkeit des Menschen größtes Gut ist und
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