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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 21.1907

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Bredt, Ernst Wilhelm: "Die gute alte Zeit" - und wir
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https://doi.org/10.11588/diglit.6700#0164

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■»Die gute alte Zeit«

und wir.

campbell & pullich—Berlin. Buffetwand im Speisezimmer des Kasinos der Rombacher Hüttenwerke.

Der Wetteifer galt nicht, alten Zeiten
möglichst bester Liebesdiener zu sein, sondern
Führer zu sein im künstlerischen Leben. —
Führer neuer Kunst haben wir jetzt, nach
einem Jahrhundert rückblickender Romantik
gerade in Deutschland glücklicherweise, aber
die Gefolgschaft leidet und wird flau unter
der retardierenden Altertümelei. — In der
»guten alten Zeit« hatten die Führer nur
eine große Gefolgschaft, denn nicht
sentimentale Volksverführer waren da, die
Künstler abzuhalten vom Neuschaffen, und
dem Volke zu predigen, es sollte lieber beim
alten gewohnten Schönheitsideal bleiben.

So wurde der Künstler aufs engste mit
dem Handwerk und mit allem Volk, vom
König bis zum Ackerer verbunden — und
der Handwerker konnte aus der täglichen
Übung und Schulung heraus künstlerisches
schaffen.

Man vergegenwärtige sich, welche Ver-
billigung der Kunst solche Kultur zeitigen mußte.
Alles lebte einem Geschmack dem »modernen«,
die Hand des Steinmetzen und Dekorations-

malers, des Stukkateurs und Ziseleurs lebte nur
dieser Moderne, übte sich und vervollkomm-
nete sich nicht in Altertümlichkeiten, sondern
ganz im neuen Geschmack der Lebenden!

So konnten sich die großen Künstler, die
den Königen weiteste und breiteste Schlösser
zu schaffen hatten, auch der Handwerker
bedienen — und nur deshalb war Großes
und Herrliches mit verhältnismäßig viel geringeren
Mitteln herzustellen möglich, als in unseren
Zeiten, der manuellen, formellen, finanziellen
Zersplitterung auf künstlerischem Gebiete.
# * *

Es ist also töricht, wenn wir noch immer
Romantiker sein wollen, und auf allen möglichen
Gebieten der Antiquitäten-Sentimentalität das
Wort reden.

Erst wenn es ganz selbstverständlich für
uns alle geworden, nicht dem Altertümlichen
unserer Hände Übung, unser Geld zu opfern,
erreichen wir wieder das Ideal jener »guten
alten Zeiten«.

Unserer neuen Kunst seien alle künst-
lerischen Kräfte gewidmet, das ist bester

1S08. ii 8.
 
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