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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Utitz, Emil: Zweckmässigkeit und Schönheit: Eine ästhetische Betrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0033

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bis zu den Grundlagen gehen würden. Hier
haben wir wirkliche Zweckmäßigkeit vor uns
und auch eine solche der Erscheinung, aber
trotzdem etwas ungemein Abstoßendes und
Häßliches; und zwar deswegen, weil man
nur auf Zweckmäßigkeit sali. Käme es also
lediglich auf sie an, müßte ja ästhetischer
Genuß sich einstellen; wir sehen demnach,
daß es auch noch andere Bedingungen gibt,
deren Nichterfüllung den Eindruck des Häß-
lichen hervorruft.

Diesen Faktor, der mit der Erscheinung
der Zweckmäßigkeit wetteifert, bald fördernd
Hand in Hand mit ihr geht, bald wieder ihr
entgegenarbeitet, bildet das von Schopen-

hauer gefundene Gesetz von einem Gleich-
gewicht von Last und Kraft in der Architektur.
Jene Häuser mißfielen uns so sehr trotz ihrer
offenkundigen Zweckmäßigkeit, weil eben der
Eindruck jenes Gleichgewichtes fehlte, der
das Bild jeder jonischen Säule uns so erfreu-
lich macht. Damit ist bereits gesagt, daß
es wieder anf den Eindruck ankommt. Denn
in Wirklichkeit muß ja — wenigstens an-
nähernd — doch stets eine Ausgeglichenheit
herrschen, denn sonst würde entweder das
Ganze zusammenbrechen, oder es wäre eine
geradezu sündhafte Materialvergeudung ge-
geben, die aus rein praktischen Gründen
höchst unzweckmäßig wäre. Auch bei jenen

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