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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Wetzel, Ines: Über den Blumenschmuck der Vierzimmer-Wohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0110

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Über den Blumen-Schmuck der Vierzimmer-Wohnung.

Neulich stand ich in Worms auf der neuen
Rheinbrücke. Es war ein Sonntag-
vormittag und alles hatte sich festlich und ge-
schmackvoll modern gekleidet. Ein Gärtner-
bursche ging vorüber und trug stolz ein »Bukett«
vor sich her. Die strahlend weiße, zackige
Spitzenmanschette umschloß eine Anzahl
stengelloser, auf Draht gespießter Blumen-
leichen, den hölzernen Universalstil umhüllte
gleißendes Staniol, genau wie ich die >Sträuße«
meiner Jugend in Erinnerung hatte! Das gibt
es also heute noch und sicher nicht nur im
konservativen Worms! Aller Reform und ästhe-
tischer Aufklärung entgegen, behauptet sich
diese barbarische Geschmacklosigkeit noch
immer und läßt erkennen, wie gering im ein-
fachen Bürgerhause das Verständnis für die
Blume als Schmuckwert für Fest und Wohnung
ist. Deshalb sei über Blumenschmuck einiges
gesagt, über Blumensckmuck, wie er für die
einfache bürgerliche 4 oder 5 Zimmer-Miets-
wohnung in der Stadt in Betracht kommt.
Wie diese Wohnung lange Zeit ein Sammel-

platz ödester Industrie-Erzeugnisse von aus-
nahmsloser Häßlichkeit und Geschmackslosig-
keit war, ebenso traurig und spärlich waren
die Versuche, die Wohnung mit Pflanzen oder
Blumen zu schmücken. Blumenschmuck ist
Komfort, wie lange aber wurden gerade bei
uns in Deutschland die Begriffe Komfort und
Luxus identifiziert und galten dann natürlich,
wie alle künstlerische Kultur, als Privileg
des Besitzenden, des Satten. Der gebildete
Deutsche mittlerer Verhältnisse kannte eine
Wohnungskultur nicht und entbehrte sie somit
auch nicht. Er kaufte gedankenlos und willig,
was der Markt bot, geringe, aber überladene
Nachahmungen der echten Möbelstücke kost-
barer Einrichtungen. Billiger Schund und
wertloser Nippeskram erfüllte die Wohnung in
überreichem Maße. So auch der Blumen-
schmuck. Künstliche Blumen und Pflanzen,
mächtige Makart - Buketts aus gefärbten
Gräsern, Schilfkolben und getrockneten Palmen-
blättern zusammengesetzt, waren ihrer Dauer-
haftigkeit wegen sehr beliebt. Mit den ent-




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