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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Wolff, Fritz: Die Breslauer Kunstschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0279

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Die Breslauer Kunstschule.

entworfen von prof. Taschner. Marktfrauen in Stein an der Markthalle des Rathauses zu Löwenberg i. Schi.

DIE BRESLAUER KUNSTSCHULE.

Die Veröffentlichung von Arbeiten der
Breslauer Kunst- und Kunstgewerbeschule
möchte ich mit wenigen Worten begleiten.
Möchte darauf hinweisen, daß diese hier ge-
zeigten Dinge einen Anfang bedeuten, der
bescheiden, aber gewiß vielversprechend ist.

In der Zeit der Kunstgewerbe - Reform
begründet, in ihren Lehrplänen, wie alle
Anstalten gleichzeitigen Ursprungs, mehr auf
das Stilgeschichtliche als das Technisch-Hand-
werkliche ausgehend, hat sie keine großen
Erfolge geerntet. Wie diese ganze Bewegung
niemals jugendlich war, fehlte es auch der
Schule lange Zeit an Frische und an der
Fähigkeit, bestimmte Ziele lebhaft aufzugreifen.
Es mag mancher gute, begabte Schüler ihre
Kurse absolviert haben: die Unklarheit darüber,
ob sie Künstler oder Kunsthandwerker heran-
ziehen solle, hat die Schule zu unmittelbarer
Einwirkung auf die landsässige Produktion
nicht kommen lassen.

Dies Alles ist seit einigen Jahren anders
geworden. Seit der neue Direktor Hans Poelzig
an die Spitze der Anstalt gestellt ist, seit er
neue, darunter ausgezeichnete Lehrer heran-
gezogen hat, und seit diese erneuerten Ver-
hältnisse auch manchen der Älteren wieder
Freude an ihrer Tätigkeit gegeben haben,
ist die erfreulichste Vorwärts- und Aufwärts-
bewegung unverkennbar.

Eine sozusagen burschikose Nichtachtung

aller theoretischen Spitzfindigkeiten, wie sie
anderwärts im Schwange sind, macht den
Grundzug des neuen Wesens aus. Ohne Zweifel
sehr zum Vorteil der Unterrichtsergebnisse.
Denn man geht, mit Hintansetzung aller
Phraseologie aufs Technische aus, in der ent-
schieden sehr richtigen Anschauung, daß dies
lern- und lehrbar, alles übrige eine Frage des
im Grunde unbeeinflußbaren Maßes von Be-
gabung des Schülers ist. Die Schülerarbeiten,
die in diesem Winter im Berliner Kunst-
gewerbe-Museum ausgestellt waren, zeigten
daher auch — bei vielfach unverkennbarer und
garnicht geleugneter Halbfertigkeit — wenig
oder nichts von der leidigen Nachäfferei
von des Lehrers Manier, wie sie dort un-
ausbleiblich ist, wo ein paar persönliche orna-
mentale Koketterien an Stelle der Technik
den Hauptstoff des Unterrichts ausmachen.
Eine große Zahl von Beispielen für diese Er-
scheinung an anderen Schulen ließe sich ohne
Mühe nachweisen. Hier ist kaum etwas davon
zu spüren; was offenbar der stillschweigenden,
aber sehr energischen Verurteilung alles genial
sich gebenden Schnick-Schnacks verdankt wird.

Etwas handfest Gediegenes haben auch die
Formen all dieser Arbeiten. Ornamental sind
sie vielfach noch wenig befriedigend, aber die
gerade und energische Erfassung des Wesens
der Materiale, das eingehende Studium ihrer
Verarbeitung in den Werkstätten der Bild-

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