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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Zuckerkandl, Bertha: Gustav Klimt's Decken-Gemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0081

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GUSTAV KLIMT'S DECKEN-GEMÄLDE.

Die Decken-Gemälde von Gustav Klimt haben
zwei Arten von Berühmtheit erlangt. Den
aus dem Echtheitswert ihrer so kühnen, freien
und eigensten Gesehen folgenden künstlerischen
Ruhm, und den Augenruhm einer in die Kunst-
Politik hineinspielenden, in der Kunst-Geschichte
einzig dastehenden Revolte eines Künstlers dem
Auftraggeber — Staat — gegenüber.

Acht Jahre sind es nun bald, dag Klimt's
Decken-Gemälde die „Philosophie", welches für
den Festsaal der Wiener Universität bestimmt
war, einen Sturm der Entrüstung entfesselte, als
es zum ersten Mal in der Secession ausgestellt
wurde. Die Professoren schlugen Lärm, weil ein
Künstler sich das Recht herausnahm, leinwandene
Schulparagraphen königlich zu ignorieren ; sie
vermißten bestürzt das ihnen geläufige Alphabet
der allegorischen Begriffe, der traditionellen
Kompositions - Regeln ; sie suchten empört nach
dem Requisiten-Plunder einer uns sinn-arm gewor-
denen Dekor-Welt. Und richteten, achtzig an der
Zahl, einen geharnischten Protest an das Unter-
richts-Ministerium, in welchem sie die Annahme
des Gemäldes verweigerten.

Damals trat der Unterrichtsminister für den
Künstler und dessen Werk ein. Als aber nach
der Fertigstellung der Medizin und der Juris-
prudenz dieser Professoren-Revolte eine Parla-
ments-Interpellation folgte, aus welcher der Geist
der Lex Heinze, gepaart mit brutalstem Kunst-
Unverständnis sprach, da schien die kühle, ge-
wundene, zurückhaltende Verteidigung, die der
Staatsvertreter der Anfrage entgegenstellte, einem
Künstler wie Klimt beleidigender als jeder An-
griff. — „Ich kann keinen Auftraggeber brauchen,
der mit meiner Arbeit nicht voll und ganz zu-
frieden ist; ich nehme nicht Geld von Leuten,
die vermeinen, von meinen Arbeiten in entschul-
digendem Ton sprechen zu müssen. Die Bilder sind
mein Eigentum, solange ich sie nicht abgeliefert
habe." Und dabei blieb es.

Alle jene einst von Laien vorgebrachten An-
würfe wegen Unverständlichkeit und Verworren-
heit der Komposition fallen weg, wenn man in
die Forderungen der Aufgabe einzugehen sich
die Mühe nimmt. Der Staat hatte unkünstle-
rischer Weise seinen Auftrag formuliert. Er zerrig
die Einheit der geplanten malerischen Aus-
schmückung des Festsaales, indem er die Auf-
gabe zwei Künstlern als Stückwerk übergab.

Franz Matsch war der Schöpfer des Mittel-
feldes, welches viermal so grog als die um-
gebenden Eckgemälde, die Dominante des künst-
lerischen Vorgangs bildete. Im Kampf um Licht
und Finsternis hat dort der Künstler eine von
schwebenden Menschen durchwellte Lichtseite
und einen in Finsternis gehüllten Raum gegeben.
Um nun wenigstens äugerlich Zusammenhang und
Rhythmus der Gesamt-Komposition zu markieren,
knüpfte Klimt an die Massen-Verteilung des
Mittelfeldes an. Er leitet von der dort sich aus-
breitenden Dunkelheit hinüber, zum mystischen
Dämmern der „Philosophie". So lieg denn der
Künstler, in den Schleier der Nacht gehüllt, einen
wirren 7-ug ziehender Gestalten dem Mittelfelde
zuschweben, während die andere Hälfte des
Gemäldes einen weiten Luftraum ausgesparrt
lieg. Grünlich bläulicher Schimmer durchzittert
das Geheimnis dieser sterndurchschwärmten
Sphären-Pracht, in der nur in flimmernden Kon-
turen sichtbar eines Rätselwesens Bildung an-
gedeutet ist. Die ewige, die unlösbare, schick-
salsschwangere Sphinx. An ihrem unerbittlich
verschlossenen Antlitj vorüber zieht die weige
Säule der Frage-Wesen hinan zu den Sternen,
ein ewig fliegendes, ewig sich bildendes Element.
Wer vermag sie zu deuten? Wer ihren Weg zu
künden? Ich — antwortet kühn mit majestätischer
Gewigheit das langsam aus der Tiefe aufsteigende
visionäre Haupt der Wahrheit, der Forschung -
oder der Erkenntnisse; wie man eben dieses von
hellem Schein umstrahlte, von einer höheren
Weihe sittlicher Kraft durchleuchtete Antlitj deuten
will. Es bildet den Schlugpunkt, den festen Halt,
in der wogenden, fluktuierenden Rätsel-Unruhe
der Sphären-Harmonie. — Und führt durch den
seltsamen Ausschnitt der schwarzen Schleier-
Umwindung schon zu jenem aus dem Viereck
konstruierten Raum und Flächen-Ideal, dessen tief-
gehende Umwertung aller Formengebung Klimt's
Entwicklung bald charakterisieren sollte.

Als durchwegs malerisches Problem hat so
Klimt mit kühner Bewußtheit die trockene Allegorie
einer literarischen Aufgabe aufgefagt. In einem
Augenblick, wo die groge Kunst der dekorativen
Malerei in Österreich und Deutschland heimatlos
war, entwickelte sein Genie ihm die innerste
Forderung der monumentalen Flächenmalerei.

„Die Philosophie" wollte er rein als harmoni-
sierten Farbenfleck wirken lassen; wollte eines





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