Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (22.1908)

Von der deutschen Tiermalerei.

Franzosen, Engländer, Amerikaner, Japaner haben
wunderbare vollwertige künstlerische Darstel-
lungen der Vogelwelt. Auf sämtlichen deutschen
Kunst-Akademien gibt es kaum ein Durjend
älterer und jüngerer Maler, die sich mit dem
Tier beschäftigen — man fordere den Gegen-
beweis der Ministerien, und das deutsche Volk
wird erschrecken darüber, wie schwach es um
die Ausbildung seiner jungen Künstler in diesen
wichtigen Dingen bestellt ist. Dabei laufen zahl-
lose junge Künstler herum, die jahraus jahrein
ihre ungewissen Studien auf ungewissen Erfolg
hin malen, während hier Aufgaben und Existenz-
möglichkeiten liegen, ganz abgesehen von der
Pflicht, diese Schwächen unserer Kultur der Kunst,
des Volkes, der Schule wegen auszufüllen.

Die Japaner haben Vogelbilder, die bei uns so
billig sind, dag der Rückschluß auf die Verbreitung
dieser Werke bei den Japanern uns nachdenklich
machen muj3. Die wertvolleren Japaner, etwa die
Masterpieces by Jakuchü, lernen wir durch - die
Engländer kennen. Die Franzosen hatten ihre Rosa
Bonheur. Die Schweden haben Liljenfors, die
Schweizer ihren Paul Robert, den vorbildlichsten
aller lebenden Vogelmaler. Deren Mappenwerke
erschienen bereits vor zwanzig bis dreigig Jahren-
Sie sind meist vergriffen. Das Mappenwerk Roberts
ist in Deutschland kaum bekannt, man kann es nur
für ein paar Hundert Frcs. auftreiben. Im Museum
in Neuchätel aber hängen einige der vorbildlichen
Vogelbilder dieses Meisters. Leuterirj in München
kann Einiges auf diesem Gebiet. Und in der

PKOFKSSOR
OTTO H. ENGEL
BERLIN.
»FRIESISCHE
MÄDCHEN«.